Zweifelhaftes Zahlenwissen
Konjunkturumfragen und Statistiken sollen uns informieren, aber nicht zum Selbstzweck verkommen und den Blick aufs Ganze versperren, meint Tjards Wendebourg in seinem Kommentar.
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Ich habe ein zwiespältiges Verhältnis zu den Konjunkturumfragen dieser Welt. Einerseits ist zum Beispiel ein Verband zu loben, der zeitnah versucht, die Stimmung seiner Mitglieder zu ermitteln, um auf Entwicklungen reagieren zu können. Außerdem befriedigt das Fragen ja auch ein bisschen die Neugier und kann zusätzlich als eine Art Sport verstanden werden – als Wette auf den Umfrageausgang. Andererseits ist die Wirkung der Ergebnisse zum Teil extrem fragwürdig.
Denn, dass am Ende nur noch die Zahlen zählen und keiner sich mehr für die Datenbasis und die Rahmenbedingungen der Befragung interessiert, liegt in der Natur der Sache. Die knalligen Aussagen, die sich aus den Ergebnissen generieren und interpretieren lassen, sind einfach eingängiger als das sperrige Kleingedruckte. Da sind wir Journalisten, die wir Nachrichten brauchen und Titelzeilen dazu texten müssen, ein gutes Beispiel: Wir sitzen in derselben Zwickmühle.
Letztlich ist der ganze Zahlen- und Umfragewahnsinn aber ein wichtiger Teil unser aller Probleme: Wir machen unseren Alltag durch Daten mit Pseudoaussagekraft und Pseudogenauigkeit immer hektischer. Das hat schon so absurde Ausmaße angenommen, dass in der Wirtschaft zu bestimmten Stichtagen durch Pseudotransaktionen Umsätze generiert werden, denen zwar keine Leistung gegenübersteht, die aber die Bilanzen rein optisch verbessern. Das Vorlesen von Quartalsergebnissen, der monatlichen Arbeitslosenquote oder des IFO-Indexes ist Volkssport geworden.
Dabei ist es ein schmaler Grat zwischen der Menge von Daten, die zur Steuerung von Prozessen erhoben werden müssen und der Menge, bei denen die Daten Selbstzweck werden und durch ihre Eigendynamik negative Entwicklungen auslösen. Das hat die Eurokrise wieder eindrücklich bewiesen: Viele Dinge wären nicht passiert, wenn bestimmte Daten nicht bekannt gewesen wären.
Aber alles Handeln in dieser Welt folgt dem Wachstumsdogma: Stagnation ist Rückschritt. Und da freut man sich lieber über noch so kleine Verschiebungen hinter dem Komma eines Umfrageergebnisses, als dass man dem gesunden Menschenverstand vertraut und das große Ganze im Blick behält. Zahlen werden wichtiger als der Inhalt, den die Zahlen beschreiben sollen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen auch in diesem neuen Jahr: Lassen Sie sich von Umfragen informieren und unterhalten. Halten Sie es aber ansonsten mit dem guten alten Motto, nur Statistiken zu glauben, die Sie eigenhändig gefälscht haben.
Da wissen Sie wenigstens, weshalb Sie sie gefälscht haben.
Denn, dass am Ende nur noch die Zahlen zählen und keiner sich mehr für die Datenbasis und die Rahmenbedingungen der Befragung interessiert, liegt in der Natur der Sache. Die knalligen Aussagen, die sich aus den Ergebnissen generieren und interpretieren lassen, sind einfach eingängiger als das sperrige Kleingedruckte. Da sind wir Journalisten, die wir Nachrichten brauchen und Titelzeilen dazu texten müssen, ein gutes Beispiel: Wir sitzen in derselben Zwickmühle.
Letztlich ist der ganze Zahlen- und Umfragewahnsinn aber ein wichtiger Teil unser aller Probleme: Wir machen unseren Alltag durch Daten mit Pseudoaussagekraft und Pseudogenauigkeit immer hektischer. Das hat schon so absurde Ausmaße angenommen, dass in der Wirtschaft zu bestimmten Stichtagen durch Pseudotransaktionen Umsätze generiert werden, denen zwar keine Leistung gegenübersteht, die aber die Bilanzen rein optisch verbessern. Das Vorlesen von Quartalsergebnissen, der monatlichen Arbeitslosenquote oder des IFO-Indexes ist Volkssport geworden.
Dabei ist es ein schmaler Grat zwischen der Menge von Daten, die zur Steuerung von Prozessen erhoben werden müssen und der Menge, bei denen die Daten Selbstzweck werden und durch ihre Eigendynamik negative Entwicklungen auslösen. Das hat die Eurokrise wieder eindrücklich bewiesen: Viele Dinge wären nicht passiert, wenn bestimmte Daten nicht bekannt gewesen wären.
Aber alles Handeln in dieser Welt folgt dem Wachstumsdogma: Stagnation ist Rückschritt. Und da freut man sich lieber über noch so kleine Verschiebungen hinter dem Komma eines Umfrageergebnisses, als dass man dem gesunden Menschenverstand vertraut und das große Ganze im Blick behält. Zahlen werden wichtiger als der Inhalt, den die Zahlen beschreiben sollen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen auch in diesem neuen Jahr: Lassen Sie sich von Umfragen informieren und unterhalten. Halten Sie es aber ansonsten mit dem guten alten Motto, nur Statistiken zu glauben, die Sie eigenhändig gefälscht haben.
Da wissen Sie wenigstens, weshalb Sie sie gefälscht haben.
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