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Hainmüller in Radolfzell

Von 2 auf 20 in fünf Jahren

Torsten Hainmüller ist 28 und hat in zehn Jahren Selbstständigkeit schon Höhen und Tiefen erlebt wie manch gestandener Firmenchef im Lauf seiner Karriere. Gestartet als 1-Mann-Unternehmen übernahm er mit 23 die Vorarbeiter seines Lehrbetriebs, stellte 20 Leute ein und musste drei Jahre später die Pleite zweier Bauträger verkraften. Er hat’s überlebt und ist fünf Jahre später mit fast der kompletten Mannschaft in einem neuen Geschäftsfeld wieder auf Gewinnkurs. Tjards Wendebourg hat sich für DEGA GALABAU das Erfolgsgeheimnis erklären lassen.

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Torsten Hainmüller sitzt an seinem Schreibtisch im „Bakura“-Gebäude im Gewerbegebiet von Radolfzell und rollt die kurze, aber intensive Firmengeschichte auf. Der Mann ist schwer persönlich zu erreichen und das gehört zum Konzept. Denn als Chef eines GaLaBau-Betriebs mit 19 Mitarbeitern hat er die Aufgaben im Unternehmen so verteilt, dass möglichst nur die wesentlichen Sachen auf seinen Schreibtisch kommen; und Terminabsprachen gehören nicht dazu.

Mit 18 Jahren selbstständig

Hainmüller hat bei einem GaLaBau-Betrieb in Radolfzell gelernt. Dass es eine Landschaftsgärtnerlehre geworden ist, sei eher zufällig gewesen, sagt der Unternehmer rückblickend: „Ich war nicht so der Baumensch und wollte, wenn schon, dann lieber Zimmermann werden“, meint Hainmüller schmunzelnd. Seine Ausbilder – die heute bei ihm Vorarbeiter sind – hätten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als sie den schmächtigen Azubi sahen, und sollen den Chef gebeten haben, den Jungen nach der Probezeit nach Hause zu schicken. Doch Hainmüller blieb. „Irgendwann hatte ich Feuer für den GaLaBau gefangen“, sagt der 28-Jährige. Er ist engagiert und ehrgeizig, gab sich nicht mit dem Lehrlingsgehalt zufrieden – das ohnehin für die Miete draufging. Samstags arbeitete er auf eigene Rechnung, mit Erlaubnis des Chefs, und seit er 18 ist auch mit Gewerbeschein. Nach der Lehre nahm der junge Mann erstmal eine 60-%-Stelle in einem anderen Betrieb an, um parallel weiter den Aufbau des eigenen Unternehmens vorantreiben zu können. Nebenbei absolvierte er die Meisterschule in Hohenheim.

Die Gewinne aus der Selbstständigkeit hat er zum Großteil in die Firma investiert, die schnell wuchs; 2006 sogar explosionsartig: Hainmüllers Lehrbetrieb war in Schieflage geraten und der Süddeutsche bekam die Chance, den Großteil seiner ehemaligen Ausbilder und Kollegen zu übernehmen. Gleichzeitig trat ein Bauträger an den Unternehmer heran und offerierte Hainmüller, als Partner für die Außenanlagen Bauaufträge zwischen 250 000 und 400 000 € im Jahr abzuwickeln. Der 23-Jährige ergriff die Gelegenheit und war plötzlich ziemlich groß; ein Fehler, wie er in der Rückschau meint: „Das ist vielleicht am Anfang noch so ein Ehrgeiz, groß zu werden; vielleicht auch ein falscher Ehrgeiz.“ Drei Immobilienunternehmen trugen zu dieser Zeit den größten Teil zum Umsatz bei. Obwohl das Geschäft gut lief, empfindet er auch das heute als falsch. „Wir hatten uns bis 2007 stark auf die Bauträgerschiene festgefahren“, meint der Unternehmer selbstkritisch. So traf es die Firma hart, als zwei der drei Bauträger zum Winter 2007/2008 in die Insolvenz schlitterten und der dritte seine Budget schlagartig zurückfahren musste. Hainmüller ging mit zwanzig Mitarbeitern in einen Winter, ohne zu wissen, wie er die Leute im Frühjahr beschäftigen sollte. Eine Viertelmillion schuldeten die zahlungsunfähigen Bauträger der GaLaBau-Firma zu diesem Zeitpunkt; und sie schulden sie Hainmüller immer noch. Der junge Unternehmer musste sein komplettes Eigenkapital – Gewinne aus seiner rentablen Kleinfirma und ein kleines Erbe – aufwenden, um wirtschaftlich zu überleben. „Ich habe in dieser Zeit intensiv überlegt, ob ich nicht alles hinschmeißen und den Finger heben soll“, sagt der Gärtnermeister über den Beinahe-Crash seines Unternehmens; und es lässt sich erahnen, dass es keine leichte Zeit war.

Wende in voller Fahrt

Drei Alternativen habe es zu dieser Zeit gegeben, resümiert Hainmüller. Statt in die Insolvenz zu gehen, war auch eine drastische Reduktion der Belegschaft oder mit einigem Aufwand auch der schnelle Wechsel in ein anderes Geschäftsfeld möglich.

Es spricht für Hainmüllers Unternehmergeist, dass er den dritten Weg – und damit den schwierigsten gewählt hat.„Ich wusste ja, dass wir wirtschaftlich arbeiten können. Daher haben wir uns für eine Strategie entschieden, möglichst schnell mit dieser Truppe die Verluste hereinzuarbeiten“, sagt der Unternehmer. Drei Monate lang habe er Tag und Nacht Listen potenzieller Kunden zusammengestellt und eine Strategie für das Privatkundengeschäft ausgetüftelt, um beim ersten Sonnenstrahl mit der ganzen Mannschaft wieder starten zu können. Im Frühjahr 2008 beteiligte sich das Unternehmen an einer Gartenmesse in Friedrichshafen und hatte zum Saisonstart tatsächlich wieder ausreichend Aufträge, um ausgelastet durch das Krisenjahr zu kommen. Hainmüller ist überzeugt, dass die Bindung zu den Mitarbeitern sein Überleben gesichert hat: „Ohne diese Mitarbeiter würde es uns wohl nicht mehr geben und wir würden auch nicht die Gewinne machen, die wir ausweisen können.“

Im Gegensatz zur Hausbank hielten auch die wichtigsten Baustofflieferanten zu dem Jungunternehmer und der verbliebene Bauträger – der auch heute noch zu den wichtigsten Kunden gehört – trug noch 30 % zur Auslastung bei. Hainmüller wiederum übte sich in Sparen und Optimieren. Er lastete die Baumaschinen bis zum geht nicht mehr aus, ersetzte Mietkleidung durch Firmenkleidung, sparte bei Anschaffung und Reparatur von Maschinen sowie Ausstattung. Bis heute sorgt ein ehemaliger Kfz-Mechaniker im Team dafür, dass selbst Lkws im Unternehmen kostengünstig repariert werden können. Hainmüller ermunterte die Mitarbeiter dazu, den Kurs durch Sparsamkeit im Verbrauch von Betriebsmitteln und durch Zusatzverkäufe mit zu tragen. Gleichzeitig setzte der Unternehmer ganz auf den Ausbau der Serviceleistung, bot Termine auch samstags und sonntags an und brachte viel Zeit für die Beratungsgespräche mit; Zeit, die viele Mitbewerber seiner Erfahrung nach nicht zu investieren bereit sind. „Jede Minute, die man mit dem Kunden verbringt, ist bares Geld“, sagt Hainmüller.

Die Rückkopplung war gut. Der Unternehmer verkauft oft mehr, als die Kunden geplant haben – auch an die, denen man nicht ansieht, dass sie viel für den Garten ausgeben. „Unsere Stärken sind die kleinen Gärten; Reihenhausgärten von 20 000, 30 000 € – wo Mitbewerber Angebote über 7 000, 8 000 € abgeben“, meint der Süddeutsche.

Die Kunden fühlen sich ganz offensichtlich gut aufgehoben. Denn die Zahl der durch Empfehlungen zustande gekommenen Aufträge hat deutlich zugenommen und der Service dürfte daran einen entscheidenden Anteil haben: „Dieser Turn hin zu den Privatgärten ging nur über die extrem überdurchschnittliche Leistung.“

Ein Teil der Baukultur

Gleichzeitig bekam Hainmüller in jenem schwierigen Jahr 2008 noch eine weitere Möglichkeit, ins Privatgartengeschäft einzusteigen. Der Fliesenhändler Pellegrino Tornetta hatte im Gewerbegebiet von Radolfzell ein Grundstück erworben, um darauf ein neues Geschäftsgebäude zu errichten. Dabei verfolgte er die Idee, als Komplettanbieter aufzutreten und in dem neuen Haus mehrere Handwerksbetriebe anzusiedeln. „Baukultur Radolfzell“ sollte das Ganze heißen, kurz „Bakura“. Er nahm einen Tür- und Parkettlieferanten mit auf und im zweiten Schritt ein Küchenstudio und Hainmüllers GaLaBau-Betrieb; Letzteren zuerst nur als Gestalter der Außenanlagen. „Man hat dann gemerkt, dass das nicht reicht. Wenn alles aus einer Hand kommen soll, dann muss auch alles da sein“, erklärt der Unternehmer, weshalb die Bakura weiter wachsen musste. Im zweiten Bauabschnitt erhielt sein Betrieb Büroräume im Haus; gemeinsam mit sechs weiteren Handwerkern und einem Architekten, der heute viele der Aufträge koordiniert. Die Unternehmen empfehlen sich gegenseitig beziehungsweise nehmen bei ihren Aufträgen die Partner mit ins Boot. Außerdem sparen die Betriebe viel Geld und Zeit für Marketing: Alles wird geteilt. „Wenn man eine Flyeraktion oder eine Veranstaltung macht – dann ist das schon ein Unterschied, ob man die ganz bezahlt oder nur zu einem Zehntel“, erklärt Hainmüller am Beispiel einer „Kulturnacht“ im Oktober: „Die war top organisiert und hat mich 500 e gekostet.“ Auch vom Zeitaufwand sei es überschaubar gewesen, „Das waren drei Stunden Arbeit, aber es war ein Riesenevent, weil jeder drei Stunden investiert hat.“

Alle drei Monate wechselt bei der Bakura der „Hutträger“; derjenige Unternehmer, der das Sagen hat. Einmal im Monat besprechen die Mitglieder, was wie gelaufen ist und welche Maßnahmen anstehen. Auch eine Qualitätskontrolle soll darüber gewährleistet werden – bis hin zum Ausschluss von Mitgliedern, die nicht mehr den versprochenen Standard des Zusammenschlusses einhalten. Beim letzten Mal war es Hainmüller, der sich Kritik gefallen lassen musste; zu Recht, wie er zugibt. Die bei der Erstellung üppige Außenanlage wirkt arg vernachlässigt und die großzügige Ausstattung mit Kübelpflanzen ist im Laufe der letzten zwei Jahre zugunsten von Aufträgen geplündert worden; alles Folgen der Sanierungsmaßnahmen zugunsten der Firmengenesung.

Optimierte Abläufe

Nach Überwinden der Krise seines jungen Unternehmens fühlt sich Hainmüller einerseits finanziell um Jahre zurückgeworfen, andererseits weiß er auch, dass seine Marktposition besser denn je ist. Er hat eine Menge Erfahrung gesammelt, hat ein eingeschworenes Team auf der Baustelle, ein optimiertes Büro und ein diversifiziertes Kundenportfolio. Die Firma ist mittlerweile darauf eingerichtet, auch kleine Aufträge schnell und effizient abzuwickeln. Wochenplanungen, die täglich nachjustiert werden, helfen, die Mitarbeiter entsprechend einzuteilen. Ein Softwaretool innerhalb der neuen Branchensoftware soll in Zukunft die Kolonnenplanung gleich innerhalb der Projektbearbeitung ermöglichen. Ein an die ISO-Zertifizierung angelehntes Organisationshandbuch legt die Abläufe für die unterschiedlichen Ereignisse fest. Und jeden Monat sollen zwei Dinge besser werden. Das haben sie sich vorgenommen, im Büro.

Kommunikation wird großgeschrieben. Es gibt festgelegte Termine für die Besprechungen im Büro und für die Besprechung mit Baustellenmitarbeitern. Die Vorarbeiter sprechen sich untereinander ab. Nicht benötigte Baumaschinen werden frei gemeldet – oder sogar dem Kollegen geliefert, sobald sie auf der eigenen Baustelle nicht mehr benötigt werden. Alles mit dem Ziel, unproduktive Stunden zu eliminieren.

Jeder Auftrag hat eine Nummer und wird nur von einem Ansprechpartner im Büro bearbeitet. Auch jede Preisanfrage ist mit der Baustellennummer versehen, sodass sie leicht einem Projekt zugeordnet werden kann. Während Hainmüller die Erstkundengespräche führt, macht Robert Hornung die Entwürfe. Der Ingenieur ist vor einem Jahr in die Firma gekommen; als Ersatz für eine reine Verwaltungskraft. Damit ist die Schlagkraft gestiegen, denn fachliche Bearbeitung und Verwaltung finden jetzt in einem Schritt statt: „Mit dem Ingenieur im Büro haben wir einen großen Sprung gemacht“, meint auch der Unternehmer. Die Sekretärin habe viel verwaltet und dadurch habe es sich manchmal gestaut. „Eine am Telefon gestellte Frage aufzuschreiben dauert fast so lange, wie sie zu beantworten“, meint Hainmüller.

Zeitgleich mit der Entwurfsarbeit fragt Bauleiter Stefan Hangarter die Preise ab und bereitet das Angebot vor. „Wir hatten mal das Versprechen, dass die Kunden innerhalb von drei Tagen ein Konzept mit Preisen haben“, sagt der Unternehmer. Aber das hätte schließlich Nachtschichten für alle Beteiligten bedeutet. „Jetzt sagen wir, innerhalb einer Woche sind Konzept und Angebot fertig – und das halten wir auch ein.“

Sobald das Angebot bestätigt ist, übernimmt Hangarter den Fall. Erst zur Abnahme ist der Chef wieder dabei – denn der schreibt bei den meisten Projekten auch die Rechnung. „Das ist vielleicht ein Fehler, aber das ist einfach das eigene Geld“, erklärt Hainmüller seine Begeisterung für die Abrechnung. Aber wenn man dem 28-Jährigen glauben darf, entwickelt er ein geradezu intuitives Gespür dafür, jedes auf der Baustelle verbaute Korn zu berücksichtigen. Selbst im Lager fehlende Findlinge oder dem Einschlag entnommene Pflanzen entgehen dem Unternehmer nicht. „Ich seh das immer, wenn irgendwo was fehlt“, meint der Süddeutsche grinsend.

Während der Chef weiter Akquise, Strategie und Abrechnung unter seiner Obhut hat, liegen Personalfragen weitestgehend in den Händen von Stefan Hangarter, der einst als Lkw-Fahrer zu Hainmüller kam und durch besonders Organisations- und Verkaufstalent aufgefallen ist. Hangarter hat sich in Freising zum „Bauleiter im Landschaftsbau“ fortgebildet, ist mittlerweile Betriebsleiter und hat eine feste Rolle in Hainmüllers Zukunftsplanung. „Mein Ziel war, dass ich mit 30 eine gut laufende Firma habe, die von zwei, drei Köpfen geführt wird“, sagt der. Hangarter ist auf jeden Fall einer davon, Hornung vielleicht der andere.

Noch spielt das Privatleben in Hainmüllers Tagesablauf eine untergeordnete Rolle. Denn wenn der Unternehmer um 17 Uhr zu seinen Mitarbeitern auf den Betriebshof fährt, um beim Feierabendbier die Baustellenereignisse zu besprechen, ist für ihn selbst noch lange nicht Schluss. Nach einem Imbiss legt er zumindest noch Abendschicht ein. Aber das soll sich in Zukunft ändern. „Ich schule das Personal so, dass ich mich auf ein normales Arbeitsleben zurückziehen kann.“ Es sieht so aus, als könnte das gelingen; zumindest vonseiten des Personals.

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