Zukunftsfähigkeit im Blick behalten
Mit einem gemeinsam veranstalteten Kongress zur Zukunftsfähigkeit der Branche haben das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) auf die Aufgaben bei der Sicherung der Fachkräfteversorgung im GaLaBau aufmerksam gemacht. In Vorträgen und Diskussionsrunden wurden die unterschiedlichen Aspekte gewürdigt.
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Dabei beleuchtete der Kongress mit einem Parforceritt durch die Themenfelder ganz unterschiedliche Facetten, etwa die veränderten Ansprüche nachwachsender Mitarbeitergenerationen, das Personalpotenzial von Zuwanderern, die Qualität der Ausbildung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) oder die Veränderungen des Arbeitsumfelds durch technische Innovationen.
Prof. Dr. Ulrich Breilmann (Bild 2, 2. v. l.) bereitete die Zuhörer darauf vor, dass die heranwachsende „Generation Z“ ganz andere Wünsche an ihre Arbeitgeber hat. Sie sei „ohne Smartphone lost in space“. Allein schlechtes WLAN könnte für junge Menschen schon einen Kündigungsgrund darstellen. Die Zeit des „Kadavergehorsams“ sei ohnehin vorbei, die Bindung an das Unternehmen viel geringer als bei vorangegangenen Generationen (siehe dazu DEGA 7/2016, dega3194). Grundsätzlich riet er den Unternehmern, die Möglichkeiten des „horizontalen Aufstiegs“ auszuschöpfen – also die Aufwertung etwa über Verantwortung und spannende Projekte. Vertikaler Aufstieg sei in GaLaBau und Handwerk ja kaum möglich. Eine bedeutende Aufgabe werde es werden, auf die Jugendlichen aus prekären Verhältnissen zuzugehen – zum Beispiel „Hauptschüler mit der Vier im Zeugnis“. Der Aufwand dafür werde auf jeden Fall höher.
In diesem Zusammenhang wies BGL-Vize Carsten Henselek auf ein neues Konzept für eine modular aufgebaute Qualifizierungsmaßnahme hin, das gerade zur Prüfung im Bildungsministerium ist.
Arbeitskräftepotenzial Migration
Lutze von Wurmb stellte das BGL-Willkommenslotsen-Projekt vor. Sechs Ansprechpartner im Bundesgebiet (siehe dega3201) sollen Unternehmern helfen, Kontakte zu am Beruf interessierten Flüchtlingen herzustellen und die bürokratischen Hürden bei deren Anstellung und Ausbildung zu überwinden. Das Projekt wird bis 2018 vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert. Der BGL hat einen siebten Lotsen beantragt.
Ein emotionaler Höhepunkt war der Auftritt von Albrecht Bühler, der Abdallah Gevara, seinen neuen Azubi, mitgebracht hatte. Der aus Aleppo geflohene Gartenbau-Student hatte schon so viel Deutsch gelernt, dass er sich selbst vorstellen und seine Erfolgsgeschichte erzählen konnte. Bühler empfahl grundsätzlich, für neue Zielgruppen offen zu sein.
Bezogen auf die Flüchtlinge meinte Wilfried Eichhorn von der IG BAU (Bild 2, r.), sei der Staat gefordert, mehr Sprachkurse zu bieten. Dies sei die Grundlage einer Integration in den Arbeitsmarkt.
Kirsten Frohnert vom Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ mahnte die Flexibilisierung der Arbeitsplätze an, um den veränderten Ansprüchen der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gerecht werden zu können. VGL-Bayern-Präsident Ulrich Schäfer konnte da schon Vollzug melden. Sein Mitarbeiter Christian Nutz hat beim ersten Kind ein Jahr lang auf drei Wochentage abgebaut und arbeitet gerade zwölf Monate nur vier Tage die Woche, um beim zweiten Kind mehr zu Hause sein zu können. Es sei alles eine Frage der Organisation, zeigte sich sein Chef überzeugt.
Abbrüche sind überbewertet
In vielen Medien wird von einer dramatischen Zunahme der „Ausbildungsabbrüche“ berichtet. Dr. Alexandra Uhly vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) hält das ebenso für Unsinn wie den Begriff selbst. Es suggeriere ein zunehmendes Scheitern junger Leute in der Ausbildung. Sie spricht deshalb von einer Vertragsauflösungsquote und verweist darauf, dass eine Vertragsauflösung ja keineswegs immer an dem Azubi liege. Die Insolvenzen seien in dieser Quote ebenso subsummiert wie Wechsel in andere Betriebe oder gar der Wechsel in eine andere Branche. Außerdem pendele die Quote schon seit Ende der 80er-Jahre zwischen 20 und 30 %. Man dürfe bei der „Ausbildungsfähigkeit“ nicht nur den Azubi betrachten, sondern auch den Betrieb. Ein Einspieler mit O-Tönen aus der Überbetrieblichen Ausbildung in Münster-Wolbeck (siehe QR-Code rechts) untermauerte, was Lehrlingen wichtig ist, was ihnen gefällt und was ihnen weniger gefällt; in Berlin kam der Film gut an.
Die Arbeitswelt wird sich gewaltig ändern. Der niederländische Zukunftsforscher Rob Creemers entführte das Publikum in eine Welt, in der Computer klüger sind als Menschen und diese in vielen Arbeitsbereichen ersetzen; ein eher finsteres Szenario mit Millionen Menschen ohne Arbeit, Flüchtlingsströmen und der Verteilung des Wohlstands auf eine winzige Minderheit. Der Ausgang sei noch völlig offen, meinte Creemers, aber unsere Aufgabe sei es, die Technik dafür zu nutzen, das Leben bequemer zu machen und damit Lösungen zu entwickeln, um die Gefahren abzuwenden.
Da wurden die nächsten beiden Angebote schon deutlich konkreter. So stellte der Nauheimer Unternehmer und BGL-Vize Eiko Leitsch vor, wie er mit dem Programm „Bau mobil“ (siehe dega3195) seine Betriebsabläufe optimiert und zugleich die Zufriedenheit der Mitarbeiter vergrößert; weil er ihnen damit Zeit spart und die Sicherheit gibt, alles dabei zu haben. Rückfragen nach der Akzeptanz beantwortete Leitsch mit der Beobachtung: „Wenn der Mitarbeiter merkt, er spart damit Zeit, ist er sofort dabei.“ Die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter erhöht sich demnächst noch einmal durch die Team-GmbH (dega3196), welche die Belegschaft am Maschinenpark und dessen Auslastung finanziell teilhaben lässt.
Prof. Dr. Manfred Helmus zeigte, wie sich durch den Einsatz von AutoID-Systemen das Bauen revolutionieren lässt, und wie zum Beispiel Maschinenparks mit RFID-Chips rationell verwaltet werden können. Am Beispiel eines Bau-Unternehmens zeigte der Wissenschaftler, wie sich Sparpotenziale unter anderem dadurch heben lassen, dass weniger Maschinen gestohlen werden oder aber länger halten.
Gesundheitsmanagement wird wichtiger
Wer seine Fachkräfte lange im Betrieb behalten möchte, tut gut daran, ein betriebliches Gesundheitsmanagement zu betreiben. Alexander Kühl vom Berliner Söstra Institut riet dabei zur ganzheitlichen Betrachtung, in dessen Zuge sowohl der Mitarbeiter als auch das Unternehmen Verantwortung übernehmen. Die Art der Unternehmensführung sei auf jeden Fall ein wesentlicher Einflussfaktor, ob Mitarbeiter gesund bleiben oder nicht.
Am Ende gab es großen Applaus für die Moderation (Anja Würzberg vom NDR, Bild 2, Mitte) und Johannes Bömken für die Organisation. Gastgeber Dr. Ingo Braune vom BMEL bedankte sich bei beiden und erinnerte die Zuhörer daran, dass sie als Multiplikator die Aufgabe wahrnehmen sollten, die Erkenntnisse des Kongresses in die Breite zu tragen.
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