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EIN KOMMENTAR VON TJARDS WENDEBOURG

Reflexe beim „Pflanzenschutz“

Gerade tobt wieder die Schlacht um die Neuzulassung des Totalherbizids Glyphosat, das besonders in Form des Handelsprodukts „Roundup“ bekannt ist. Lobbyinteressen von Industrie, Anwendern und Umweltschützern prallen mit voller Wucht aufeinander, und der Bürger verliert den Überblick.

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Reflexe beim „Pflanzenschutz“
Reflexe beim „Pflanzenschutz“Volker Michael
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Es ist dabei gar nicht einfach, eine sachliche Position zu finden. Es gibt eine Vielzahl von Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen. Wer aber das Studiengeschehen verfolgt, bekommt schnell das Gefühl, dass die Ergebnisse nicht selten mit den Interessen der Auftraggeber zu korrelieren scheinen. Die Wirtschaftsmacht des Hauptinteressenten, des Agrokonzerns Monsanto, ist dermaßen groß, dass Einflüsse auf europäische Entscheidungen nicht ausgeschlossen werden können.

Wer außerdem zurückblickt und daran denkt, wie die Industrie in der Vergangenheit fragwürdige Produkte und Praktiken verteidigt hat, ist gewarnt: Relativieren, Kritiker lächerlich machen und das jeweilige Produkt als alternativlos darstellen sind die beliebten Werkzeuge der PR-Strategen in Industrie und Verbänden. Wer Zweifel äußert, bedroht Arbeitsplätze oder befindet sich gar gerade auf dem Weg „zurück in die Steinzeit“. Doch so absurd, wie es uns heute vorkommen würde, DDT auszubringen, Contergan zu schlucken oder Spraydosen mit FCKW zu kaufen, so absurd wird es uns in 20 Jahren vorkommen, dass wir leere Stollen mit Atommüll gefüllt haben. Und vielleicht fassen wir uns dann auch an den Kopf, wenn wir daran zurückdenken, dass Felder heute bis zu dreimal im Jahr mit glyphosat-haltigen Herbiziden abgespritzt werden.

Denn auch bei Glyphosat gibt es Hinweise, dass der Umgang allzu sorglos ist. Und trotzdem setzt die Lobby auf bewährte Abwehrstrategien. Als das Umweltinstitut München sich den Spaß machte, den Glyphosatgehalt in Bieren zu ermitteln und damit einen PR-Coup landete, ließ der Reflex der Agrochemie nicht lange auf sich warten: 1000 l Gerstenbrause müsse man trinken, um die Gesundheit zu gefährden, lautete die Retourkutsche aus Frankfurt; als wäre es nicht Warnsignal genug, dass der Stoff überhaupt in der Nahrung (und im Körper) ist. Dass die Werte zum Teil ein Vielfaches über dem Grenzwert von Trinkwasser lagen (bei Bier gibt es lustigerweise keinen), sei nur am Rande erwähnt.

Angesichts der Erfahrungen aus der Vergangenheit kann man nur raten, sehr bewusst mit allen Stoffen umzugehen, die verdächtig sind. Und dass ein hocheffektives Gift, zumal im Cocktail mit anderen, verdächtig ist, steht wohl außer Frage. Wenn es anders geht, sollte man es auch anders machen. Auch wenn es bestimmte Kreise gibt, die behaupten, es gehe nicht anders, so heißt das in der Regel nur: „Ich bin zu faul, über Alternativen nachzudenken“ oder „Die Alternativen sind teurer.“

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