
Missverständnis zwischen Optik und Ökologie
Soziale Netzwerke prägen Gartenvorstellungen, meint Christian Stoffels in seiner Kolumne. Dadurch sind auch negative Gartenbilder tief verwurzelt. Der Gärtner aus Düsseldorf rät zu guter Kommunikation bei der Gestaltung.
von Christian Stoffels, Düsseldorf erschienen am 12.11.2025Viele Gartenbesitzerinnen und -besitzer äußern in den ersten Vorgesprächen sehr klar ihre Vorstellungen. Immer wieder begegnen mir dabei ähnliche Wünsche: Sauberkeit, Minimalismus, ein starker Fokus auf Sichtschutz und Abgrenzung. Diese Bilder sind oft so tief verankert, dass alternative Ideen kaum eine Chance haben, überhaupt wahrgenommen zu werden. Besonders soziale Medien, deren Stärke in der Bildsprache liegt – allen voran Pinterest und Instagram – sind potente Multiplikatoren. Sie prägen unser ästhetisches Empfinden und erzeugen eine klare Vorstellung davon, wie ein „schöner Garten“ auszusehen hat. Meist tragen diese Gärten das Etikett „pflegeleicht“. Dieser Begriff scheint wie ein Totschlagargument: Er reduziert jede kreative oder fachlich fundierte Idee auf einen vermeintlich praktischen Nenner – und macht sie damit oft zunichte.
Die in den Medien vervielfältigten Gartenbilder zeigen häufig ein ähnliches Muster: einzelne Formgehölze in sogenannten „Kiesbeeten“, weitläufige Rasenflächen und Hecken aus meist fremdländischen und immergrünen Gehölzen. Diese ästhetischen Vorstellungen stehen in starkem Kontrast zu dem, was Fachleute empfehlen – und zu dem, was die Natur tatsächlich benötigt. Strukturreiche Pflanzflächen, vielfältige Staudenmischungen, heimische Gehölze und ein gewisses Maß an Wildheit würden unsere häufig uniformen Gärten nicht nur optisch bereichern, sondern auch einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten. Hier sind wir als Fachleute besonders gefragt: Wir müssen unsere Kundinnen und Kunden aufklären, beraten und Mut zu neuen Ansätzen machen. Ein Garten darf Ecken haben, in denen es etwas wilder zugeht – Laub darf in den Beeten verrotten, Beikräuter können integriert werden, und vielleicht entsteht so ganz nebenbei das erste artenreiche Staudenbeet. Wir wissen es besser – und genau dieses Wissen sollten wir teilen. Nur durch fachliche Information und gute Beratung können wir dazu beitragen, dass Gartenbesitzende ihre Grünflächen neu denken – und so gemeinsam ein vielfältigeres, zukunftsfähiges Gartenbild prägen.
Übrigens heißt „naturnah“ nicht, dass es keine Gärtner bräuchte. Vielmehr werden Fachleute in solchen Gärten zu gut bezahlten Moderatoren.
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