Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Klein-Geophythen im GaLaBau

Große Schauspiele dank Verwilderung

Blumenzwiebeln sind ganz besonders wichtig, um für den Kunden das Gartenjahr in den Frühling zu verlängern. Mit „botanischen“ Kleinblumenzwiebeln – also züchterisch weitestgehend unbearbeiteten Pflanzen – lassen sich die Effekte noch einmal kräftig steigern. Tjards Wendebourg zeigt, mit welchen Arten man den Kunden im Frühjahr so richtig überraschen kann.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
1 Ein typisches Frühjahrsbild: Crocus vernus bildet durch Brutzwiebeln und Selbstaussaat regelrechte Krokuswiesen
1 Ein typisches Frühjahrsbild: Crocus vernus bildet durch Brutzwiebeln und Selbstaussaat regelrechte KrokuswiesenTjards Wendebourg
Artikel teilen:

September und Oktober sind die klassischen Monate für die Blumenzwiebelpflanzung. Das gilt nicht nur für Tulpen und Narzissen, sondern auch für die Arten, die gerne unter dem Begriff „Kleinblumenzwiebeln“ subsumiert werden; eine heterogene Pflanzengruppe aus Zwiebel- und Knollenpflanzen. Der Einsatz dieser Geophyten bringt in den Folgejahren der Pflanzung zwei ganz entscheidende Vorteile: Auf der einen Seite beginnt das Gartenjahr für den Kunden früher, auf der anderen Seite füllen die Frühjahrsblüher (je nach Witterung) bereits ab Februar wieder die Lücken, die einziehende Stauden im Herbst hinterlassen. Werden die richtigen Arten ausgewählt, lassen sich beide Effekte noch einmal kräftig ausbauen: Durch die Verwendung von Wildformen oder Auslesen, die fertile Samen hervorbringen, können üppige Verwilderungsaspekte erzielt werden, die zur Blütezeit im Laufe der Jahre zu beeindruckenden Farbflächen führen.

Ein Großteil der dafür geeigneten Arten lässt sich zwei Florenräumen zuordnen; einerseits dem Laubwald der gemäßigten Zone und andererseits den Hochgebirgsregionen der nördlichen Halbkugel mit den Schwerpunkten auf den südosteuropäischen und vorder- beziehungsweise mittelasiatischen Gebirgen. In beiden Fällen haben die Pflanzen vergleichbare Strategien entwickelt, ungünstigen Perioden durch Nährstoffspeicherung und Reduktion der Wachstumsaktivität zu entgehen. Sie nutzen die für sie günstigste Zeit für oberirdisches Wachstum, Nährstoffproduktion und Blüte (Im Wald vor dem Laubaustrieb der Bäume, im Gebirge nach der Schneeschmelze) und verlagern die überschüssigen Nährstoffe danach zurück in das unterirdische Überdauerungsorgan. Das kann als Zwiebel, Knolle oder Rhizom ausgebildet sein.

Flexible Gesellen

Zwar breiten sich viele „Kleinblumenzwiebeln“ auch ohne Samen aus (etwa durch Brutzwiebeln, Bulbillen oder Rhizome), aber am zufriedenstellendsten ist das Ergebnis bei Arten, die sich durch Aussaat verbreiten. Diese beginnen zum Teil bereits im Jahr der ersten Samenreife durch die Anlage zu wandern und erobern sich zusagende Plätze. Schon bald ist es gleichgültig, ob die Mutterpflanzen verschwunden sind, wenn die nachfolgenden Generationen in näherer oder ferner Umgebung größere Flächen besiedelt haben. Für öffentliche Anlagen und pflegeleichte Gärten sind Arten wie Chionodoxa forbesii, Crocus tommasinianus (Wildform ist Voraussetzung!), C. vernus, Galanthus nivalis, Ranunculus ficaria und Scilla bifolia und S. siberica am besten geeignet. Alle genannten Arten etablieren sich gut, bilden viele Samen (Galanthus: Brutzwiebeln, Ranunculus: Bulbillen) und die Nachkommen wachsen relativ schnell zu blühfähigen Pflanzen heran. So etwa ab dem dritten Jahr kommen die ersten Sämlinge zur Blüte – ab dann steigt die Verbreitungsrate exponential.

Nicht allen Arten gefällt der Umzug aus der Gärtnerei in den neuen Garten. Arten wie Anemone nemorosa, A. ranunculoides, Corydalis cava, Cyclamen hederifolium, C. coum und Eranthis hyemalis haben Anlaufschwierigkeiten und beginnen ihren Verbreitungsfeldzug zum Teil erst nach mehreren Standjahren. Dann kann es dann aber ebenfalls sehr schnell gehen. Anemone nemorosa (und auch A. ranuculoides) vermehren sich allerdings vornehmlich durch Rhizome, sodass es auf die Anfangspflanzdichte ankommt, wie schnell der Blütenteppich im Frühjahr dicht ist. Die Alpenveilchen brauchen generell länger.

Viele Arten legen eine erstaunliche Flexibilität in Sachen Standortwahl an den Tag. Sie gedeihen auf trockenen und feuchten, sonnigen und schattigen Stellen, was vornehmlich daran liegen dürfte, dass sie die fast konkurrenzlose Zeit nutzen und sich den Rest des Jahres aus dem Konkurrenzkampf mit den Partnern zurückziehen. Bedingungen, die denen des Herkunftsbiotops entsprechen, werden aber bevorzugt angenommen. Hier sind die Bestände zumeist am besten ausgeprägt. Aber auch da gibt es Ausnahmen: Eranthis hyemalis, eine Hochgebirgspflanze, die im türkischen Taurusgebirge in voller Sonne gedeiht, hat sich im östlichen Deutschland (zum Beispiel im Rautal bei Jena) in trockenen Laubwäldern etabliert. Und auch andere Gebirgspflanzen gedeihen im Flachland im Schatten, weil sie dort bessere Bedingungen vorfinden.

Die Waldarten

Die Arten der Laubwälder eignen sich vortrefflich für halbschattige oder (Sommer)schattige Pflanzungen und am besten in Gesellschaft der Arten, mit denen sie von Natur aus das Biotop teilen – beziehungsweise mit Arten aus ähnlichen Lebensräumen. Anemone nemorosa, A. ranunculoides (bei höherem pH-Wert), Arum maculatum, A. italicum, Erythronium dens-canis, Galanthus nivalis, Corydalis cava und Ranunculus ficaria lassen sich vortrefflich miteinander, aber auch mit sommergrünen Farnen, Aruncus dioicus, Polygonatum multiflorum, P. odoratum oder auch mit Hosta kombinieren; wobei Corydalis und Ranunculus auf Dauer zumindest im Frühjahr sehr raumgreifend werden können und sich dann nur noch bedingt mit zarteren Geophyten vertragen. Das Scharbockskraut lässt sich in seiner Wuchskraft ohnehin kaum bremsen und verbreitet sich durch Bulbillen in den Blattachseln rasch – dadurch sorgen beide Arten schnell für dichte Decken.

Das häufig im Handel statt heimischer Schneeglöckchen verkaufte Galanthus woronowii, das meist Wildentnahmen in der Türkei und Georgien entstammt, gedeiht auch in Deutschland, verlangt aber Lehmböden mit guter Wasserspeicherkapazität und eher frische Standorte (In seiner Heimat Georgien fallen zum Teil Jahresniederschläge von 2 500 bis 2 700 mm).

Auch Chionodoxa forbesii, C. luciliae, Crocus tommasinianus, Ornithogalum umbellatum, Puschkinia scilloides var. libanotica, Scilla bifolia, S. siberica und S. misch-tschenkoana freuen sich über einen halbschattigen Platz unter Laubgehölzen oder in deren Saum.

Alpenveilchen (Cyclamen) bevorzugen konkurrenzfreie Standorte unter laubabwerfenden Gehölzen, wandern aber über Samen (Ameisenverbreitung) auch in benachbarte Staudenflächen ein. Letztere sind eher etwas für eingewachsene Pflanzungen.

Als weitere Partner kommen Aconitum, Anemone japonica, Hemerocallis, Rodgersia, am Gehölzrand infrage. In frischen Böden sind Eupatorium, Lythrum, Rheum gute Gesellschafter für Allium ursinum, Galanthus woronowii und Leucojum vernum.

Paeonien sind gute Gesellschafter für Krokusse, aber auch für andere Geophyten. Zur Blütezeit der frühen Zwiebeln beginnen die Pflanzen gerade erst mit dem Austrieb. Alle genannten Pflanzen bieten den Kleinblumenzwiebeln im Frühling Raum zum Wachsen und decken sie am Ende Ihrer Vegetationsperiode mit ihrem Austrieb zu.

Sonnige Standorte

Die Standorte, die mehr Sonne bekommen, bieten den Geophyten der Offen- und Hochgebirgsstandorte einen idealen Lebensraum. Hier wachsen Kleinblumenzwiebeln ebenfalls zusammen mit einziehenden Stauden, die später im Jahr den Platz der Zwiebeln einnehmen, oder mit verträglichen Partnern, deren Pflanzendecke sie durchstoßen. So haben sich zum Beispiel polsterartig wachsende Sedum-Arten als gute Partner bewährt. Pflegeleichte Arten wie Crocus flavus, C. vernus, Muscari azureum, M. botryoides, M. latifolium, Tulipa sylvestris und T. tarda vermehren sich von allein und schaffen so in der Freifläche die aus dem Schattenbereich und vom Gehölzrand gewohnten Farbeffekte. Allerdings bildet keine der genannten Arten so dichte Farbflächen wie Anemone, Eranthis, Scilla und Co, die allerdings, wie zuvor bereits beschrieben, zum Teil sehr flexibel sind und auch einen sonnigen Platz akzeptieren. Schließlich sind auch die offenen Pflanzflächen im Frühling noch gut mit Wasser versorgt, und wenn der Boden austrocknet, haben sich Zwiebel- und Knollenpflanzen bereits dem Konkurrenzkampf unter den Pflanzen entzogen.

Viel Farbe kommt auch von Muscari armeniacum. Da die Pflanze aber mit Hilfe von Samen und Brutzwiebeln zum Wuchern neigt, will der Standort und die Partner wohl bedacht sein. In alten Bauergärten wurde die Pflanze zum Teil als Einfassung verwendet und mit einfachen Tulpen kombiniert.

Pflegebedürftiger sind Zwergiris, wie Iris reticulata. Bei günstigen Standortbedingungen vermag aber auch sie sich über Samen auszubreiten. Dafür ist die Verwendung der Wildform Voraussetzung.

Eine erstaunliche Entdeckung der warmen Rabatte sind Hyazinthen. Die züchterisch stark entfremdeten Kulturformen entwickeln sich nach relativ kurzer Zeit zur Grundform zurück. Die Pflanzen weisen dann weniger Einzelblüten auf, die mit einem größeren Abstand zueinander stehen. In Gruppen gepflanzt avancieren sie aber durchaus zu einem echten Highlight – denn die blaue Farbe hat sie in den Genen und dazu verströmen die Blüten einen intensiven Duft. Bei Hyacinthus orientalis dürfte weniger die Aussaat als die Ausbildung von Brutzwiebeln zur Ausbreitung beitragen.

Fast schon zum Beginn der Staudenhauptblüte bringt das verwandte Hyacinthoides hispanica Farbe in den Garten. Wie das heimische Hasenglöckchen (H. non-scripta) bildet das Liliengewächs dichte Pulks, die im Frühjahr sehr viel Raum benötigen. Brutzwiebeln und Aussaat sorgen für eine rege Verbreitung im Garten.

Ein zweites Feuerwerk

Keine Frage, dass der Einsatz von Frühlingsgeophyten besonders wichtig und besonders eindrucksvoll ist. Nach den grauen Monaten sind die bunten Pflanzungen dazu angetan, die Menschen aus dem Winterschlaf zu wecken. Aber auch Herbstblüher haben ihren Charme. Zum letzten Mal vor dem Winter entfaltet die Pflanzung Farbenfreude und zwischen etlichen schon abgeblühten und braun gewordenen Staudenstielen erscheinen zusammen mit der Herbstfärbung der Gehölze frische Töne. Allerdings bilden einerseits die wenigsten Herbstblüher durch Selbstaussaat so leicht große Farbflächen, andererseits ist der Einsatz der spät blühenden Geophyten deutlich schwieriger: Denn zumeist stehen noch Stauden im Weg, sodass gut geplant werden muss, um die farbigen Herbstboten richtig ins Spiel zu bringen.

Ganz vorne in der Auswahl rangiert die Herbstzeitlose (Colchicum bornmülleri), die durch Brutzwiebeln und Aussaat eindrucksvolle Horste bilden kann. Im Frühjahr treiben sie kräftige Büschel aus dicht sitzenden Blättern, was bei jeder Partnerschaft berücksichtigt werden muss. Gut geeignet sind Polsterschauden, die auch etwas Schatten vertragen, und in näherer Umgebung Stauden, die die einziehenden Blätter im Sommer verdecken.

Neben den Herbstzeitlosen sind die Krokusse wichtige Herbstblüher. Crocus kot-schyanus, C. sativus und C. speciosus sind die wichtigsten Arten, um dem Garten im Herbst noch einmal Farbe zu verleihen. Eine Selbstaussaat findet vornehmlich in wärmeren Gegenden statt.

Die Effekte jedenfalls, die sich mit Kleinblumenzwiebeln und deren Bereitschaft zur Selbstaussaat verwirklichen lassen, sind enorm – besonders für den Unternehmer, der in langen Kundenbeziehungen denkt. Denn erst im dritten, vierten und fünften Jahr kommt der Effekt so richtig zum Tragen – von da an wird er beständig größer.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren