
Drei Projekte für Österreich
Die HBLFA verfolgt aktuell drei Projekte mit großer Relevanz für die Gestaltung urbaner Bereiche. Neben einer Forschungsarbeit zur Schwammstadt, sichtet die HBLFA das Spireaa-Sortiment und forscht an Staudenmischpflanzungen für den öffentlichen (und privaten) Freiraum. Zwei weitere Forschungsvorhaben haben bereits begonnen.
von HBLFA/Red erschienen am 31.10.2025Bei der Arbeit zur Schwammstadt geht es um Struktursubstrate als durchwurzelbarer und retentionsfähiger Unterbau sowie um Baumstandorte im Lysimeter und in Fahrbahnnebenflächen.
Dabei ist das System Schwammstadt für Bäume eine spezielle Blau-Grüne-Infrastrukturmaßnahme, die neben dem dezentralen Rückhalt von Niederschlagswasser im verbauten Siedlungsraum auch das Potenzial hat, die Vitalität und Wachstumschancen von Bäumen maßgeblich zu verbessern. Das System ist modular zusammengesetzt, die Kernelemente sind die Baumgrube, das Schwammstadtsubstrat und ein Leitungs- und Verteilsystem für Wasser und Luft. Im deutschsprachigen Baubetrieb wird das hier als Schwammstadtsubstrat titulierte Element auch als Struktursubstrat, Stockholmsubstrat oder Skeletterde bezeichnet. Dafür wird Kantkorn (Grobschlag, Grobsplitt, Bruchschotter) der Körnung 100/150 oder ähnlicher Kornabstufungen aus beständigem Gestein eingebracht und verdichtet. Dieses ineinander verkeilte Korngerüst stellt auf Grund seiner groben und enggestuften Körnung Hohlräume bereit, die Platz für die Entwicklung der Wurzeln bieten. Eine Feinsubstratmischung, die anschließend mit Druck und Wasser eingeschlämmt wird, bettet sich dauerhaft unverdichtet in diese Hohlräume ein und stellt die Speicherkomponente für pflanzenverfügbares Bodenwasser dar.
1Obwohl bereits einige Projekte dieser Art in Österreich umgesetzt wurden, gibt es noch viele offene Fragen und Unklarheiten zur Dimensionierung, Planung und Ausführung des Systems und vor allem Potenzial für die Optimierung, sodass die Multifunktionalität in größtmöglichem Ausmaß erfüllt werden kann. Basierend auf Erkenntnissen aus bodenhydrologischen Laboruntersuchungen des Schwammstadtsubstrats und aus etablierten und bereits mehrjährig betriebenen Monitoring-Projekten im Reallabor- und Straßenraummaßstab wurde von der HBLFA für Gartenbau in Kooperation mit dem Bundesamt für Wasserwirtschaft, dem Verein Land schafft Wasser, Stefan Schmidt Landschaftsgestaltung, 3:0 Landschaftsarchitektur und Karl Grimm Landschaftsarchitekten zwischen 2019 und 2024 ein Versuch zu diesem Thema durchgeführt.
Prozesse müssen verbunden werden
Das System Schwammstadt für Bäume stellt eine interessante Maßnahme aus dem Katalog der Blau-Grünen-Infrastrukturmaßnahmen dar, die sich durch ihre Multifunktionalität und einen modularen Aufbau mit großem Gestaltungsspielraum auszeichnet. Ein wesentlicher Ansatz bei der Planung und Dimensionierung ist es, die verschiedenen Elemente und damit verbundenen hydrologischen Prozesse zielgerichtet miteinander zu verbinden, sodass sich Synergien ergeben und das volle Potenzial des Systems genutzt werden kann. Mittelfristiges Ziel ist es, belastbare Leitfäden zur Dimensionierung und Ausführung auszuarbeiten. Um das bestmögliche Ergebnis mit der größtmöglichen Multifunktionalität, die auch ästhetische und biodiverse Aspekte einschließt, zu erzielen, scheint es sinnvoll, eine enge Zusammenarbeit zwischen Planenden der Siedlungswasserwirtschaft, des Straßenbaus und der Landschaftsarchitektur anzustreben.
2Kleinwüchsige Spiraeen im Test
Die Eurotrialgruppe sichtet seit mehreren Jahren kleinwüchsige Gehölzsortimente. Gemeinsam werden gleiche Sortimente an zehn Standorten bonitiert (Belgien, 2x in Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Island, Niederlande und Österreich), wobei der Versuchsgarten in Wien am südlichsten gelegen ist und somit der höchsten sommerlichen Strahlungsintensität unterliegt. Diese Sichtungen zielen darauf ab, die Verwendung hochwertiger Sorten in den Sichtungsländern zu fördern und zu propagieren. Ein hoher Zierwert von Spiersträuchern ist für Produzentinnen und Produzenten wie auch für die Endverbraucherinnen und Endverbraucher von großer Bedeutung. Besonderes Augenmerk wurde daher auf die Entwicklungsdynamik im Jahresverlauf von Knospen, Blättern und deren Deckungsgrad, Blütenständen, dem Zierwert außerhalb der Vegetationsperiode, sowie auf die Bienenfreundlichkeit gelegt.
Fünf Jahre Sichtung
An der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau (HBLFA) und Österreichische Bundesgärten in Wien wurde im Jahr 2018 ein Langzeitversuch mit kleinwüchsigen bienenfreundlichen Spiersträuchern (Spiraea) eingerichtet. 43 Spiraea-Arten und -Sorten wurden vom „National Resources Institute Finland“ (LUKE) gesammelt, vermehrt und zur Verfügung gestellt. Im Oktober 2018 wurden die Pflanzen in unterschiedlichen Containern (0,5 – 1,5 L) geliefert und prompt ausgepflanzt. Je vier Pflanzen einer Sorte bzw. Art gedeihen in Tuffs von je einem Quadratmeter, somit ist der Deckungsgrad im Pflanzverband mess- und vergleichbar. Zwischen den einzelnen Tuffs wurden Revisionsgänge angelegt, welche die Pflege und eine regelmäßige Bonitierung vereinfachten. Die gleiche Versuchsreihe wurde in den anderen Sichtungsgärten der Eurotrialgruppe äquivalent (sinngemäß) angelegt. Alle Pflanzen mit Ausnahme von Spiraea betulifolia wurden jeden Frühling zurückgeschnitten. Die Dokumentation erfolgt nach dem international verwendeten System: gute Sorten (*), sehr gute (**) und ausgezeichnete (***). Jene Sorten, die aufgrund bestimmter Merkmale ein Alleinstellungsmerkmal im Sortiment haben und somit einen speziellen Verwendungszweck (z.B. Bodendecker) erfüllen, werden mit „S“ gekennzeichnet. Mit „O“ gekennzeichnete Sorten können aus dem Handel genommen werden, da Sorten mit besseren Eigenschaften zur Verfügung stehen. Die endgültige Abstimmung und internationale Auswertung der Daten erfolgten im Herbst 2022 bis Frühjahr 2023.
Wertvolle Bienenweiden
Spiersträucher bestechen durch ihren hohen Zierwert während des gesamten Jahres undkönnen als exzellente Nahrungsquelle für Bienen angesehen werden. Unterschiedliche Wuchscharakteristiken ermöglichen eine Vielzahl an gestalterischen Verwendungszwecken. Unter den 43 getesteten Sorten bzw. Arten erzielten viele gute Ergebnisse. In Wien sind nur wenige im gesamten Jahresverlauf als besonders attraktiv aufgefallen, darunter: Spiraea japonica 'Little Princess', 'Walbuma' (= 'Magic Carpet'), 'Anthony Waterer', 'Lilly', 'Manon', 'Neon Flash', 'Double Play Red' und 'Double Play Big Bang' sowie Spiraea densiflora und Spiraea decumbens. Diese Sorten bzw. Arten zeigten sich erwartungsgetreu robust und pflegeleicht. Sie werden in Zukunft ein wichtiger Bestandteil in der gärtnerischen Gestaltung sein.
3Stauden für den Wiener Straßenraum
Auf Grund der künftigen Herausforderungen durch den anthropogen verursachten Klimawandel werden in der Stadtbegrünung klimaresiliente und trockenheitsverträgliche Pflanzensysteme sowie sorgfältiger Umgang mit Wasser immer bedeutsamer. Ziel des Projekts ist die Weiterentwicklung der von den Wiener Stadtgärten verwendeten Staudenmischungen für die Verwendung in Splittbeeten. Die Wiener Stadtgärten haben bereits von Versuchsanstalten, Hochschulen und Gartenämtern in Deutschland entwickelte, geprüfte und publizierte Mischungen für Wiener Standorte angepasst; eine Mischung wurde eigenständig entwickelt.
Im Projekt werden trockenheits-angepasste, besonders für Splittbeete geeignete Varianten der Mischungen entwickelt. Im Versuch wurden in enger Zusammenarbeit mit den Wiener Stadtgärten bereits für Straßenstandorte entwickelte Mischungen für Splittbeete adaptiert und über einen Zeitraum von fünf Jahren bonitiert. Die Mischungen wurden in Probebeeten im Gelände der HBLFA in der Jägerhausgasse sowie in etwas geänderter Zusammensetzung auf dem Gelände der Wiener Stadtgärten in Hirschstetten geprüft. In der HBLFA waren dies folgende Staudenmischungen: - Bensheimer Mischung (adaptiert) - Bensheimer Mischung (adaptiert) mit hoher Pflanzdichte - Blütentraum (adaptiert) - Kleiner Indianersommer (adaptiert) - Rote Mischung (adaptiert) - Tanz der Gräser (adaptiert). Der Versuch hat gezeigt, dass Staudenmischpflanzungen bei geringerem Pflegeaufwand und Wasserverbrauch eine optisch und gestalterisch ansprechende Alternative zu den klassischen, pflegeintensiven Zierpflanzungen der letzten Jahrzehnte darstellen.
Bensheimer Mischungen erwiesen sich als gut
Grundsätzlich haben sich innerhalb des beobachteten Zeitraums die von der HBLFA „adaptierte Bensheimer Mischung“ und die „adaptierte Bensheimer Mischung mit hoher Dichte“ als dauerhafte und höhentechnisch ausgewogene Pflanzenzusammensetzung sehr gut bewährt. Diese Mischungen können nahezu unverändert übernommen werden. Bei den anderen Staudenmischungen wird eine Modifikation notwendig werden.
Zwei weitere Versuche in Planung
Derzeit laufen Vorbereitungen für zwei weitere Versuche. So soll einerseits eine Sichtung klimaangepasster Straßen- und Stadtbäume in Baumsubstrat und Schwammstadtsubstrat getestet werden. Auf der anderen Seite laufen Experimente mit Urbanen Miniwäldern (Tiby Forests).
Im Projekt klimaangepasster Straßen- und Stadtbäume sollen an den Standorten Wien, Graz und Innsbruck je 25 trockenheitsverträgliche, klimafeste Straßen- und Stadtbäume auf ihre Eignung geprüft werden um in Zukunft ein erweitertes alternatives Repertoire zum klassischen Straßenbaum zur Verfügung zu haben. Wir richten unser Hauptaugenmerk bei der Suche nach neuen Stadtbäumen auf Arten der nördlichen Hemisphäre mit hoher Trockenheitstoleranz und im Besonderen auf Arten des südosteuropäischen Raumes. Die 25 Baumarten werden in die lokalen Baumsubstrate sowie eine Auswahl davon in Schwammstadtsubstrate gepflanzt. Eine mehrjährige Bonitierung am Standort der HBLFA für Gartenbau, Außenstelle Jägerhausgasse sowie in Graz und im Hofgarten in Innsbruck soll die Eignung unter den vorherrschenden Klimabedingungen zeigen. Im weiteren Verlauf des Projekts sollen die Baumarten auch an Straßenstandorten auf ihre Klimastresstoleranz getestet werden. Die Frage der klimafesten Bäume für historische Gärten soll ebenfalls miteinbezogen werden.
Miniwälder sind dichte Anpflanzungen mit Bäumen und Sträuchern auf kleinen, begrenzten Flächen (üblicherweise unter 1.000 m2). Sie gewinnen als innovative Lösung in der Stadtbegrünung zunehmend sowohl an Beliebtheit und kommen mit vielen Versprechungen und Annahmen. Die Idee zu Miniwäldern stammt ursprünglich aus Japan und wird als “Miyawaki-Methode” bezeichnet, da sie von dem Botaniker Akira Miyawaki entwickelt wurde. Wissenschaftliche Forschung zu Miniwäldern im verbauten Gebiet ist dringend notwendig, um diese neue Begrünungsmaßnahmen sowohl natur- als auch sozialwissenschaftlich zu untersuchen. Die Ziele dieses Forschungsprojektes sind einerseits die Rolle von Miniwäldern für den Klimaschutz und die Klimawandelanpassung zu untersuchen als auch ihren Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und des menschlichen Wohlergehens zu erforschen.
Zur Erreichung dieser Ziele werden drei Miniwälder mit einem für den jeweiligen Standort entworfenen Bepflanzungsplan mit verschiedenem Ausgangsmaterial angelegt. Eine Fläche befindet sich in Wiener Neustadt (der trockensten Stadt Österreichs) und in Wien auf zwei Flächen der österreichischen Bundesgärten. Es wird regionales Pflanzmaterial bzw. Herkünfte aus südosteuropäischen Gebieten verwendet, das besser mit den zukünftig erwarteten klimatischen Bedingungen zurechtkommen soll. Die folgende Evaluierung umfasst a) die Klimaeignung der Auspflanzungen, b) die Auswirkungen auf das Mikroklima und die Feinstaubbelastung, c) die potentielle ober- und unterirdische Kohlenstoffbindung, sowie d) die Untersuchung der Artenvielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt. Auch auf soziale Fragestellungen wird eingegangen, wie z.B. die Akzeptanz und Nutzung der Miniwälder durch die Bevölkerung als grüne Erholungs- und Bildungsorte, da die Berücksichtigung der Bedürfnisse von städtischen Anrainern essentiell sind für den langfristigen Erfolg von Miniwäldern in urbanen Gebieten. Insgesamt strebt dieses Forschungsprojekt an, ein wissenschaftlich fundiertes, sozial-ökologisches Monitoring durchzuführen, um die vielfältigen Ökosystemleistungen der Miniwälder umfassend zu bewerten. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, das Verständnis für Miniwälder zu vertiefen. Hürden für die Umsetzung von neuen Miniwaldprojekten, besonders in Österreich, sollen durch mehr Know-how und Erfahrung überwunden werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden wichtige Impulse für eine nachhaltige Stadtentwicklung und Klimaschutzmaßnahmen liefern.







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