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Start-up

Eine zweite Chance für die Gabione

André Elbracht und Frederik Philipper haben innerhalb des Corona-Jahres eine erstaunliche Entwicklung hingelegt. Die Idee, aus dem „Drahtschotterkorb" eine Vertikalbegrünung zu machen, scheint genau den Geist der Zeit getroffen zu haben. Wir haben die Westfalen hinter Pflanzen-Gabione.de in Oelde besucht.
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 André Elbracht (r.) und Frederik Philipper betreiben zusammen Pflanzen-Gabione.de.
André Elbracht (r.) und Frederik Philipper betreiben zusammen Pflanzen-Gabione.de. Tjards Wendebourg
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Eigentlich ist André Elbracht Landschaftsgärtner. Mit Erfolg bearbeitet er in der 30.000-Einwohner-Stadt Oelde – vielen vielleicht noch von der erfolgreichen NRW-Landesgartenschau 2001 ein Begriff – den Markt. Gerade hat er die Immobilien des GaLaBau-Unternehmens von Wolfgang Kottenstede übernommen und zugleich mit dessen Inhaber einen erfahrenen Mitarbeiter gewonnen, um sein Unternehmen aus durchweg jungen Mitarbeitern weiterzuentwickeln. Durch den Zukauf kann sich Elbracht demnächst auch über einen neuen Firmensitz mit durchdachtem Betriebshof freuen. Seine Firma Garten Grün Design macht damit einen Entwicklungs-Sprung.

Elbracht hat bisher vieles richtig gemacht: Er ist engagiert, offen, interessiert und überzeugter Netzwerker. In der Corona-Zeit hat er eine Whatsapp-Gruppe aufgemacht, um alle Betriebe der Stadt miteinander zu vernetzen und sich miteinander auszutauschen. Ausfälle durch Quarantäne, Materialbedarf oder schwierige Kunden standen dabei im Fokus. Und auch durch sein Engagement in den einschlägigen facebook-Gruppen (siehe S. 68) hat er jede Menge Kontakte aufgebaut. Elbracht steht für Personalentwicklung, gute Ausstattung und Teilhabe. So ist es ihm gelungen, mit Frederik Philipper (30) auch schon einen zweiten Mann aufzubauen, der das Zeug hat, einmal Teilhaber zu werden. Ein Modell dafür existiert bereits. Zum Interview fährt der Unternehmer ganz zeitgemäß im elektrischen iD3 vor. Nachhaltigkeit gehört zur Firmenphilosophie.

Die Idee mit der grünen Wand

„Eigentlich ist das durch einen Kunden entstanden", erzählt der 39-Jährige. Der hatte sich eine grüne Wand gewünscht und dann von einem Systemanbieter ein Angebot über 6 m² Fassadenbegrünung bekommen – für 8.000 Euro. Also beauftragte Elbracht einen Werkstudenten der Hochschule Osnabrück, auf Basis einer Gabione ein System zu entwickeln, das den gewünschten Anforderungen mit geringerem Kostenaufwand gerecht wird. Dabei entstand der Vorläufer der Pflanzen-Gabione. Der Kunde war begeistert und Elbracht angefixt. Weshalb das nicht gleich zu einem Produkt weiterentwickeln, war sein Gedanke. Und weil der Unternehmer ein Mann der Tat ist, gründete er am 30. April 2020 Pflanzen-Gabione.de. Seinen Mitarbeiter Frederik Philipper band er gleich als Gesellschafter (40 %) und Ko-Geschäftsführer mit ein. Das schicke Logo von Garten Grün Design wurde mit einem hinterlegten Gitter auf die Tochterfirma angepasst. Und schon hatte der neue Laden ein professionelles Gesicht.

Dabei ist die Pflanzen-Gabione gar kein Hexenwerk: „Wir haben da gar nicht das Rad neu erfunden", gibt Elbracht unumwunden zu. Aber durch eine geschickte Kombination vorhandener Materialien ist es den beiden Unternehmern gelungen, ein Produkt zu schaffen, das gerade eine wichtige Lücke schließt. Denn nach Jahren zunehmender Sterilität in den Hausgärten, nach Steinschüttungen, Gabionenwänden und Kirschlorbeerhecken, scheint es angesichts der Diskussion um Klimawandel und Artensterben doch vielen Bürgern aufzugehen, dass sie selbst auch etwas tun müssen. „Die Gärten sind schon wieder deutlich grüner geworden als vor 5 Jahren, hat der Westfale beobachtet. Pflanzen in einer Box – das nimmt auch solchen Zeitgenossen Ängste, denen es schwerfällt das Wachstum und den damit einhergehenden Zeitbedarf für Pflege einzuschätzen.

Der Weg von der Steinwand zur vertikalen Pflanzfläche ist dabei nicht weit. Denn der „Drahtschotterkorb", wie das Prinzip seit seinen Kindertagen heißt, war ja schon eingeführt; eine Kiste aus Stabmatten, Schließen und einer Steinfüllung. Bei der Pflanzen-Gabione bleibt zwar der Rahmen aus Stabmatten mit einer Maschenweite von 50 × 200 mm bestehen. An den Seiten wurden dem Korb aber zwei geschlossene Abschlussbleche hinzugefügt und aus der Steinfüllung wird eine Matrix aus Substrat – je nach Bepflanzung eine für extensive oder intensive Begrünungen vom Partner Optigrün. Eine Vlieskaschierung mit vorinstalliertem Tropfschlauch oder eine vorkultivierte Sedummatte hält den Boden in der Box.

Für die Kombination der Materialien hat die Firma mithilfe eines Patentanwalts Gebrauchsmusterschutz angemeldet.

Elbracht macht auch keinen Hehl daraus, dass sie immer noch weiter an dem System tüfteln. Damit der Boden der Sedummatte bei Trockenheit nicht herausrieselt, wurde ein Geogitter eingezogen. Die Tropfschläuche haben einen haushaltsüblichen Gardena-Anschluss – aber natürlich könnte auch ein Bewässerungscomputer eingesetzt werden. In einer transportablen Pflanzen-Gabione haben Elbracht und sein Kompagnon mit Rockwool experimentiert, um das Gewicht zu reduzieren. Und auch bei der Pflanzenauswahl ist noch einiges möglich.

Ein besonders schönes Exemplar steht bei Elbracht zuhause. Über Eck, direkt am Bürgersteig und mitten in Oelde, grenzt die Pflanzen-Gabione den Garten vom Verkehrsraum ab. Alchemilla , Heuchera , Hosta , Waldsteinia und Luzula wachsen üppig auf der Schattenseite. In der Sonne an der Straße „Am Kapellengarten" gedeihen Aster alpinus , Dianthus , Geranium , Polster-Phlox sowie Saxifraga und Sedum -Arten. Das macht natürlich etwas her. „Im Februar haben wir mal eine Woche schlecht geschlafen", erzählt der Unternehmer über die Frostphase mit Temperaturen von unter 20 Grad. „Wir hatten ein paar Ausfälle bei Ajuga und Vinca , aber das treibt jetzt alles wieder durch", meint er.

Mit Partnernetzwerk zum Erfolg

Das Schöne sei, dass die Systempartner voll dahinterstehen und selbst an der Weiterentwicklung des Produktes mitarbeiten würden. Elbracht und Philipper danken das mit Kulanz, wenn tatsächlich etwas schiefgeht. Gerade steht eine Lieferung verschiedener Sedum-Arten bereit, die an die 65 Partner in der ganzen Republik verschickt werden.

Überhaupt sind die Partner ein großer Erfolgsfaktor. Die ersten Mitstreiter haben die Firmengründer über facebook gewonnen. Da war von Beginn an so viel Dynamik drin, dass in kürzester Zeit ein Vertriebsnetzwerk stand. „Wir sind quer durch Deutschland gefahren und haben mit Partnern Pflanzen-Gabionen aufgebaut", erzählt Philipper. Da sei Corona ein bisschen ein „Glücksfall" gewesen, weil privat ohnehin nicht viel zu machen gewesen sei. Die Zeit habe man eben in den Aufbau des Netzwerkes gesteckt. „Man kann es fast schon Freundschaften nennen, die da in kurzer Zeit entstanden sind", ergänzt Elbracht. Bis morgens um 3 Uhr im Auto zu sitzen und danach aufzubauen, sei anstrengend gewesen. „Aber das hat es auch ausgemacht", findet er schmunzelnd.

Mit einem kleineren Intensivkreis treiben die beiden die Weiterentwicklung voran. Mit dem Unternehmer Kai-Uwe Schöttner (www.galabau-schoettner.de) habe man so eine Art Daniel Düsentrieb dabei, meint Elbracht lachend. Bei den Tüfteleien mit den Vertriebspartnern seien jetzt auch schon „Gadgets" herausgekommen, die aus der Pflanzen-Gabione immer mehr ein Produkt machen; etwa der Pflanzlochbohrer als Aufsatz auf dem Akku-Schrauber. „Mit dem haben wir neulich zu zweit 150 Pflanzen in 15 Minuten gesetzt, freut er sich. Die extra von einem Vertriebspartner im 6er-Topf kultivierten Stauden machen es dabei noch leichter. Außerdem gibt es jetzt einen eigenen Blattdünger, eine spezielle Düngerspritze von Birchmeier, und eine besondere Blende, um die obere Kante zu kaschieren. „Seit sechs Wochen haben wir außerdem unsere eigenen Bleche mit ausgelasertem Logo", zeigt sich Elbracht begeistert. Jetzt könne man auch die Wasserschläuche ideal miteinander verbinden.

Dass das Zusammensetzen reibungslos klappt, ist schon deshalb wichtig, weil die Pflanzen-Gabionen derzeit noch von einem kleinen Team von Hand in Oelde montiert werden. Drei weitere Produktionsstandorte im Süden, Norden und im Westen sind in Planung.

Coole Idee mit der Mini-Gabione

Im Dezember ist den beiden dann noch eine gute Marketing-Idee gekommen: Eine Mini-Pflanzen-Gabione als das „etwas andere Pflanzgefäß für den Innenraum". Mit allerlei Kompositionen wurde die kleine Schwester der Pflanzen-Gabione schonmal auf facebook und Instagram vorgestellt. Im April wurde das Gabiönchen dann Hauptdarstellerin eines Azubi-Wettbewerbs. Im Mai durfte sich Alicia vom Ausbildungsbetrieb Gänseblume aus Salzhausen in der Lüneburger Heide über den ersten Platz und eine Reise ins N8 nach Bad Münstereifel (siehe dega5609 ) freuen – gesponsort von knumox, dem Glaselementeanbieter, hinter dem mit Benedikt Schradi ein weiterer kreativer GaLaBau-Unternehmer steckt. Da kommt die Wirkung der Netzwerkarbeit voll zum Tragen. 75 Azubis der 65 Partner hatten sich beteiligt. Drei weitere Preisträger bekamen Bildungsgutscheine. Vielleicht dürfen nächstes Jahr alle Azubis in NRW Mini-Gabionen gestalten. Die Gespräche dazu laufen.

Jetzt auch Lärmschutzwand

Vor wenigen Wochen haben die beiden die Pflanzen-Gabione von einem Gutachter auf ihre Qualität, Lärm zu schlucken, testen lassen. Dafür wurden von dem Gutachter das Schallabsorptionsvermögen und die Luftschalldämmung nach DIN EN 1793 untersucht. „Dass das Ergebnis so eindeutig war, hat auch den Prüfer überrascht", freut sich Elbracht. Das Lärmschluckvermögen sei extrem hoch, hat das Gutachten festgestellt. Je nach Füllung – die Firma hatte eine Wand mit Vulkatec- und eine mit Mineralwollfüllung im Versuch – ordnet das Gutachten die Konstruktion in die Schallabsorberklasse C, bei der Luftschalldämmung in Klasse B3 und bei der Schallabsorption in die Gruppe A2 beziehungsweise A3 ein. Bis zu 36 dB kann die Wand abhalten. Damit wird die Pflanzen-Gabione auch für Kommunen interessant. In einigen Kommunen wurde das System deshalb schon in Förderprogramme für Dach- und Fassadenbegrünung aufgenommen – zum Teil auch Dank des lokalen Einsatzes der Netzwerkpartner.

Im Frühjahr hat die Firma im Vier-Jahreszeiten-Park, dem ehemaligen LaGa-Gelände, der jetzt als eintrittspflichtiger Park bewirtschaftet wird, einen Mustergarten gebaut. Jetzt hofft Elbracht, dass der Mustergarten erstmal auf unbestimmte Zeit an der publikumswirksamen Stelle stehenbleiben kann.

Gegen die Inflation bei den Baustoffen haben sich die beiden Unternehmer übrigens gewappnet: Mit einem kräftigen Budget kauften sie den Hof des Zulieferers leer. Der Nachschub für dieses Jahr ist gesichert.

Kontakt

Garten • Grün • Design Dipl. Ing. (FH) André Elbracht

Overbergstraße 9, D-59302 Oelde

Telefon 02522/832 072

info@garten-gruen-design.de

www.garten-gruen-design.de

Pflanzen-Gabione E. P. GmbH

info@pflanzen-gabione.de

www.pflanzen-gabione.de

www.dega-galabau.de

Ergänzende Informationen zum Beitrag finden Sie mit dem Webcode dega5609 (in die Suchmaske eintippen und das Lupensymbol anklicken).

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