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Dachbegrünung: Pro und Contra unter dega.de

Aufgrund aktueller Entwicklungen nimmt Dr. Gunter Mann, Präsident der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung (FBB), Stellung zur CE-Kennzeichnung bei Dachbegrünun­gen. Was für und gegen eine CE-Kennzeichnung bei Dachbegrünungen spricht, hat Mann neben Hintergrund und Grundlagen in einem Beitrag zusammengefasst. Diesen können Sie abrufen unter www.dega.de, Webcode dega1370. Red
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Ist das CE-Kennzeichen in vielen Bereichen des täglichen Lebens eine gewohnte und selbstverständliche Sache, so sind sich die Fachleute der Dachbegrünungsbranche in diesem Punkt uneinig.
Der Präsident der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB), Dr. Gunter Mann, hat die Meinungen verschiedener FBB-Mitglieder erfragt und zusammengefasst. Es soll damit einerseits der aktuelle Stand der Diskussionen wiedergegeben und andererseits Handlungsbedarf für die richtlinien- und gesetzgebenden Gremien aufgezeigt werden. Eine abschließende Wertung müsste höheren Instanzen überlassen werden.

Die Struktur der etwa 70 Mitglieder der FBB ist heterogen. Es sind sowohl Verarbeiter und Planer als auch Einzelprodukt- und Systemlieferanten aus den Gründach- und Dachabdichtungsbranchen vertreten. Je nach Marktausrichtung fallen auch die Meinungen und Argumente zum Thema CE-Kennzeichnung aus: die Dachabdichtungshersteller stellen eine CE-Kennzeichnung bei den Abdichtungen nicht in Frage, sehen sie jedoch derzeit für die Dachbegrünung als nicht gefordert an. Der gleichen Meinung sind die Unternehmen, die fast ausschließlich Dachbegrünungssysteme vertreiben. Im Gegensatz dazu stehen einzelne Firmen, die Einzelprodukte herstellen bzw. vertreiben, die nicht nur auf dem Dach bei Begrünungen, sondern auch anderweitig ebenerdig am Gebäude oder im Straßenbau usw. eingesetzt werden.

Hintergrund und Grundlagen
Gesetzliche Grundlagen in Deutschland sind die Muster-Bauordnung, die Landesbauordnung und das Bauproduktegesetz. Weiterhin müssen die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft berücksichtigt werden, was u.a. die CE-Kennzeichnung (CE = Conformité Européenne = Europäische Übereinstimmung) betrifft. Die CE-Kennzeichnung bestätigt, dass ein Produkt in der Herstellung überwacht und produktbezogene Prüfungen nach europäischen bzw. deutschen Richtlinien durchgeführt und erfüllt werden. Die CE-Kennzeichnung soll dem Verbraucher die Sicherheit geben, dass das Produkt den Anforderungen in Gebäuden hinsichtlich Funktionsfähigkeit und Langlebigkeit gerecht wird.


Was spricht für eine CE-Kennzeichnung bei Dachbegrünungen?
Für die Befürworter des CEs ist klar, dass die Kennzeichnung bei Kunststoffdränagen und Filtervliesen als Bestandteil von Dränanlagen gesetzlich vorgeschrieben ist: 
- alle Arten von Festkörperdränagen, mit und ohne aufkaschiertem Vlies, fallen nach der DIN EN ISO 10318 „Geokunststoffe, Begriffe“, in der sie als „Geoverbundstoffe“ bzw. Geospacer“ („geotextilverwandte Stoffe“) definiert sind, unter die DIN EN 13252 „Geotextilien und geotextilverwandte Produkte“ und müssen deshalb die dort definierten Eigenschaften für die Anwendung in Dränanlagen aufweisen.
- Es ist dabei unerheblich, dass die Dachbegrünung in der Norm nicht erwähnt wird: nicht das Anwendungsgebiet ist entscheidend, sondern die Anforderung an das Produkt beim Einsatz in Dränanlagen.
- Ebenso wird die DIN 4095 „Baugrund – Dränung zum Schutz baulicher Anlagen – Planung, Bemessung und Ausführung“ angeführt, die Bemessungsgrenzen für Entwässerungsleistungen vorgibt.
- Schutzvliese und Schüttgüterdränagen dagegen unterliegen keiner CE-Kennzeichnungs-Pflicht, da hierfür keine für den Bereich „Dach“ sinnvolle Prüfverfahren vorliegen.


Was spricht gegen eine CE-Kennzeichnung bei Dachbegrünungen?
Das Bauproduktegesetz definiert Bauprodukte als Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft „in“ bauliche Anlagen des Hoch- oder Tiefbaus eingebaut zu werden. Dachbegrünungen werden nicht „in“ bauliche Anlagen eingebaut, sondern lediglich auf dem vollständig abgedichteten Baukörper aufgebracht. Hierbei wird keinerlei Verbindung zum darunter liegenden Baukörper hergestellt. Die bauliche Anlage ist auch ohne die Dachbegrünung zu 100% funktionsfähig. 
- Das Bauproduktegesetz ist auch nur für solche Bauprodukte anwendbar, für die die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Fundstellen der harmonisierten oder anerkannten Normen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht hat. Für Dachbegrünung gibt weder eine DIN-Norm noch eine EN-Norm.
- Dachbegrünungsprodukte fallen nicht unter die Kategorie „Bauprodukte“, da sie weder in der „Bauregelliste“ aufgeführt sind, noch gibt es EU-weit genormte Prüfverfahren, mit denen die Eignung der betreffenden Produkte für das Einsatzgebiet Dachbegrünung nachgewiesen werden könnte
- Dachbegrünungen sind als Begriff nicht in der Bauregelliste aufgeführt (weder in Liste A noch B noch C). In Bauregelliste B unter 1.8.1 werden Geotextilien und geotextilverwandte Produkte für die Anwendung beim Bau von Straßen und sonstigen Verkehrsflächen und unter 1.8.2 und geotextilverwandte Produkte für die Anwendung im Erd- und Grundbau sowie in Stützbauwerken aufgeführt. In der Bauregelliste C, in der Bauprodukte aufgeführt werden, für die es weder Technische Baubestimmungen noch allgemein anerkannte Regeln der Technik gibt und die für die Erfüllung bauordnungsrechtlicher Anforderungen nur eine untergeordnete Bedeutung haben, werden beispielsweise unter 1.2 „Dränelemente“ und 1.5 „Schutzschichten für Bauwerksabdichtungen“ aufgeführt. Für die in Liste C aufgenommenen Produkte entfallen Verwendbarkeits- und Übereinstimmungsnachweise.
- Nach der EN ISO 10318 wird ein „Geotextil“ oder „Geotextilverwandtes Produkt“ als „flächenhaftes, durchlässiges, polymeres Textil oder anderes Material“ definiert. Sogenannten „Eierbecher-Dränagen“(Kunststoffdränageplatten) sind zwar flächenhaft, jedoch keinesfalls durchlässig, da das Material schon absolut wasserundurchlässig ist. Ein Dränelement, das z.B. auch Wasser speichern soll, muss aber zunächst einmal dicht sein. Erst durch das Aufbringen eines Filtervlieses wird zwar das System durchlässig, nicht aber das Element.
- Die EN ISO 10318 ist nicht auf die Dachbegrünung anwendbar. Es werden dort keine Funktionen aufgezeigt, die durch eine Festkörperdränage in einer Dachbegrünung ausgeführt werden. Die in der Norm abgebildete Dränagenanlage hat nichts mit einer Dachbegrünung zu tun, da es hier nur um senkrechte Dränage handelt. 
- Die EN 13252 lautet „Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Geforderte Eigenschaften für die Anwendung in Dränanlagen. Eine Dachbegrünung ist keine Dränanlage. Mit Dränanlagen werden Anlagen bezeichnet, die „aus Dränleitung, Dränschicht, Kontroll- und Spüleinrichtungen sowie Ableitungen bestehen“. Die bei Dachbegrünungen bedeutendste Funktion, die Wasserspeicherung, wird nicht berücksichtigt. Flachdächer, auf denen Dachbegrünungen aufgebracht werden, funktionieren auch ohne diese bzw. könnten diese Dächer auch bekiest werden. Die Dränschicht einer Dachbegrünung dient also insbesondere zur Sicherstellung eines für Pflanzen geeigneten Standorts (Wasserspeicherung und Ableiten des Überschusswassers) und nicht zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit eines Gebäudes. In der FLL-Dachbegrünungsrichtlinie wird sogar ausgeführt, dass die Abführung von Niederschlagswasser zum Teil auch an der Oberfläche erfolgen kann.
Der Begriff „Dränanlage“ wird auch in der DIN 4095 verwendet. Die DIN 4095 gilt für erdberührte bzw. erdüberdeckte Bauwerke und ist nach FLL und einem früheren Gerichtsurteil auf Dächer mit Begrünung nicht übertragbar, da im Anwendungsbereich der Norm Dränschichten zur Wasserbevorratung ausdrücklich ausgegrenzt werden.
- Die in der DIN EN 13252 vorgegebenen Produkteinsatzbereiche sowie die daraus resultierenden Prüfverfahren und Anforderungen an das Produkt stimmen nicht mit den Einsatzbereichen von Dachbegrünungen überein. Die vorgegeben Prüfwerte haben nichts mit der Dachbegrünung zu tun, da die relevanten Prüfwerte (Wasserdurchfluss) in der Senkrechten gemessen werden. Die Dachbegrünung ist aber eine horizontale Bauweise.

Offene Fragen
Warum hat der Gesetzgeber für alle denkbaren Bereiche bei der Erstellung von Bauwerken Prüfnormen festgelegt, nur nicht für die Dachbegrünung? Hätte der Gesetzgeber gewollt, eine Norm für Dachbegrünung zu haben, wäre eine derartige Norm auch darstellbar gewesen, da es für Geotextilien und geotextilverwandte Produkte insgesamt zehn unterschiedliche Normen für verschiedene Einsatzzwecke gibt.
Warum gibt es bisher keine für den Anwendungsbereich „Dachbegrünung“ sinnvolle Prüfmethoden und Vorgaben der zu erreichenden Kennwerte?
Warum soll eine CE-Kennzeichnung nur für Dränageplatten aus Kunststoff und Filtervliese gelten? Warum sollen nicht Schüttgüter-Dränagen, Schutzvliese und Substrate CE-gekennzeichnet werden?

Fazit
Bei all den Diskussionen um eine CE-Kennzeichnung, deren Notwendig- und Sinnigkeit, muss klar sein, dass einige FBB-Mitglieder seit mehreren Jahrzehnten Dächer begrünen, die heute noch funktionieren, auch wenn die damaligen Produkte keine CE-Kennzeichnung aufweisen (konnten). Die am Markt tätigen seriösen Firmen halten sich stets an die Vorgaben der aktuellen FLL-Dachbegrünungsrichtlinien und können deren Einhaltung mit einer Vielzahl an Prüfzeugnissen belegen – mit oder ohne CE-Kennzeichnung. Dennoch muss der Europäisierung, des vereinfachten Warenhandels und nicht zuletzt dem Sicherheitsbedürfnis des Kunden Rechnung getragen werden. Warum sollte dies nicht mit CE-Kennzeichen bei Dachbegrünungen, die auf geeignete und sinnvolle Prüfverfahren und –werte beruhen, erreicht werden? Es sind nun die entsprechenden Gremien (Regelwerks- und Normausschüsse) gefordert, diese Normen zu entwickeln.


Dr. Gunter Mann
Präsident Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB)
Kanalstraße 2
66130 Saarbrücken
Tel. 0681-9880570
Fax 0681-9880572
e-mail: mann@fbb.de
www.fbb.de






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