Osnabrücker Baubetriebstage:
Kalkulation im Fokus
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Preise bilden kann nur, wer seine Kosten kennt, könnte die Binsenweisheit lauten, die auch in Osnabrück immer wieder anklang. Und, da die meisten Unternehmer ihre Kosten nicht kennen, so jedenfalls die mehrfach geäußerte Meinung der Referenten, seien die Angebotspreise häufig alles andere als auskömmlich. Ziel der Veranstaltung war es deshalb, für einen bewussteren Umgang mit dem Betriebserfolg zu werben, um die anwesenden Unternehmer für den Wettbewerb zu stärken.
Ein bewussterer Umgang bedeutet nach Ansicht der Vortragenden nicht nur eine intensive Erfassung aller Daten, die zur Ermittlung der Erstellungskosten notwendig sind, sondern auch eine strategische Planung, welche Aufträge man zu welchem Preis ins Haus holen will. Außerdem sei eine intensive Marktbeobachtung wichtig, um sich auf die Kalkulation von Angeboten vorzubereiten. So gaben sich gleich drei Referenten als intensive Leser von Ausschreibungsergebnissen zu erkennen.
Eine detaillierte Kalkulation komme im Übrigen nicht in erster Linie bei der Angebotskalkulation zum Tragen, sondern vor allen Dingen bei der Baustellenvorbereitung, warb Moderator Prof. Thieme-Hack für den vielfältigen Nutzen der Zahlenwerke.
Sein Kollege aus Höxter, Prof. Dr. Wolf-Rainer Kluth, stellte die vielen in der Kalkulation vernachlässigten Kostentreiber vor und empfahl den Praktikern eigene Zeitwertsammlungen für bestimmte Arbeiten und Maschineneinsätze anzulegen und zu pflegen. Musterzeitwerte seien zwar schön und gut, bei der individuellen Angebotskalkulation sei aber wichtig, zu wissen, wie lange die eigenen Leute für eine bestimmte Leistung brauchen. Auch das Arbeiten mit unterschiedlichen Mittellöhnen für bestimmte Bereiche (zum Beispiel Neubau, Pflege, Spezialbereiche) könne helfen, die Kosten präziser vorhersagen zu können. Wichtig sei es am Ende, dass die Büroklammer, welche die Sekretärin benutzt, sich auch im Kantenstein wiederfindet; eine Anspielung darauf, dass viele Gemeinkosten im GaLaBau in der Kalkulation nicht berücksichtigt werden.
Sollte die Urkalkulation mit eingereicht werden?
Von Musterzeitwerten hält auch Christoph Hartmann aus Berlin nicht viel. Sie seien gut für das Nachtragsmanagement, fürs Kalkulieren seien sie aber nicht geeignet. Der Vorsitzende des BGL-Ausschusses Betriebswirtschaft ging mit den Kollegen hart ins Gericht: "Diskalkulie“ sei ein im Landschaftsbau verbreitetes Phänomen. „Ich würde mir wünschen, dass unsere Kollegen die Gemeinkosten besser kennen“. In Berlin etwa seien die Preise – auch durch schlecht kalkulierte Angebote – auf dem Niveau von 1988. Er forderte darum mehr Aufklärung und Maßnahmen gegen Dumpingangebote; zum Beispiel, dass die Urkalkulation Teil des Angebots werde. Am Ende gab auch der erfolgreiche Unternehmer zu, dass er dem „räudigen Submissionsgeschäft“ am liebsten den Rücken kehren und stattdessen Schwimmteiche bauen würde.
Weniger schlechte Erfahrungen mit Ausschreibungen hat Reinhard Kaß gemacht. Der Unternehmer aus Lingen beackert den regionalen Markt und das mit sehr herkömmlichen Mitteln. Statt aufwendiger Kalkulation überschlägt der Emsländer die Positionen am Rande der Submissionsunterlagen; eine beruhigende Nachricht für alle, die vorher still in sich zusammengesackt waren, weil die Vorredner die sogenannte „Heftrandkalkulation“ als Merkmal rückständigen Unternehmertums gebranntmarkt hatten. Kaß begründet den Erfolg von GaLaBau Emsland aber unter anderem mit guter Markt- und Warenkenntnis, was auch Nebenangebote ermögliche sowie intensiver Kommunikation innerhalb des Unternehmens. In der Diskussionsrunde empfahl der Praktiker, doch mal einen anderen Ansatz zu wählen und den Betrieben Hilfestellung beim Umgang mit öffentlichen Auftraggebern zu geben.
Andreas Ehlers zeigte dann den Landschaftsgärtnern, mit welchen Tricks und Finessen im Tief- und Straßenbau gearbeitet wird. Dort, wo fast alles über Ausschreibung läuft, ist kreative Angebotsgestaltung und ein aufmerksames Studium der Rahmenbedingungen essenziell notwendig. Auch die intensive Kontaktpflege besonders mit den Ingenieurbüros sei Teil einer erfolgreichen Marktbearbeitung in der Region.
Im Privatgarten zählen andere Werte
Auch wenn die Kalkulation im Privatgarten nicht minder wichtig ist, stellte sich der Vortrag von Fred Fuchs aus Lenggries doch als Kontrastprogramm dar: bei ihm stand der Kunde und dessen Vertrauen im Vordergrund der Betrachtung. Fuchs gab zu, dass er 47 % seiner Aufträge mit negativem Ergebnis abschließe. Seinen Ansatz stellte der Oberbayer als ganzheitlich dar und verlangte, dass die Kundenerwartung viel stärker in die Kalkulation eingehen müsse. In seinem eigenen Unternehmen plant Fuchs in Zukunft, die Angebote entsprechend der Kundentypen zu formulieren, um damit deren Mentalität stärker berücksichtigen zu können.
Eine spannende Nachricht an die Gärtner hatte zu guter Letzt Prof. Dr. Thorsten Litfin, der am Standort Lingen Marketing lehrt: Der Preis sei eine scharfe Waffe, die sich schnell gegen einen selbst richten könne. Viel zu schnell werde mit dem Preis heruntergegangen.
Einmal mehr erwiesen sich die Osnabrücker Baubetriebstage auch als Familientreffen, bei dem im Rahmen des „Baubetriebstreffs“ bis tief in die Nacht über Branchenerlebnisse diskutiert und gelacht wurde.
Tjards Wendebourg
(c) DEGA online
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