Entscheiden, was für die Firma wichtig ist
Viele Unternehmer haben gerade wie Leif Harzer von Terwiege Garten- und Landschaftsbau in Essen einige arbeitsreiche Wochen hinter sich. Da war der Kampf um die Packung Toilettenpapier, dessen Sieg der Unternehmer augenzwinkernd auf der Facebook-Seite gepostet hat, noch die leichteste Übung. Vor allem geht es nun darum, in der Flut an Informationen den Überblick zu behalten und Schritt für Schritt das zu tun, was für das eigene Unternehmen und die mehr als 70 Mitarbeiter wichtig ist.
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DEGA: Herr Harzer, womit haben Sie die letzten beiden Wochen verbracht?
Leif Harzer: Erst einmal war es für mich wichtig, mir in der Flut der Informationen einen Überblick zu verschaffen. An Infos mangelt es ja nicht, man ist als Unternehmer aber gefordert, zu entscheiden, was tue ich und was nicht.
DEGA: Wie sind Sie vorgegangen?
Leif Harzer: Zunächst haben wir einen Pandemieplan aufgestellt, also Kolonnen eingeteilt und die Arbeit organisiert. Vorarbeiter fahren jetzt direkt ohne Umweg über den Betrieb zur Baustelle, die Kolonnen fahren nur noch in Zweierteams dorthin und starten zeitversetzt im Betrieb. Da haben wir beispielsweise festgestellt, dass wir gar nicht genug Fahrzeuge haben, um alle zu zweit mit Firmenautos loszuschicken, also haben wir uns noch Leihwagen organisiert. Wir haben Passierscheine erstellt. Und auch wenn wir noch voll arbeiten können und ausgelastet sind, haben wir die Kurzarbeit schon mal vorbereitet. Die Einwilligungen sind alle unterschrieben, der Antrag kann jederzeit an die Arbeitsagentur losgeschickt werden. Wir hoffen aber, dass das nicht nötig sein wird.
DEGA: Wie behalten Sie im Blick, wann welche Maßnahmen nötig sind?
Leif Harzer: Im Unternehmen gibt es schon lange eine Jahresplanung. Gemeinsam mit Jens Kullmann von Kullmann und Meinen haben wir jetzt eine Stressliquiditätsplanung erstellt, um zu wissen, wie sich der Zahlungsmittelfluss bei verschiedenen Szenarien entwickeln könnte. Zunächst haben wir die IST-Zahlen des ersten Quartals mit den Planzahlen verglichen, um zu wissen, wie wir stehen. Dann haben wir für April einen Umsatzrückgang von 20% angenommen und für Mai um 50%. Nun wissen wir, wie lange unsere Mittel unter diesen Voraussetzungen reichen und wann wir eventuell einen Kfw-Kredit beantragen müssen. Unsere Bank ist bereits mit allen Unterlagen versorgt und im Falle eines Falles müssten wir nur noch die Stressliquiditätsplanung abgeben. Allerdings ist die Aufnahme eines Kfw-Kredits nur das allerletzte Mittel. Für Unternehmen gäbe es sinnvollere Hilfen.
DEGA: Wo hakt es Ihrer Ansicht nach bei der Kreditvergabe und was wären sinnvollere Maßnahmen?
Leif Harzer: Die Kfw-Kredite gehen alle über die Hausbank und dort legt man die gleichen Kriterien an wie für Bankkredite. Ist ein Unternehmen nicht zahlungsfähig, bekommt es auch nichts. Und ist es noch zahlungsfähig, auch nicht. Außerdem sind die Kredite mit 4% und 7,5% Zinsen völlig uninteressant. Besser wäre es, den Firmen, die Hilfen benötigen, die Sozialabgaben zu erlassen oder zinslose Darlehen anzubieten.
DEGA: Wie gehen denn eigentlich Ihre Mitarbeiter mit der Situation um?
Leif Harzer: Die Mitarbeiter ziehen wirklich gut mit. Beim unterschreiben der Einwilligung zur Kurzarbeit gab es niemanden, der sich geweigert hätte - ich habe da mit viel mehr Diskussion gerechnet. Ich merke allerdings schon einen Unterschied zu anderen Jahren. Im Frühjahr war oft die Zeit, in der der eine oder andere über die Lohnhöhe verhandeln wollte und sich auch mal bei anderen Firmen umgeschaut hat. Das ist jetzt gar nicht der Fall. Jeder ist glaube ich froh, dass er seinen Job hat. Und die Situation schweißt auch zusammen. Der Unterschied zwischen Büro und Baustelle wird kleiner. Unsere Zeiterfassung machen wir mit Galawork. Das Programm hat auch einen Messenger, den wir gerade intensiv zur Kommunikation nutzen. Natürlich sehen wir uns viel weniger, aber dieses Gefühl, in einem Boot zu sitzen und jetzt gemeinsam da durch zu steuern fängt das doch ziemlich auf. Wichtig ist es, empathisch mit dem Thema umzugehen und die Sorgen der Mitarbeiter zu hören.
Das Interview führte Susanne Wannags
Hinweis: Online-Seminar Liquiditätssicherung
Zur Liquiditätssicherung findet am 8.4.2020 ein DEGA-Online-Seminar mit Jens Kullmann statt. Hier gehts zur Info und zur Anmeldung.
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