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Interview mit Beate Teschner

„Wir haben kein Fachkräfteproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem"

Beate Teschner berät seit über 25 Jahren Unternehmen, seit einigen Jahren auch intensiv im GaLaBau. Ihre Diagnose ist klar – und unbequem: Nicht der Mangel an Bewerber:innen ist das größte Problem, sondern die mangelnde Sichtbarkeit, Strategie und Attraktivität vieler Betriebe. Im Interview erklärt sie, warum herkömmliches Recruiting ins Leere läuft, was Unternehmen konkret anders machen müssen – und wie es gelingt, vom klagenden Arbeitgeber zum begehrten „Mitarbeitermagneten“ zu werden.

von Kristin Dally erschienen am 27.08.2025
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Mitarbeitergewinnung
Mitarbeitergewinnung © Beate Teschner
Zur Person
Beate Teschner
Blickt auf 25 Jahre Organisationsentwicklung im Mittelstand zurück. Mit Ihrer Agentur Corpus2 bietet sie Beratung zum authentischem Employer Branding und Coaching-Programme zur wirksamen Arbeitgebermarke. Kontakt: teschner@corpus2.com
Frau Teschner, Sie beraten seit über 25 Jahren Unternehmen, unter anderem auch im Garten- und Landschaftsbau. Wann war Ihnen klar: Hier brennt’s? Das war während der Corona-Zeit. Ich hatte damals viele Gespräche mit den Landesverbänden der Branche und habe gemerkt: Der Fachkräftemangel ist dort kein Zukunftsthema, sondern akute Realität. Die Verbände haben mir von massiven Personalproblemen berichtet – gleichzeitig aber auch sehr offen auf mein Angebot reagiert, mit Trainings und Seminaren zu helfen. Seitdem begleite ich viele Betriebe dabei, sich als anziehende Wunsch-Arbeitgeber neu aufzustellen. Sie waren ursprünglich in der Werbung tätig. Wie kam der Wechsel zur Unternehmensberatung? Ich bin über das Grafikdesign und die Werbung in die Unternehmenskommunikation gekommen. Anfangs haben wir Websites und Imagebroschüren gestaltet. Dabei fiel mir auf, wie wenig sich Unternehmen mit ihrer eigenen Identität beschäftigten. Sie wollten einfach, dass die Agentur irgendwas "Schönes" schreibt. Aber die Fragen nach Werten, Selbstverständnis und Zielgruppen blieben unbeantwortet. Das hat mich zur Arbeits- und Organisationspsychologie und schließlich zur Beratung geführt. Was hören Sie aktuell aus den Galabau-Betrieben? Wie wirkt sich der Fachkräftemangel konkret aus? Die Folgen sind dramatisch: Aufträge müssen abgelehnt werden, Teams arbeiten an der Belastungsgrenze, Unternehmerpaare berichten, dass sie sechseinhalb Tage die Woche im Betrieb stehen. Manche stellen aus der Not heraus Menschen ein, bei denen sie schon im Bewerbungsgespräch Bauchschmerzen haben – mit fatalen Folgen für das Betriebsklima. Noch schlimmer ist, wenn die Guten dann gehen, weil sie das nicht mehr mittragen wollen. Der Garten- und Landschaftsbau gilt eigentlich als zukunftsträchtige Branche. Warum ist die Personalnot trotzdem so groß? Weil viele Betriebe immer noch im alten Modus ticken. Sie melden ihre Stellen beim Jobcenter oder auf Online-Plattformen und wundern sich, warum keine Bewerbungen kommen. Sie gehen davon aus, dass die Leute nach Jobs suchen. Dabei müssen sie Wechselwillige erreichen – Menschen, die irgendwo unzufrieden sind, aber deswegen noch lange nicht aktiv suchen. Und diese Menschen erreichen Sie nicht mit einem 08/15-Stelleninserat. Also liegt es an der Ansprache? Auch. Viele Unternehmen wirken nach außen wie eine Blackbox. Da steht dann: "Wir suchen dich! Tolles Team!" – aber wer steckt dahinter? Was ist dem Betrieb wichtig, wie wird geführt, wie sieht der Arbeitsalltag aus? Wer nichts über sich erzählt, die Bedürfnisse seiner Zielgruppe nicht kennt, wird auch niemanden überzeugen. Hinzu kommt: Immer mehr Menschen werden mit KI nach Arbeitgebern suchen. Mit äußerst detaillierten Fragestellungen. Ein Gamechanger für die Sichtbarkeit. Wer bei ChatGPT & Co nicht punktet, wird den Kandidaten schlicht nicht angezeigt. Gibt es Unterschiede zwischen kleinen und großen Betrieben? Ja, aber nicht pauschal. Es geht eher um Passung. Die einen wollen die Vielfalt und Nähe kleiner Betriebe, die anderen das Spezialisierte und Strukturierte von Großunternehmen. Wichtig ist, dass sich Betriebe über ihre eigenen Stärken klarwerden und diese zeigen. Wer sich nur über die Branche definiert, bleibt austauschbar. Welche strukturellen Ursachen fördern das Problem? Es fehlt oft an strategischem Vorgehen. Personalgewinnung wird als Notlösung behandelt statt als strategische Daueraufgabe. Viele Unternehmer haben eine hohe fachliche Kompetenz, aber wenig Gespür für Kommunikation oder Arbeitgebermarketing. Oder sie glauben, mit einer schicken Karriereseite sei es getan. Dabei zieht diese keineswegs automatisch Bewerber an – sie muss auch aktiv beworben werden. Was raten Sie Unternehmen konkret? Sich von der Idee zu verabschieden, dass Fachkräfte mit ein paar branchenüblichen Benefits geködert werden können. Stattdessen: Zielgruppen genau analysieren, den Betrieb sichtbar und nahbar machen. Es geht um Emotionen und echte Einblicke hinter die Kulissen. Wir müssen die Bewerber-Perspektive verstehen, damit nicht nur aus der Arbeitgebersicht kommuniziert wird. Und ja: Mitarbeitergewinnung kostet Zeit und Geld. Aber das ist bei der Kundengewinnung auch nicht anders. Sie bieten ein Mentoring-Programm an. Was genau steckt dahinter? Das Programm ist auf ein Jahr angelegt. Es vermittelt keine schnellen Tricks, sondern etabliert einen geschlossenen Kreislauf: Zielgruppen verstehen, Attraktivität zeigen, Sichtbarkeit herstellen, Bewerbungen erleichtern. Dazu kommt viel Input zu Themen wie Social Media, Storytelling, Texten, Umgang mit KI oder Karriereseiten. Aber vor allem: Es geht um Umsetzungsbegleitung, nicht um Theorie. Was unterscheidet Ihr Angebot von klassischen Weiterbildungen oder Recruiting-Dienstleistern? Wir liefern kein Strohfeuer. Es geht nicht darum, "zehn Bewerbungen in zwei Wochen" zu kaufen. Es geht um nachhaltige Prozesse, die dauerhaft wirken und im Betrieb selbst verankert werden. Statt Leads zu kaufen, lernen die Betriebe, wie sie selbst zur Marke werden und eine Warteliste für Bewerbungen aufbauen. Haben Sie ein Beispiel, wo das schon geklappt hat? Ja, zum Beispiel bei Benkert Dachbegrünung in Königsberg. Dort hat sich nach dem Mentoring-Programm die Wahrnehmung komplett gedreht: Statt Bettelei nach Personal gibt es heute eine Warteliste. Das zeigt, wie schnell sich etwas ändern kann, wenn der Betrieb sichtbar, mitarbeiterorientiert und sympathisch auftritt. Welche Voraussetzungen sollten Betriebe mitbringen, damit es funktioniert? In erster Linie die Bereitschaft, wirklich etwas zu ändern. Wer nicht offen ist, sich selbst zu reflektieren, neue Wege zu gehen und sich auch mal Feedback einzuholen, fährt gegen die Wand. Es braucht eine klare Haltung und eine strategische Vorgehensweise: Dann wird der Prozess immer mehr zum Selbstläufer. Was wünschen Sie sich von der Branche insgesamt? Mehr Mut zur Positionierung. Weniger Jammern, mehr Sichtbarkeit. Und ein Verständnis dafür, dass eine starke Arbeitgebermarke keine Nebenaufgabe für verregnete Wintertage ist, sondern existenziell. Zum Schluss: Was ist das größte Missverständnis rund um den Fachkräftemangel? Dass er akzeptiert wird, obwohl wir mit den Methoden von gestern, auf den Arbeitsmarkt von heute reagieren. Dann wundern wir uns über die Ergebnisse.
Kostesloses Webinar Mitarbeitermagnet statt Fachkräftemangel

Wer sichtbar, attraktiv und klar positioniert ist, zieht Bewerber an. Die Ulmer Akademie und Beate Teschner zeigen im Jahresprogramm, wie Betriebe zu „Mitarbeitermagneten“ werden – praxisnah, strategisch, nachhaltig.

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