Wie stehen Sie zu Rasen (pflege)?
Rasen ist oft eine Glaubensfrage. Jeder meint, ihn haben zu müssen, obwohl die wenigsten die Rasenflächen brauchen/nutzen. Das artikuliert sich auch beim Mähen – nur wer gründlich schneidet, fühlt sich in der Nachbarschaft (oder bei seinen Kunden) als ordentlich angesehen.
erschienen am 29.04.2025- Wie gehen Sie mit dem Thema Rasen in Beratung und Alltag um?
- Lässt sich mit der Rasenpflege noch etwas verdienen?
- Bieten Sie Leistungen rund um das autonome Mähen an und treten als Händler/Installateur/Service auf? Wenn ja, was bieten Sie an?
- Weisen Sie Kunden auf das Problem hin, dass Mähroboter eine Gefahr für Igel und andere Kleintiere sind?
- Bieten Sie Alternativen zum Rasen an und, wenn ja, wie werden diese angenommen?
Für die einen ist es der „heilige“ Rasen, möglichst nur zum Anschauen und mit einer Top-Pflege mit Düngen, automatischer Bewässerung, Mähroboter, Vertikutieren, Wildkräuter bekämpfen, Regenwürmer und Maul- würfe verjagen. Für die anderen ist es eine Gebrauchsfläche zum Spielen, Freizeit gestalten, den Garten genießen und Freude an Kräutern und allerlei Insekten haben. Die Rasenfläche kann tot oder lebendig sein, ganz wie es dem Kundenwunsch entspricht. Wir empfehlen unseren Kunden immer die zweite Variante, weil wir im natürlichen Garten mit seiner spannenden Pflanzenvielfalt für Nutzer und Natur nur Vorteile sehen. Wir mögen keine Monokultur von Gräsern, die vielleicht in Bundesligastadien ihre Berechtigung haben mögen. Und wir mögen Überdüngung von Böden so wenig wie chemische „Unkrautbekämpfung“. Wir brauchen keine unnötige Wasserverschwendung und auch keine Mähroboter, die nachts ihr Unwesen treiben. Mit einer entsprechenden Beratung lassen sich unsere Kunden gerne überzeugen, manchmal sogar begeistern! Und wie es keine Schottergärten geben darf, ist auch das Thema Kunstrasen in Gartenanlagen ein absolutes No-Go. Wir Landschaftsgärtner sind Partner der Natur – nicht deren Gegner! Manchmal braucht es hierfür auch ein wenig Mut!
von Erhard Anger gestaltet Gartenanlagen in Freudenstadt.Das Thema Rasen ist wahrlich ein Dauerbrenner. Jedes Jahr im Frühjahr werden die gleichen Fragen gestellt beziehungsweise Aufträge erteilt. Moos, Unkräuter oder Beikräuter, vertikutieren oder nicht, düngen, wann, wie, was und warum … Und wie jedes Jahr ist der Rasen des Nachbarn viel besser.
Da ich der Meinung bin, ein makelloser Rasen ist, angesichts des immensen Aufwands und der ökologischen Nebenwirkungen, nicht mehr zeitgemäß, versuche ich zu argumentieren und mache klar, wo für mich eine Grenze ist. Herbizide werde ich nicht anwenden, egal ob zugelassen oder nicht, vor allem da auch der Nutzen nur sehr temporär ist.
Gerade ältere Kunden verbinden mit dem Rasen auch noch die Wirkung von dessen Aussehen auf die Nachbarschaft. Ich finde es schade, dass man bei diesem Thema mit rationalem Denken nicht sehr weit kommt, aber ich versuche mich zu arrangieren. Für uns ist inzwischen Rasenpflege ein fester Bestandteil im Programm, bei einem zunehmenden Dienstleistungsanteil unserer Arbeiten.
Was ich sehr bedaure, ist, dass die ganze Bandbreite an Möglichkeiten, vom Rasen mit Mikrokleeanteil, Kräuterrasen, Landschaftsrasen bis hin zu Dauerwiese, Staudenanlage und Obstwiese, kaum angenommen wird. Schon allein das Wort Klee löst erhebliche Emotionen aus. Wie immer: Aufgeben gilt nicht und zum Thema Kommunikation gibt es immer was zu verbessern. Auch bei profanen Gedanken zum Rasen.
von Georg Dangel betreibt die Firma Natur und Form GaLaBau in March.Die Gartenpflege hat viel Potenzial, wir stellen eine vermehrte Nachfrage nach hochwertiger Beratung und Pflege fest. Hier geht der Trend ganz klar zum Allround-Outdoordienstleister. Rasen ist bei vielen Kunden ein Dauerthema, und einige Kunden haben höchste Ansprüche, die in Berlin mit den vielen schwierigen Standortbedingungen nur sehr aufwendig zu erfüllen sind! Einige Kunden kommen von sich aus und möchten Ideen für gestalterische Alternativen, und den ein oder anderen kann man auch überzeugen, den Rasen abzuschaffen. Wenn kleine Kinder im Haus sind, wird es immer schwierig zu argumentieren, da viele Eltern gerne Spielmöglichkeiten im eigenen Garten haben möchten. Mähroboter sind nach wie vor verbreitet, werden nicht bewusst abgeschafft. Bei Neugestaltungen von großen Grundstücken mit großen Rasenflächen sind Mähroboter bei Kunden, die nicht ökologisch orientiert sind, nach wie vor stark nachgefragt. Ebenso Beregnungsanlagen, sie gehören auch in der Regel zur Wunschliste. Wir stellen aber durchaus auch mehr Anfragen nach Regenwassermanagement/Zisternenbau fest.
von Andrea Jeremias ist in der Geschäftsführung von „Das Reservat“ in Berlin.Rasenberatung: Abweichen von 0815-Rasenbetreuung! Erklären, wenn Rasen überaltert ist und Standard-Pflege wie das Vertikutieren nicht mehr den Rasen rettet und ein schöner Rasen unerreichbar ist. Mit der Pflege lässt sich noch etwas verdienen. Dem Kunden verkaufen, dass das Äußere die Seele des Menschen anrührt – im positiven Sinn, wenn’s gut ist, und belastend, wenn der Zustand des Gartens einen nur noch betrübt oder kräfte- oder zeitmäßig überfordert.
Wir bieten keine Leistungen rund um das autonome Mähen an, sind reiner Dienstleister. Wir weisen Kunden auf das Problem hin, dass Mähroboter eine Gefahr für Igel und andere Kleintiere sind, aber es gibt ja Maßnahmen, um Gefahren zu vermeiden. Wir bieten Alternativen zum Rasen an. Zuerst für die Arbeitsgänge, bei denen der Mähroboter überfordert ist: Kanten schneiden und stechen, vermooste oder lückige Stellen verbessern oder ähnliches. Viel lieber aber mit der Umgestaltung des Grundstücks, zum Beispiel in eine Bienenweide – ist etwas fürs Auge und fürs Portemonnaie. Herausnahme von Rasenflächen, wenn mit bodendeckenden Bepflanzungen der Pflegeaufwand überschaubar wird und wieder: etwas für das Auge und die Seele tun! Aus dem Angebot ein „Mach“ werden zu lassen, erfordert viel Fingerspitzengefühl, Zeit und Expertise. Aber: Ich bin doch beglückt, wenn dem Kunden etwas gefällt und seine Nachbarn, Familie, Freunde/Kollegen … ermutigt, dem nachzueifern. Und bin erstaunt, wie oft das Geld nicht das entscheidende Kriterium ist.
von Traugott Kleinwächter betreibt einen Hausmeisterdienst in Eutin.Wir mähen nur bei Stammkunden den Rasen, in Gärten, die wir meist auch in der Jahrespflege haben. Und ja, es lässt sich mit Pflege Geld verdienen – sonst würden wir es nicht machen. Automower vertreiben wir nicht, lehnen sie und raten auch von ihnen ab. Wir weisen unsere Kunden im Beratungsgespräch natürlich auf die ökologischen Folgeschäden hin.
Immer mehr Kunden können wir davon überzeugen, im April den Rasen nur partiell zu mähen, einfach um genügend Blütenpflanzen für Insekten zu schonen. Auch die Anlage von Blühwiesen wird häufiger nachgefragt. Alternativ werden Teile der Rasenfläche komplett aus der regelmäßigen Mahd herausgenommen.
von Toni Limburg führt den GaLaBau-Betrieb Grünplan in Friedland.Wir leiten unsere Kunden in der Rasenpflege gut an und die meisten Rasenflächen sehen auch nach Jahren noch sehr gut aus. Ein Roboter unterstützt bei den Mäharbeiten und man sieht es der Rasenfläche deutlich an, wenn sie regelmäßig gemäht wird. Außerdem ist es für viele Menschen entspannend, dem Roboter beim Arbeiten zuzusehen. Wir installieren die Roboter in vielen Gärten mit oder verlegen zumindest die Begrenzungskabel. Wir programmieren die Einsatzzeiten auf tagsüber, sodass die Gefahr für Kleintiere minimiert ist.
von Karin Nonnenmann und ihr Mann führen einen Betrieb in Mühlacker.In vielen Fällen raten wir von einer Rasenfläche ab und planen stattdessen eine Pflanzfläche, aber das ist abhängig von der Grundstücksgröße, dem Alter und den Ansprüchen der Kundschaft. Mit Rasenpflege lässt sich kaum Geld verdienen, da es entweder selbst gemacht wird oder Nebenerwerbskräfte, oft ungelernte Kräfte, mit unwirtschaftlichen Preisen diesen Markt bedienen.
Autonome Mäher bieten wir nicht mehr an. Wir haben zwei Partner mit jeweils unterschiedlichen Produkten, die von uns vermittelt werden. Ambrogio und Husqvarna werden von uns empfohlen. Wir haben in 25 Jahren noch nie erlebt, dass in einem unserer Gärten ein Tier zu Schaden gekommen ist. Selbst Meerschweinchen der Kinder haben nie ein Problem damit gehabt. Für Amphibien unter anderem sehen wir Probleme, die wir durch Tagfahrten und Regenabschaltung umgehen. Einige Kunden konnten wir zu deren Zufriedenheit von Pflanzflächen statt der Rasenfläche überzeugen.
von Oliver Prell und seine Frau sind Inhaber eines Betriebs in Pettstadt.Wir legen gar keine Rasenflächen mehr an und raten den Kunden zu mehr Biodiversität im Garten durch Erstellen von Blühwiesen oder Staudenflächen. Ein schwerer Weg, da sich das Bild des englischen Rasens, einer Monokultur par excellence doch immer noch im kollektiven Gedächtnis, vielleicht sogar in der Genetik des deutschen Gartenbesitzers verankert hat. Aber mancher ist lernfähig, und spätestens wenn man ohne Moosfrust oder Löwenzahnvernichter durch Staudenbeete oder Blumenwiesen wandelt, weiß der Kunde, dass er alles richtig gemacht hat. Leider gibt es die Branche der Igelschredder und Verfechter autonomer Biodiversitätsvernichter. Hier scheint es ungeachtet des Rückgangs der Artenvielfalt einen riesigen Boom zu geben.
von Frank Schroeder betreibt mit seiner Frau die Gartenmanufaktur in Lindlar.Eine Rasenfläche ist bei den meisten unserer Kunden gefragt, gerade bei größeren Gärten ist die Rasenfläche ein wichtiger Gestaltungsaspekt. Aber auch bei kleinen Gärten hilft die Rasenfläche, Tiefe zu bekommen. Wir weisen jedoch auf den hohen Pflege- und Wasserbedarf hin. Der Anteil vom Rasenschnitt ist in der allgemeinen Pflege deutlich zurückgegangen. Jedoch bieten wir unseren Kunden bisher auch nicht die Sanierung durch Belüftung oder Besandung an, wo sicherlich Geld verdient werden kann.
Im Gesamtpaket des Gartens bieten wir immer einen Automower mit an. Hier arbeiten wir mit einem Partnerbetrieb zusammen, welcher für uns die Automower von Husqvarna installiert. Wir weisen unsere Kunden darauf hin, dass die Mäher nicht nachts laufen sollen.
Alternativen zu Rasen kommen bei uns nur in kleineren Gärten zum Tragen, etwa Waldsteinia oder Thymus. Diese werden vom Kunden gut angenommen, jedoch wird hier auf die geringe Belastbarkeit hingewiesen.
von Malte Leucht ist selbstständiger Landschaftsgärtner in Stuhr.Für schattige oder trockene Gartenbereiche sind Stauden die bessere Wahl: Sie kommen mit extremen Bedingungen klar, benötigen weniger Wasser und schaffen artenreiche, attraktive Flächen dort, wo Rasen versagt.
von Xandl Schmidhammer ist Chef von Hameter Stauden in Baumgarten/A.
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