
Besser entwerfen durch gute Kundengespräche
Carsten Iwan verdient sein Geld mit der zeichnerischen Darstellung von Kundenwünschen. Doch vorher gilt es dieselben zu ermitteln. Hier erklärt er, wie man mit aktiver Sprache zum Erfolg beiträgt.
von Carsten Iwan, Leipzig erschienen am 25.11.2025Wissen Sie, was mich als freiberuflicher wie auch seinerzeit als angestellter Entwerfer und Zeichner schon immer gelangweilt hat? Uninspirierte und langweilige Ergebnisse von Kundengesprächen! Was aber kann man anders machen?
Sie könnten zum Beispiel Ihre Haltung zur Kundenansprache verändern. So wäre es etwa denkbar, dieser Verhaltensänderung die vier Komponenten der „gewaltfreien Kommunikation“ (GFK) zu Grunde zu legen. Diese kennen Leserinnen und Leser vielleicht aus dem pädagogischen Umfeld oder als Form der Konfliktklärung. Das Kundengespräch ist natürlich weder ein Konflikt, noch verfolgt es ein pädagogisches Ziel. Aber als gute Verkäuferin oder guter Verkäufer kennen Sie sicherlich die Aussage: „Man muss erst auf die Insel des Kunden reisen, um ihn dort abzuholen.“ Wenn Kunden allerdings zu viele fachliche Fragen stellen, finden sich Gärtner bedingt durch den Wunsch, möglichst fachlich gut zu antworten, oft in der Situation „Fachidiot schlägt Kunden tot“ wieder. Wie lassen sich also im Gespräch die Motive und Bedürfnisse, die hinter den Wünschen stehen, erfahren?
Die GFK ist eine Möglichkeit. Dieses Sprachmodell ist keine Technik und genau deshalb ist sie so attraktiv für kreative Gärtner, die mit Idealismus und Klarheit die Potenziale eines Gartens herausarbeiten wollen und sich nicht im Wust der vielen Kundenwünsche und im Preiskampf aufreiben wollen.
Bei diesem Versuch, eine Verbindung zu meinem Kunden aufzubauen, geht es mir weniger um die Wolfs- und Giraffensprache oder die konkreten Fragetechniken und Wortfindungen. Mit geht es um die vier Komponenten der GFK und die grundlegende Haltung, die sie so besonders macht. Diese vier Komponenten sind:
- Die Beobachtung
- Die Gefühle
- Die Bedürfnisse
- Die Bitte
Im Allgemeinen antworten wir viel zu schnell auf Beschreibungen unserer Kunden mit Lösungs- oder Gestaltungsvorschlägen. Nach Marshall Rosenbergs Sprachmodell würden Sie nach der Beobachtung Ihre Aufmerksamkeit zuerst auf die Gefühle und Bedürfnisse richten.
Spreche ich mit meinem Gegenüber über seine Gefühle und frage nach den dahinterliegenden Bedürfnissen, kann ich eine Verbindung aus Verständnis zu ihm aufbauen, eben auf seine Insel reisen. Im Verkauf sprechen wir natürlich weniger über Gefühle und Bedürfnisse, wohl aber können Sie nach den Motiven erfragen, die hinter den „Produktwünschen“ liegen könnten. Sie kennen sicherlich viele offene Fragen, die Sie stellen könnten, um einer fachlichen Beratung auszuweichen und das Gespräch mehr auf der emotionalen Ebene zu halten. Eine Alternative zur offenen Gegenfrage ist die „Wenn-dann-Antwort“. Sie antworten auf die Frage Ihres Kunden mit dem Aufzeigen von Konsequenzen und überlassen es damit Ihrem Gesprächspartner, diese Folgen zu werten und für sich zu priorisieren.
Das Ziel im Gespräch ist es, eine Verbindung zum Kunden aufzubauen und mit ihm das Gestaltungsthema zu definieren. Ein Thema, das eine Stimmung beschreibt, eine Sehnsucht. Es liegt in der Folge an Ihrer Kreativität, dieses „stimmungsvolle Thema“ in ein Bauwerk zu übersetzen. Diese Gesprächsführung erfordert Aufmerksamkeit und schlicht Neugier.
Die vierte Komponente ist die Bitte. Sie ist wie eine Einladung. Eine Einladung an den Kunden, „seine Insel“ zu verlassen und Ihren Vorschlag zur baulichen Umsetzung des Gestaltungsthemas anzunehmen. Sofern Sie gute Kriterien aus einer guten Gesprächsführung definiert haben, sollte sich Ihr Kunde in Ihrem Vorschlag wiederfinden und Vertrauen in Ihre Kreativität und Fachlichkeit gewonnen haben. Dann steht einem Abschluss in der Folge nur wenig im Wege.
Während meiner Seminare ist es immer wieder ein Aha-Moment, wenn die Teilnehmenden auf Grundlage der für alle gleichen Informationen vollkommen andere Lösungen für den Beispielgarten präsentieren. Ein Kursteilnehmer beschrieb den Effekt einmal so: „Ich dachte, zu meinen Vorschlägen gäbe es nur zwei Varianten: einmal in rund und in billiger.“ Wenn jede Gärtnerin und jeder Gärtner auf gleichen Grundlagen im Seminar zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommt, welches Kriterium außer Preis und Geschwindigkeit kann es dann für eine Beauftragung noch geben?
Meiner Auffassung nach ist es die Geschichte, die wir unseren Kunden erzählen. Die Geschichte, was die Kunden im Garten erleben können, wenn wir diesen für sie gebaut haben werden. Das Vertrauen, die Verbindung, die Vorfreude – jenseits von m², m³ und Stückzahlen.
Um sich gestalterisch „frei zu schwimmen“ und um dieser gestalterischen Qualität ein Gewicht neben Preis und Zeit zu geben, brauchen wir sprachliche Fähigkeiten im Erstgespräch ebenso wie in den weiteren Präsentationen. Wenn Sie wollen, findet sich das Prinzip der GFK eher in dem Begriff „Kundenergründung“ wieder als in dem Begriff „Bedarfsanalyse“. Aber sie ist umfassender als reine „Verkaufsrhetorik“. Die GFK ist immer auf der Suche nach dem, was nicht gesagt wurde. Und sie setzt natürlich voraus, dass ich mich nicht nur um die Bedürfnisse des anderen kümmere. Auch ich muss mir meiner Bedürfnisse nach gestalterischem Anspruch und wirtschaftlichem Arbeiten bewusst sein, diese äußern und gegebenenfalls Grenzen ziehen.
Dieser Vergleich oder diese Übersetzung der GFK in ein Kundengespräch mag vielleicht konstruiert erscheinen. Zugegebenermaßen habe ich versucht, eine Brücke zu bauen. Eine Brücke vom Fachjargon zu einer allgemeineren Sprachtechnik. Für all jene, die sich an diese vier Komponenten des Gesprächsmodells anlehnen wollen, um selbstbewusster beim Kunden zu sprechen. Das Buch „Gewaltfreie Kommunikation“ von Marshall Rosenberg ist übrigens auf Spotify zu hören.
Rhetorik ist immer auch der Versuch, aktiv zu sein und nicht bloß zu reagieren. GFK ist mehr als ein Verkaufsinstrument. Es ist die Brücke vom Fachgespräch zur Sprachwelt von Kundin oder Kunde. Denn zum Erfolg des Verkaufs gehört es, dass man eine mitnehmende Sprache gegenüber der Kundschaft verwendet und sich nicht ausschließlich auf das Fachlich-Technische verlässt.
Die gestalterische Hoheit an den Kunden abzugeben, nach dem Motto „Sieht nicht so gut aus, aber der Kunde hat es so gewollt“, und das noch als Service zu verkaufen, nach dem Motto „Der Kunde ist König“, das kann jeder. Aber nach Argumenten zu suchen, die die eigene Haltung zum Ausdruck bringen, und dem Kunden gegebenenfalls auch zu signalisieren, dass, sofern den eigenen Bedürfnissen nicht entsprochen wird, ich andere Arbeiten annehme, das ist doch mal ein lohnenswertes Ziel und wird letztlich zu zufriedeneren Begegnungen führen.
Ohne dass wir es vielleicht beabsichtigen, haben unsere Worte und unsere Art zu sprechen oft Verletzung und Leid zur Folge – bei anderen und auch bei uns selbst. Die Gewaltfreie Kommunikation hilft uns, bewusster zuzuhören und unserem Gegenüber respektvolle Aufmerksamkeit zu schenken. Gleichzeitig lernen wir, uns ehrlich und klar auszudrücken. Als eine Sprache des Lebens können wir die GFK in der Kommunikation mit allen Menschen, egal welchen Alters, unabhängig von ihrem kulturellen oder religiösen Hintergrund in den unterschiedlichsten Situationen anwenden. Mit Geschichten, Erlebnissen und beispielhaften Gesprächssituationen macht Marshall Rosenberg in seinem Buch deutlich, wie sich mithilfe der GFK auch komplexe Kommunikationsprobleme lösen lassen.
- Marshall B. Rosenberg Gewaltfreie Kommunikation



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