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Wildflorie OG in Scharnstein/Oberösterreich

Bewusst anders sein

Nach ihrem abgeschlossenen Masterstudium der Landschaftsplanung- und Landschaftsarchitektur an der Boku Wien machte sich Elsa Triebaumer zusammen mit Lisa Hartleitner vor zehn Jahren selbstständig. Zusammen sind sie Wildflorie und bieten Gartenplanung, Gartenbau und florale Gestaltungen mit regional und giftfrei produzierten Schnittblumen an. Bei den „Gärten des Jahres“ war die Oberösterreicherin dieses Jahr mit dabei.

von Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU erschienen am 27.10.2025
Elsa Triebaumer mit einem aktuellen Projekt © Tjards Wendebourg, Redaktion DEGA GALABAU
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Elsa Triebaumer schaut über ihren Plan und entschuldigt sich für den ramponierten Zustand der Unterlage: „Das ist meine Baustellenversion“, sagt die 41-Jährige über das Planwerk zur Gestaltung einer gewerblichen Außenanlage. Für einen Möbelhersteller in Oberösterreich soll nach dem Neubau eines Verwaltungsgebäudes in Holzbauweise ein naturnaher Firmengarten entstehen. Für Elsa Triebaumer ist es ein Großprojekt. Sie hat für den Kunden bereits die Außenmöbel entworfen, welche als Prototypen schon existieren und als pulverbeschichtete Stahlrohrmöbel mit regionaler Lärchenlattung ausgeführt wurden. Jetzt will sie mit dem Aushub ein neues Oberflächenplanum herstellen und dabei möglichst ohne Materialtransporte auskommen. Die beim Bau des Gebäudes freigelegten Findlinge verschiedener Gesteinsarten werden in den neu gebauten Garten integriert.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen war auch das Motiv der Firmengründung von Wildflorie und zieht sich bis heute durch die Arbeit der Gartengestalterin: Kein Plastik im Boden, so wenig Transporte wie möglich, europäische Steine, Recyclingmaterialien, Lärche aus Österreich, kein mineralischer Dünger, keine Pestizide und ganz viele Pflanzen – so lesen sich quasi die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Wildflorie. „Gleich mit der Auftragsbestätigung kommen unsere sozialen Mindeststandards: kein Tropenholz und keine Steine aus Übersee“, erzählt Triebaumer. „Wenn man das ein bisschen erklärt, klappt das immer.“

„Ich bin in einer Nische aus Ökologie und Design und in dieser Nische fühle ich mich ausgesprochen wohl.“ Elsa Triebaumer

Mit dem BOKU-Studium gestartet

Eigentlich wollte Elsa Triebaumer in die Landschaftsarchitektur. „Am Ende des Studiums hatte ich ein bisschen die Nase voll von den ganzen Planbesprechungen an der Uni und dem Zerreißen von den Entwürfen“, meint sie und gibt zu, dass sie sich von der Studienendphase ausgelaugt gefühlt habe. Da sie schon während des Studiums und nach dem Abschluss Berufserfahrung gesammelt hatte, konnte sie sich von der Wirtschaftskammer (WKÖ) als Garten- und Grünflächengestalterin anerkennen lassen. 2016 machte sie sich dann mit Lisa Hartleitner – Gärtner- (Ritzlhof) und Floristmeisterin – selbstständig; eigentlich mit dem Plan, ökologische Schnittblumen zu kultivieren und zu verkaufen. Mittlerweile ergänzen neben den Gründerinnen noch zwei Teilzeit-Gärtner und eine Zeichnerin das kleine Team und sie machen beides: nachhaltigen Blumenanbau und Floristik – darum kümmert sich Lisa Hartleitner – und nachhaltige Gestaltung. Und bei dieser kleinen, überschaubaren Struktur soll es auch bleiben.

Für die Firmengründung war auch entscheidend, dass Elsa Triebaumer alles andere als zufrieden mit dem war, was sie bei anderen Betrieben auf der Baustelle sah: „Was da im GaLaBau an Kunststoff verbaut wird – da haben wir gesagt, so können wir als Branche nicht weitermachen“, erklärt sie und blickt damit auf ihre Erfahrungen mit zerbröselnden, Mikroplastik freisetzenden Baustoffen, wie Vliese oder Folien. Auch ein Grund, weshalb Elsa Triebaumer die Finger von Wasseranlagen lässt. „Ich finde, die Leute sollen ins Freibad oder in den See gehen. Das Budget gehört den Pflanzen“, lacht sie. In einem Land, in dem der Schwimmteich erfunden wurde, ist das eine mutige Aussage. Wo Schwimmteiche oder Biopools gewünscht werden, arbeitet Wildflorie mit spezialisierten Betrieben zusammen.

Neuland mit Stauden

Einer der ersten Aufträge für die junge Firma war die Neuerrichtung eines Beetes am Ortsplatz der Heimatgemeinde mit Staudenmischpflanzung. „Das war damals tatsächlich noch sehr ungewöhnlich, weil wir ja nicht im urbanen Bereich gearbeitet haben, sondern kurz vorm Talschluss“, lacht Triebaumer. Als der Fremdenverkehrsverein feststellen musste, dass es weder Eisbegonien noch Geranien geben würde, mussten die Verantwortlichen im ländlichen Oberösterreich erst mal trocken schlucken. „Ein kiesgemulchtes Staudenbeet ist im ersten Jahr natürlich auch nur mäßig üppig“, kommentiert die Gestalterin die enttäuschten Erwartungen. „Ich habe aber von Anfang an sehr viele Unterstützerinnen und Unterstützer gehabt, die das cool gefunden haben“, ergänzt sie. Und dann habe sich über die Jahre tatsächlich die Ästhetik in dem kleinen Ort verändert. Vielfältige Staudenpflanzungen sind seitdem ein Markenzeichen von Wildflorie; am liebsten mit 10 bis 14 Pflanzen/m² mit Blumenzwiebeln on top und einer mineralischen Mulchschicht 4/8 oder 2/5 je nach Einsatzbereich, aber immer Kantkorn. „Ich finde ja Blockpflanzungen aus wenigen Arten ästhetisch schön. Aber ich schaffe es einfach nicht. Es wird immer eine Mischpflanzung“, lacht die Gestalterin. Spätestens in der Staudengärtnerei sei es um die Reduktion geschehen.

„Ich finde einen Gemüsegarten ein wesentlich wichtigeres ästhetisches Element für einen Garten als einen Pool.“ Elsa Triebaumer

Alles auf Kooperation

Während Wildflorie sämtliche Pflanzungen und kleinere bautechnische Gewerke selbst umsetzt, werden größere Pflasterflächen oder Holzbauwerke ebenso vergeben wie der Erdbau und Wasseranlagen. Elsa Triebaumer setzt auf ein Netzwerk lokaler Unternehmen, mit denen sie einen engen Austausch und langjährige Zusammenarbeit pflegt. „Ich finde, es geht auf der Baustelle darum, dass wirklich alle miteinander reden“, meint sie. Nichts gehe deshalb über Baubesprechungen. „Ich brauche immer jemanden aus der Installation, der Elektrik, der Bauleitung oder dem Pflasterbetrieb. Es müssen alle da sein, zusammenkommen und darüber reden, wie bestimmte Situationen für alle gut gelöst werden können“, findet die Planerin. Arroganz sei dagegen vollkommen unangebracht, meint sie. Schließlich gehe es darum, die beste Lösung zu finden und da sei die Kompetenz der einzelnen Gewerke ungeheuer hilfreich.

Am Anfang sei es bei Zusammentreffen mit Polieren und Baumeistern gelegentlich schwierig gewesen. Da sei sie als Frau bei Baubesprechungen gerne auf die Probe gestellt worden. „Die Landschaftsarchitektur war ja auch keine Disziplin, um die sich irgendwer geschert hat“, blickt sie zurück. „Und dann bin ich noch so ein Hybrid zwischen Gärtnerin und Landschaftsarchitektin.“ Mittlerweile habe sich das Ansehen des Berufs aber im Allgemeinen deutlich gebessert.

Das Gespür für das Richtige

Was Elsa Triebaumer aus der Landschaftsarchitektur mitbringt, ist das Gespür für den „Genius Loci“ – den Geist des Ortes. Während im GaLaBau oft eine Kundenwunschliste abgearbeitet wird und bekannte Module von der Stange zum Einsatz kommen, sucht das Gartendesign die beste Lösung für einen Ort. Für Elsa Triebaumer gehört dazu, die vorhandene Vegetation, die bereits verbauten Materialien, den Boden vor Ort, die umgebende Landschaft und die Architektur ins Konzept mit einzubinden. Wo möglich, versucht sie, mit dem zu arbeiten, was sie vorfindet und entwickelt aus dem Vorhandenen, den Kundenwünschen und den Möglichkeiten einen Entwurf, der genau auf den Freiraum und zu den Nutzenden passt. Mit diesem Ansatz hat sie es mit dem eingereichten Projekt auch zur Aufnahme in das Buch „Gärten des Jahres“ geschafft. Bei dem Wettbewerb ist das Unternehmen heuer zum zweiten Mal mit Projekten dabei. Das „Gärten-des-Jahres“-Logo hat sie in ihre Mailsignatur übernommen und festgestellt, dass sie seitdem anders wahrgenommen wird. „Ich würde sagen, die Wahrnehmung unserer Arbeit hat sich durch den Preis aus Deutschland enorm verbessert“, freut sie sich. Rund zehn Gartenprojekte realisiert das Team im Jahr, darunter maximal ein bis zwei große Projekte. Der Gemüsegarten hat bei Wildflorie-Projekten immer einen hohen Stellenwert, auch wenn er manchmal nur in sehr reduzierter Form vorkommt. „Wir ermuntern unsere Auftraggeberinnen und Auftraggeber immer, auch selbst Kulturversuche zu machen.“

Die Planung kostet

„Die Planung ist bei uns weder gratis, noch wird sie bei Bauauftrag angerechnet“, erklärt Triebaumer. „Ich bin oft drei bis fünfmal vor Ort, bevor ich überhaupt den ersten Entwurf machen kann. Außerdem arbeitet eine Architektin für mich in der maßstäblichen Erstellung der Pläne auf Grundlagen meiner Skizzen und Entwürfe – weshalb sollte das gratis sein?“, fragt sie. Es brauche mehr Zeit für gutes Design und gute Gestaltung. „Es muss einfach klar sein, dass man einen Gartenplan nicht in zwei Stunden auf den Tisch schmeißt“, wirbt sie für eine intensive Auseinandersetzung mit lokaler Situation und Kundschaft. Auch später ist sie fast immer auf der Baustelle mit dabei – nicht, weil sie muss, sondern, weil sie es möchte. „Die Umsetzung ist doch fast wie ein Keimungsprozess“, findet sie. Papier sei ja geduldig. Da verändere sich bei der Umsetzung in die Realität immer etwas. Pflanzen ließen sich dann vor Ort ohnehin am besten platzieren, wenn sich genau abschätzen lässt, was wo genau am besten wirkt. „Eine Linde ist nicht gleich eine Linde, jeder Baum hat seinen Charakter.“ Und diesen möchte sie optimal zur Geltung bringen. Das lässt sich über den Plan kaum genau bestimmen.

Für ihr aktuelles Projekt hat die Planerin die befreundete Buchautorin Katrin Lugerbauer für einige Beratungsstunden hinzugezogen, die ihre Erfahrungen mit lebendigen naturnahen Pflanzungen mit einbringt. Austausch mit Fachleuten, die emotional nicht in das Projekt eingebunden sind, sind ihr eine wertvolle Unterstützung.

„Das Schöne an der Teuerung ist, dass die Pflanzen jetzt nicht mehr so hervorstechen.“ Elsa Triebaumer

Bäume als Schattenspender

„Mein Wunsch an die Branche ist, die Verbindung mit den Pflanzen stärker herzustellen“, wirbt Triebaumer für mehr grüne Kompetenz. Auch im Hinblick auf die Anpassung an höhere Temperaturen seien Pflanzen für sie die beste Wahl. „Mich fragt selten jemand nach einem Sonnensegel. Meine Kundinnen und Kunden wissen, wie lässig das ist, im Sommer unter einem Baum sitzen zu können“, meint sie. Nach dem ersten Hitzetag würden viele dann eh anrufen und Bäume bestellen, schmunzelt die Planerin. Dabei hat sich auch in Oberösterreich das Portfolio geeigneter Pflanzen bereits verändert. Maulbeeren, Kaki, Pfirsiche und Feigen sind selbst am Gebirgsrand feste Bestandteile des Sortiments. Reklamationen hat sie kaum: „Das liegt vielleicht daran, weil wir der Folgepflege sehr viel Wert beimessen. So verstehe ich meinen Job“, erklärt sie.

Manchmal gerät die Planerin beim Pflanzen auch in Konflikt mit den Normen – etwa bei bepflanzten Sickermulden. „Es gibt bei uns noch keine klare Empfehlung für die Verwendung von Stauden in Sickermulden.“

Durch regelmäßige Weiterbildungsveranstaltungen und sehr viel Fachlektüre hält sich die Planerin auf dem Laufenden. Und diesen Winter wird sie selbst erneut zur Referentin: Ab Dezember 2026 gibt sie beim Wifi Unterricht für außerordentliche Lehrlinge und teilt ihre Expertise und Erfahrung mit jenen, die die Branche in Zukunft mitgestalten werden. Dabei kann sie den Teilnehmenden auch einige ihrer Lieblingsbücher empfehlen. Davon sind nicht wenige aus dem Ulmer Verlag. „Design trifft Natur“ etwa von Piet Oudolf, „Hier wächst nichts“ von Pfenningschmidt/Reif, aber auch „Avantgardening“ von Matschiess stehen in ihrer Bibliothek als oft genutzte Nachschlagewerke bereit.

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Lisa Hartleitner & DI Elsa Triebaumer Mühldorf 22, A-4644 Scharnstein +43 0664 358 61 28 triebaumer@wildflorie.at

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