Videobotschaft eines Ahnungslosen
Welche Wertschätzung die grüne Branche bei den Politikern erfährt, sah man am Fernbleiben von Minister Markus Söder auf der GaLaBau in Nürnberg. Ein Kommentar von Tjards Wendebourg.
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Wer etwas über den Stellenwert unserer Anliegen in der Politik erfahren wollte, hätte nur nach Nürnberg zu der Eröffnung der GaLaBau fahren müssen. Während sich sonst jeder Politiker freut, öffentlichkeitswirksam Reden schwingen und Hände schütteln zu können, fand der bayerische Heimatminister Dr. Markus Söder nicht mal in seiner Heimatstadt Zeit, eine Messe wie die GaLaBau zu eröffnen. Stattdessen hatte er im Foyer seines Heimatministeriums (ich muss das Wort so oft schreiben, weil ich es so putzig finde) eine Grußbotschaft drehen lassen, die auf der Eröffnungsfeier zum Besten gegeben wurde.
Dabei schaffte es Söder nicht nur mit seiner Abwesenheit, das Maß seiner Wertschätzung für die Belange des Berufsstandes auszudrücken. Auch die Botschaft seiner Botschaft fasste seinen Wissensstand und sein Interesse wundervoll zusammen. So fabulierte er von „Gartenfreuden“ und den „schönen Dingen, um den Garten zu verschönern“, „vom Gartln, um den Garten schöner zu machen“ und den „Messegeschäftsführern, die das sicherlich im Praxistest oft erleben“. Unweigerlich musste man an Stoibers „Muschi“ und die „hingerichteten Blumen“ denken.
Nun ist nicht zu befürchten, dass der Minister aus Versehen die Botschaft für die Verbrauchermesse „Heim und Garten“ mit der für die Profi-Messe GaLaBau verwechselt hat. Es ist vielmehr zu befürchten, dass er es einfach nicht besser weiß! Er weiß nicht, dass da über 6,5 Mrd. € bewegt werden. Er weiß nicht, dass der GaLaBau gigantische Baustellen betreibt und im großen Stil für das Grün in der Stadt wirbt. Er kann wahrscheinlich nur schwer zwischen Landschaftsbau, Produktionsgartenbau, grünem Einzelhandel, Landschaftsarchitektur ... und Kleingärtnern differenzieren. Für ihn sind das alles irgendwie „Gartler“.
Dabei ist er ja der dümmsten einer nicht. Er ist nur uninteressiert an allem, was grün ist. Das konnte man ja schon studieren, als er bei der Eröffnung der Gartenschau in Kitzingen 2011 gelangweilt über das Gelände schlurfte. Garten und Grün ... das ist irgendwie was für Frauen, nicht für ambitionierte Männer, die sich mindestens für geborene Ministerpräsidenten halten.
Es ließe sich leicht verschmerzen, wenn Herr Söder allein wäre mit seiner Sicht auf die Dinge. Ich fürchte nur, das ist nicht so. Für Hunderte, vielleicht Tausende Volksvertreter ist das irgendwie nett, was wir da „im Garten“ treiben. Aber auch irgendwie entbehrlich. Sonst wäre das Grün nicht immer noch ganz oben auf der Streichliste. Sie nehmen lächelnd die Charta entgegen, wohl wissend, dass sich das Bild mit dem grünen Kontext gut macht beim Wahlvolk. Aber die Möglichkeiten, die Perspektiven, die abstrakten Zusammenhänge, das große Ganze – das haben sie deshalb noch lange nicht verstanden.
Wir werden noch viele Chartas überreichen und den Zusammenhang zwischen Grün und Steuereinnahmen erklären müssen, bis auf die Hinterbänke durchgesickert ist: GaLaBau und Landschaftsarchitektur haben zwar auch was mit Garten zu tun. Aber ihre Bedeutung für Wohlbefinden und Wohlstand reicht weit darüber hinaus.
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