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Expertenstimmen

Ja, was ist denn nun gute Gestaltung?

Wie bereits in dem einleitenden Text beschrieben, ist es nicht ganz einfach, die in der Überschrift gestellte Frage zu beantworten. Wir sind deshalb dahin gegangen, wo man sich wissenschaftlich mit Gestaltung beschäftigt: an die Hochschulen. Und siehe da – die Meinungen, was gute Gestaltung ausmacht, gehen gar nicht so weit auseinander.

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Was ist gute Gestaltung haben wir 2012 neun Lehrkräfte gefragt, die an den Hochschulen für Landschaftsarchitektur Gestaltung lehren. Ihre Antworten sind zeitlos.
Was ist gute Gestaltung haben wir 2012 neun Lehrkräfte gefragt, die an den Hochschulen für Landschaftsarchitektur Gestaltung lehren. Ihre Antworten sind zeitlos.Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
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Was ist für Sie gute Gestaltung, bezogen auf den Privatgarten“, hatten wir eine Reihe von Professoren und Dozenten aus der Landschaftsarchitektur Ende letzten Jahres gefragt. Und auch wenn alle am Anfang erst einmal klagten, dass es fast unmöglich sei, die Frage in Form eines 2.000 Zeichen umfassenden Textes zu beantworten, lieferten uns die Damen und Herren tolle und greifbare Aussagen, die alle eines beweisen: Nein, Gestaltung ist keine Geschmackssache. Was die Experten im Einzelnen dazugesagt haben, was für sie einen schön gestalteten Garten ausmacht, haben wir im Folgenden für Sie zusammengestellt, eine lohnende Lektüre, für jeden, der Gärten entwerfen möchte.

Prof. Dirk Junker, Dozent für Freiraumplanung, Hochschule Osnabrück

Schöne, aber schwierige Herausforderung

Gute Gestaltung ist heute nicht mehr eine Frage des persönlichen Geschmacks oder der ästhetischen Vorbildung, sondern eine allgemeine Selbstverständlichkeit. Die designte Konsumwelt, in der nichts dem Zufall überlassen wird und in der jedes Produkt einen hohen Perfektionsgrad erreicht hat, ist Maßstab und bewirkt allgemein ein hohes Niveau der visuellen Urteilsbildung. Der Kunde von heute ist vielleicht nicht immer stilsicher, aber er hat eine ausgeprägte visuelle Vorerfahrung. Gleichzeitig gibt es in allen gestalterischen Disziplinen eine Vielzahl paralleler Stilrichtungen, die nebeneinander und miteinander akzeptiert werden. Dies gilt auch bei der Beurteilung von Gartengestaltungen. Ich halte drei Aspekte bei der Gestaltung von Privatgärten für entscheidend:

1. Individualität und Einzigartigkeit: Beim Entwurf eines privaten Gartens gilt es, die Träume der Bauherren zu erkennen und im Kern zu verstehen, sie zu einer Vision zu entwickeln und in die örtliche Realität einzubetten. Bei keiner freiraumplanerischen Planungsaufgabe ist die persönliche Beziehung der Beteiligten von so großer Bedeutung, denn hier arbeiten Entwerfer für Menschen, die sich in der Regel nur einmal im Leben ihren speziellen Traum vom Paradies erfüllen. Diese Nähe zur Aufgabe und den Menschen muss man zulassen und kreativ umsetzen.

2. Zeit-Raum: Die Bedürfnisse der Bauherren und ihre Wünsche an die Gartennutzung verändern sich oft schneller, als Bäume Zeit zum Wachsen haben. Der übergeordnete „Traum vom eigenen Garten“ bleibt hingegen bestehen. Ein guter Entwurf gibt primär ein räumliches Gerüst und eine zeitlose Gliederung des Raums vor, in die aktuell wichtige Elemente integriert werden. Die Wirkung eines Gartens wird erheblich gesteigert durch die jahreszeitlichen Aspekte, die mit dem Wachsen und Blühen der Pflanzen, dem Spiel von Licht und Schatten und durch Regen und Schnee immer neue Attraktionen bieten. Eine wohldosierte Inszenierung dieser zusätzlichen Einflüsse kann jedoch nur gelingen, wenn der Planer seine Werkstoffe und ihre Wirkungen sicher beherrscht. Pflanzen- und Materialkenntnis in Verbindung mit einem stilsicheren Gefühl für Komposition müssen daher die herausragenden Fähigkeiten eines Gartengestalters sein.

3. Sinnlichkeit: Ein gut gestalteter Garten bietet für mich eine Vielzahl an Anregungen für die Sinne. Das Zusammenspiel aus architektonischer und naturhafter Form ist dabei ein besonderer ästhetischer Reiz. Doch bitte kein Feuerwerk der Knalleffekte, sondern eine Komposition der Eindrücke! Weniger ist dabei meistens mehr – auch die Sinne brauchen Pausen. Ein Ort der Kontemplation sollte daher in einem Garten nicht fehlen. Mit dem Garten verbindet sich die Vorstellung vom Paradies und untrennbar damit verbunden ist das Element Wasser als ein intuitiv wahrgenommenes Sinnbild für den Quell des Lebens. Diese Aspekte machen für mich die Gestaltung von Gärten – völlig unabhängig von Größe und Budget – zu einer der schönsten,aber auch schwierigsten Herausforderungen für Planer. Es ist ein komplexer Prozess, der seine eigenen Regeln und Ansprüche hat und der nicht nebenbei und ohne entsprechend intensive Auseinandersetzung erfolgreich geleistet werden kann.

„Unsere Aufgabe ist es, dem Kunden in der Zeit und im Budget nicht das zu geben, was er will, sondern etwas, wovon er niemals auch nur geträumt hat, es überhaupt zu wollen. Und wenn er es dann bekommt, erkennt er es als das, was er eigentlich schon immer wollte.“
– Sir Denys Lasdun (1914–2001) britischer Architekt (Zitat in Nigel Cross, Design Thinking, Oxford 2011, übersetzt durch Prof. Dirk Junker)

Prof. Jean-Bernard Bächtiger, ehemals ZHAW Wädenswil

Gärten für Menschen zu gestalten ist nie banal!

Woran erkennen wir gute Gartengestaltung? Gibt es überhaupt messbare Kritierien? Gewiss! Es gibt die Gesetzmäßigkeiten der Farben- und Formenlehre. Wir kennen best practices, hervorragende Beispiele gelungener Pflanzenverwendung und geschickter Materialwahl. Es gibt prägende Vorbilder, herausragende Gartengestalter wie Getrude Jeckyll oder Wolfgang Oehme. Darüber hinaus erschienen in den letzten Jahren eine Fülle wunderbarer Bücher und Periodikas. Eine Vielzahl jährlicher Tagungen, Kongresse, Exkursionen, Gartenreisen und Tage der offenen Gartentüren tragen dazu bei, das Bild gelungener Gartengestaltung zu entwickeln. Gleichzeitig sind Fähigkeiten, Planungsprozesse partizipativ zuführen, das Wissen um die Notwendigkeit des Einbezugs des Ortes und soziokultureller Aspekte in die Planung, selbstverständliche Voraussetzungen für Gartenbauer im 21. Jahrhundert. Vor diesem Hintergrund dürfte man annehmen, ein Spaziergang durch Siedlungen und der Blick über Gartenzäune werde zum ästhetischen Vergnügen. Doch welche Enttäuschung! Was sich dem interessierten Betrachter mehrheitlich offenbart, lässt ihn ernüchtert und ratlos zurück, lässt Assoziationen zur befremdlichen Gedankenlosigkeit der „Fast-Food-Kultur“ aufkommen.

Die englische Sprache kennt den Begriff „Mindfulness“. Dieser lässt sich am ehesten mit Achtsamkeit übersetzen. Während Aufmerksamkeit sich auf einen beschränkten Bereich der Wahrnehmung konzentriert und fokussiert, umschreibt Achtsamkeit eine innere Haltung, sie ist die Energie der Neugier, der Offenheit, des Wissens-drangs, der Aufgeschlossenheit, leidenschaftlicher Auseinandersetzung und der Empathie. Gärten für Menschen gestalten ist niemals banal. In guter Gestaltung erfahren wir die Achtsamkeit des Planers und der Erbauer. Sie fördert in Verbindung mit handwerklichem Können und gestalterischem Flair die Sensibilität für Ästhetik, Pflanzen und Materialien, belässt der Artenvielfalt ihren Raum, stellt den Menschen in den Mittelpunkt und gibt so den Gärten ihre Würde zurück.

Günter Mader, Architekt (Ettlingen)

Die Angemessenheit bestimmt die Lösung

Es ist nicht einfach, diese Frage zu beantworten, und sie führt unvermeidlich ins Philosophische. Für mich enthält gute Gestaltung immer jene Schönheit, die der antike Philosoph Platon als „Glanz des Wahren“ bezeichnete. Dieser Glanz zeigt sich zwar an der Oberfläche, kommt aber aus dem Substanziellen, von innen heraus und ist eine Art Nebeneffekt der Wahrheit.

Jede Gestaltungsaufgabe ist mit besonderen Problemen verbunden, im Garten-und Landschaftsbau zum Beispiel mit topografischen oder ausführungstechnischen Problemen. Wenn unter all den Zwängen, die durch Baukostenbudget, Grundstückszuschnitt, Belichtung, Maßzusammenhänge, Erfordernisse der Konstruktion, Materialbeschaffenheit und die Wunschvorstellungen des Bauherrn etwas entsteht, das Esprit, Leichtigkeit, Einfachheit, Ausgewogenheit, Ruhe, Spannung, Ordnung und Klarheit enthält und im Endergebnis alle vorangegangenen Hindernisse und Nöte vergessen lässt, kann man von guter Gestaltung sprechen. Im Garten- und Landschaftsbau muss dabei allerdings noch ein weiteres Kriterium erfüllt werden. Der Dichter Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) formulierte: „Eine alte Linde oder ein gekrümmter Nussbaum können einen Anblick bieten, der durchs Auge hindurch die ganze Seele ausfüllt.“ Gute Gartengestaltung schafft immer einen ganz besonderen Lebens- und Erlebnisraum, lenkt durch eine geschickte Regie den Blick auf die Vielfalt und Schönheit der Natur.

Gute Gartengestaltung muss – das erscheint mir besonders erwähnenswert – das Kriterium der Angemessenheit erfüllen und der Kontext zur Architektur muss stimmen. So ist beispielsweise eine Geländeabfangung mit einer sichtbaren Reihe von L-Steinen im Zusammenhang mit einem modernen Wohnhaus ein angemessenes Gestaltungselement, in Verbindung mit einem denkmalgeschützten Wohngebäude wäre es ein gestalterischer Missgriff.

Nicht zuletzt geht es auch um die Umsetzung der Gestaltungsideen. Jeder Gartenplaner weiß, dass gute Gestaltung nicht nur einer sensiblen, weit vorausschauenden Planung, sondern auch einer handwerklich soliden Ausführung und kontinuierlichen, fachlich kompetenten Pflege bedarf.

Prof. Ingrid Schegk, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Ausgleich von Nützlichkeit, Stabilität und Anmut

Eines ist gute Gestaltung jedenfalls nicht: Geschmackssache. Gute Gestaltung ist wie gute Erziehung. Sie braucht feine, flexible Regelungen, keine starren Prinzipien. Sie wird erreicht durch Dialog und Vorbildwirkung, nicht durch strenge Vorgaben und Zwänge.

Hören wir auf den antiken Architekturlehrer und vorbildlichen Baumeister Vitruv (Rom, 1. Jhdt. v. Chr.), sollen unsere Bauten drei Merkmale haben: utilitas (Nützlichkeit), firmitas (Stabilität, Dauerhaftigkeit) und venustas (Anmut). Das gilt seit über 2.000 Jahren, auch heute noch.

Versuchen wir, dies in zeitgenössischer Sprache und ohne Latein auszudrücken, heißt das: Gute Gestaltung muss benutzbar und belastbar sein. Sie muss Einwirkungen und Veränderungen vertragen. Sie ist das, was bleibt über die zeitliche Entwicklung hinweg, was Stile vereint und Moden überdauert. Für diese Stabilität braucht Gestaltung Authentizität, Echtheit. Sie muss auf den Ort hören und muss dem Ort gehören, der Umgebung, den Menschen. Gute Gestaltung kommt aus der jeweiligen Kultur, ist wirtschaftlich und gleichzeitig wertvoll, ökologisch und sozial, wird erhalten und verstanden. Sie ist nachhaltig. Gut gestaltete Räume sind anmutig und anregend, sie schaffen eine gute Stimmung, eine Atmosphäre des Wohlbefindens für Körper, Geist und Seele. Sie machen keine Angst und keinesfalls Langeweile.

Hören wir auf die Jüngeren (ich habe meine Kinder gefragt, was für sie gute Gestaltung bedeutet), klingt das so: Gute Gestaltung ist zugänglich (accessible – junge Leute drücken sich offensichtlich gerne englisch aus), und zwar physisch und psychisch, also für alle erreichbar und verständlich (Maria-Valerie Schegk, Magister der Politikwissenschaft und Master of European Urban Cultures). Oder: Die richtige und im jeweiligen Fall angebrachte Kombination aus crazy, sexy und cool (Leopold Schegk, Fahrzeug-Designer).

Prof. Sigurd Henne, Hochschule Nürtingen-Geislingen

Das Erlebnis von Material und Pflanze inszenieren

Gute handwerkliche Technik allein erzeugt noch keine überzeugende Gestalt. Überzeugende Gartengestaltung heißt für mich, einen Frei-Raum zu erfinden, der das sinnliche Erlebnis von Material und Pflanze inszeniert und gleichzeitig eine räumlich gestalterische Idee als Bild überzeugend vermittelt. Erst durch diese Verbindung entsteht ein Garten als Ort mit eigener Identität. Diese Eigenart kann nur durch einen individuellen Gartenentwurf herausgearbeitet werden, der speziell für diesen speziellen Ort entwickelt wurde sowie seine besonderen Qualitäten und die begleitende Architektur berücksichtigt. Hochwertige Gestaltung verbindet individuelle entworfene Pflanzungen und bauliche Elemente in einem gestalterischen Gesamtkonzept und verzichtet auf ein Sammelsurium von kopierten Einzelfragmenten.

Die Aufenthaltsqualität, die sie erzeugt, beruht auf dem sinnlichen Reiz subtiler Räume, hochwertig verarbeiteter Materialien und interessanter Pflanzungen. Qualitätvolle Gestaltung nutzt das Spektrum von Pflanzungen, Ansaaten bis zu gestaltender Pflege für ein vielfältiges Pflanzendesign. Auf der Basis guter Pflanzenkenntnis und Gestaltungskompetenz erzeugt sie besondere Raumbilder, die die besondere Atmosphäre des Gartens ausmachen. Dadurch kann sie auf kurzlebige Moden wie zum Besispiel die leblose Aufgeräumtheit spärlich bepflanzter Schotterflächen verzichten.

Ein hoher Gestaltungsanspruch bedingt auch eine hochwertige Qualität der technischen Konstruktion – bis ins Detail. Gestaltungsqualität beruht auf hochwertiger Materialverarbeitung durch gute handwerkliche, aber auch innovative Technik. Sie ermöglicht gestalterische Vielfalt, aber auch die Dauerhaftigkeit von allen gebauten Elementen.

Die Haltbarkeit erzeugt einen gestalterischen Kontrast zur Dynamik der Pflanzen. Sie thematisiert Zeit und Veränderung als wichtiges Gestaltungsthema der Landschaftsarchitektur. Hochwertige einprägsame Räume beruhen auch auf gestalterischer Zurückhaltung. Der Verzicht auf modische Effekte erzeugt ästhetische Dauerhaftigkeit. Gestalterische Gelassenheit schafft aber auch die Voraussetzung, um die besondere Atmosphäre des Gartens, Licht und Schatten, Details und die pflanzlichen Veränderungen erst wahrnehmen zu können. Sie lässt auch den Besitzern genügend Raum, ihren Garten auf Basis eines haltbaren gestalterischen Grundgerüsts selbst weiter zu gestalten.

Prof. Dr. Ing. Hendrik Laue, Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Höxter

Entwurf und Ausführung müssen Hand in Hand gehen

Gute Gestaltung ist für mich primär in dem Leitsatz „Vom Konzept zum Detail“ enthalten. Nur wenn die Inhalte aus der Entwurfsphase auch in Ausführungsplanung und Umsetzung konsequent weitergedacht und entwickelt werden, be-steht eine Garantie auf gute Gestaltung.

Das setzt einen reflektierten und kommunizierten Lösungswillen zum Erfolg des Werkes bei allen Beteiligten voraus! Die in den letzten Jahren zunehmenden Spezialisierungen und Einzel-Kompetenz-Definitionen vernachlässigen in diesem Zusammenhang nicht selten den Überblick zum Endprodukt als Ganzes. In den Prozessphasen der Planung und der anschließenden Umsetzung werden oft nur phasenbezogene Kriterien wie Gestalt, Funktion, Kosten oder Realisierungsbezug in den Fokus gestellt. Es gilt insofern, alle Kriterien vom Konzept zum Detail für alle Beteiligten im Blickfeld zu haben. Diese Kriterien sind ohne Eitelkeiten der Spezialisierungen und einzelner Teilziele zu kommunizieren. Es zählt gemäß üblichem Werkvertrag der Erfolg des Werkes. Diesem Erfolg sind alle Beteiligten ver-pflichtet! Entscheidend ist dabei auch der gelungene Übergang vor der grafischen Aussage in der Entwurfsphase zur konstruktiven Aussage in der Ausführungsplanung. Es sollte eine ortsbezogene, materialgerechte und dementsprechend sinnvolle konstruktive Lösung gefunden werden. Dabei wird auch eine Verantwortung für Nachhaltigkeit durch Reflektion von Nutzungszeit (Lebenszykluskosten) oder ökologischem Rucksack des Projektes für alle Beteiligten immer wichtiger. Hier sind derzeit nur wenige Kriterien benannt und festgelegt.

An der Hochschule Ostwestfalen-Lippewerden alle Ebenen der Prozessphasen in der Profession durch zwei verknüpfende Studiengänge (Landschaftsbau und Landschaftsarchitektur) abgebildet. Zwischen beiden Studiengängen besteht ein Austausch und unterschiedliche Zielvorstellungen werden frühzeitig definiert. Wichtige Praxisbezüge durch Praktika im Büro und auf der Baustelle ermöglichen den Studierenden Rückkoppelungen gelernter theoretisch-systematischer Lehrinhalte. Gute Fachkräfte mit Überblick erkennen eigene und andere Kompetenzen und ge-währleisten in diesem Zusammenhang auch Qualität in der Gestaltung vom Konzept zum Detail!

Prof. Cordula Loidl-Raisch, TU Berlin

Das besondere Augenmerk gilt den Materialien

Gut gestaltet wirkt ein Garten, bei dem eine Linie zu erkennen ist, eine Gestaltungsidee konsequent herausgearbeitet wurde. „Weniger ist mehr“ gilt auch hier: Einheitliche Formensprache wirkt ruhiger und harmonischer. Ein Mix unterschiedlicher Formensprachen macht einen Hausgarten unruhig. Wo starke Kontraste gesetzt werden, muss für verbindende Elemente gesorgt werden, die als Vermittler zwischen unähnlichen Aspekten auftreten.

Haus und Garten gehören zusammen – auch in der Verwendung von Materialien.Wurden diese aufeinander abgestimmt, entsteht sympathische „Verwandtschaft“ – etwa wenn sich Material vom Natursteinsockel am Haus in Bodenbelägen wiederfindet, in kleinen Mauern, als Füllmaterial von Gabionen oder auch nur in Trittplatten eines Beets.

Die Einfriedung spielt eine besondere Rolle: schön wenn diese einen Architekturaspekt des Hauses zeigt.

Am Gebäude und in den Außenanlagen verwendete Materialien sollten gleichwertig sein. Krasse Qualitätsunterschiede wirken besonders kritisch, wenn beide Materialien ohne jegliche Verbindung unmittelbar nebeneinander liegen und vergleichbar werden. Das gilt auch für den Feinheitsgrad der Materialbearbeitung: Vorsicht vor Verbindungen von grobem bruchrauen Natursteinmaterial und kantig-regelmäßigem Kunststein.

Die farbliche Abstimmung ist ungemein wichtig: Ein „warmer“ gelblichgetönter Naturstein sollte nicht mit kaltgrauem Betonstein kombiniert werden. Vorsicht auch bei der großflächigen Anwendung starkfarbiger Materialien: Durch ein geschicktes Mischen verschiedener Tönungen lässt sich die erschlagende Wucht homogener Rot-Töne moderner Klinker vermeiden.

Gute Wirkung haben Bodenbeläge, bei deren Wahl auf Fugenverlauf, -anteil und-richtung bewusst geachtet wird oder wegen der Anschlüsse an kurvige Ränder ganz bewusst richtungsloses Material gewählt wurde. Respekt vor der Ganzheit des Einzelelements: geringes Schnitt-Erfordernis ist hilfreich. Zugeschnittene Kunststeine verlieren ihre spezifische Proportionalität. Schade, wenn unwürdige Restchen eines guten Materials lächerlich wirken.

Den Kontext einbeziehen: Wenn etwa angesichts eines angrenzenden Kiefernwaldes auch im Garten eine Kiefer platziert wird, führt dies zu wohltuender Einheitlichkeit.

Joachim Kräftner, BOKU Wien

Dauerhaftigkeit ist Teil der Gestaltungsqualität

Bei unserer Arbeit als Landschaftsarchitekten versuchen wir laufend, „gute“ Gestaltungslösungen zu produzieren. Wir entwickeln Visionen und setzen diese im Anschluss auf der Baustelle um. Dabei sind wir auf die Kooperation mit qualitativ arbeitenden Partnern angewiesen, nur dann kann eine hochwertige Umsetzung der ursprünglichen Idee sichergestellt werden.

Unser Beruf ist dabei einer der schwierigsten, denn wir arbeiten einerseits mit dem lebenden Material Pflanze, andererseits mit toten Materialien wie Stein, Holz oder Metall, die sich allesamt entwickeln,verändern und altern. Die gekonnte Kombination von beiden ist die große Herausforderung. Eine zündende Idee und die gekonnte bauliche Umsetzung machen wohl das Geheimnis einer guten Gestaltung aus.

Den Garten verstehen wir als einzigartiges und individuelles Kunstwerk, das für seinen Besitzer den persönlichen „Garten Eden“ darstellt, ein perfektes Paradies, in dem Wünsche und Träume wahr werden können. Dementsprechend ist der Anspruch an die gestalterische Qualität sehr hoch. Individualität ist ein weiterer Schlüssel zu guter Gestaltung: sich von der breiten Masse abheben, Materialien doch einmal anders als gewohnt bearbeiten, oder die eigentliche Qualität eines Baustoffes deutlich herausstreichen und als Thema in den Mittelpunkt zu rücken.

Für gute, qualitative (Garten-)Gestaltung gibt es kein Rezept, dafür ist diese zu vielschichtig. Ein fertiger Garten kann in seiner Komplexität überraschen, oder aber bestechend einfach und natürlich sein. In der Praxis stellen wir immer öfter fest, dass die baulich-qualitative Umsetzung unserer Ideen ganz entscheidend für das Gelingen oder Scheitern einer Arbeit ist – und das umso mehr, je kleiner das Projekt ist. Es gilt also, dem Ausführungsdetail bis zuletzt die er-forderliche Aufmerksamkeit zu schenken und gemeinsam mit dem ausführenden Betrieb bis zur Übergabe an den gesetzten Qualitätsstandards festzuhalten (So kann eine einzelne, falsch gesetzte Schraube im Holzrost den Gesamteffekt zunichte machen).

Gute Gestaltung bedeutet aber auch, ein Produkt zu schaffen, das nachhaltig ist, also flexibel ist und Veränderungen (über Jahre oder Generationen hinweg) zulässt. Dauerhafte, langlebige Materialien spielen hier eine wesentliche Rolle, die Jahre oder gar Jahrhunderte überdauern. Fachgerechte Ver- und Bearbeitung der Baumaterialien trägt zu deren Langlebigkeit entscheidend bei und relativiert über Jahre gesehen auch die Herstellungskosten.

Prof. Dr. em. Jürgen Milchert (ehemals Hochschule Osnabrück)

Und zum Schluss noch 12 schöne Qualitätskriterien

Am Anfang ihres Landschaftsarchitekturstudiums setze ich mich oft mit den Erstsemestern zusammen, um über ihren Traumgarten zu reden. Erstaunlicherweise entpuppen sich diese Traumgärten meist als stinknormale Elterngärten oder bei Leuten mit vorheriger Gärtnerlehre als professionelle sterile Gartenschau- oder Gartencentergärten. Vor Jahren habe ich einmal ein Seminar über den hässlichen Garten veranstaltet und musste feststellen, dass der schöne und der hässliche Garten recht nah beieinanderliegen. Wahrscheinlich kann man sich jeden Garten schön gießen oder schön pflanzen.
Trotzdem versuche ich es mal mit einigen Kriterien, Hausgärten sind also schön, ...

 

  1. wenn sie in irgendeiner Form mit der Umgebung korrespondieren, als Protest oder als eigene Hommage an Haus, Landschaft oder Stadtkultur.
  2. wenn sie etwas mit den Lebenserfahrungen und Sehnsüchten des Gartenliebhabers zu tun haben.
  3. wenn sie eine echte Liebhaberei sind, wenn sie beispielsweise ein Hobby umsetzen oder eine Sammlerleidenschaft ausdrücken.
  4. wenn sie den ganz eigenen oder ausgefallenen professionellen handwerklichen Stolz ausdrücken,
  5. wenn man sein Tun als intellektuellen Teil einer unendlichen Geschichte begreift, als immer neue Fußnote einer traditionsreichen Erzählung,
  6. wenn der Besitzer sich als ihr Bewohner fühlt, letztlich als Teil eines größeren Ganzen, in denen die tierischen, pflanzlichen und steinernen Mitbewohner ihren selbstverständlichen Platz haben,
  7. wenn sie als Teil einer spirituellen oder religiösen Bewegung gelten können, wenn sie beispielsweise als Blickfenster ins All dienen,
  8. wenn sie eine Form besitzen, die mit Konsequenz im Garten ausformuliert werden,
  9. wenn sie ein persönliches Stück des ganz eigenen Paradieses symbolisieren,
  10. wenn man solche Gärten noch nie gesehen hat und man noch nie Gartenbücher in der Hand hatte,
  11. wenn man in diesen Gärten Lust bekommt Kinder zu machen und ...
  12. ... wenn man hier begraben sein möchte.
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