Nur Weitsicht und Sorgfalt lassen Pflanzungen gelingen
GaLaBau-Sachverständige Christine Andres widmet sich dieses Mal mangelhaften Vegetationsflächen. Verdichtung, ungenügende Bodenvorbereitung und Pflanzarbeiten sowie falsche Artenwahl führen zu vermeidbaren Schäden. Wir sollten mehr unsere Kompetenz ausspielen, fordert die Fachfrau.
von Christine Andres erschienen am 26.02.2025Wir wissen längst, dass unsere Städte mehr brauchen als nur immergrüne Bodendeckerflächen oder graue Betondecken. Doch wirklich gut gestaltetes innerstädtisches Grün scheint noch immer nicht überall Priorität zu haben – selbst in unserer eigenen Branche nicht. Rasenflächen und Schotterbeete? Sind längst out. Staudenflächen? Eine starke Alternative. Aber eben nur, wenn sie durchdacht geplant und nachhaltig angelegt werden. Mal eben ein paar Blütenstauden zu pflanzen, reicht halt nicht aus, um eine Fläche ökologisch und gestalterisch aufzuwerten. Es braucht auch ein schlüssiges Konzept, damit sich die Pflanzung dauerhaft etablieren kann.
Ende letzten Jahres sollte ich die vegetationstechnischen Arbeiten bei einem Seniorenheim begutachten. Dort war ich zunächst erstaunt, warum man mich mit einem Gutachten beauftragt hatte. Denn auf den ersten Blick wirkte die Bepflanzung gelungen – mit einer vielseitigen Pflanzenauswahl. Die wirklichen Fehler zeigten sich erst beim zweiten Hinsehen – und umso gravierender erschienen sie mir. Sie waren ein Sinnbild dafür, dass der achtsame Umgang mit Boden und Pflanzen noch längst nicht überall angekommen ist. Und damit meine ich nicht nur Gärtner oder Landschaftsarchitekten, sondern alle am Bau Beteiligten.

Baum und Boden meist missachtet
Denn immer wieder passieren dieselben Fehler bei Baumaßnahmen – oft schon mit dem ersten Spatenstich. Ein großes Problem ist der mangelnde Schutz erhaltenswerter Bäume und des Bodens. Während sich Schäden an Bäumen oft schon nach kurzer Zeit in einer nachlassenden Vitalität zeigen, wird eine Bodenverdichtung häufig erst Jahre später sichtbar – wenn Neupflanzungen stagnieren und sich nicht richtig entwickeln. So war es dann auch in diesem Fall.
Hinzu kam, dass die Baustelleneinrichtungsfläche nicht sorgfältig rückgebaut worden war. Die ehemalige Schottertragschicht hatte man lediglich mit einer dünnen Schicht Boden überdeckt. Allein im letzten Jahr habe ich dieses Problem in drei Gutachten festgestellt – und mich jedes Mal gefragt, warum es niemandem aufgefallen war. Nicht aufgelockerte Bodenverdichtungen führen bekanntermaßen zu Staunässe und verhindern eine funktionierende Vegetationsfläche. Manchmal entstehen diese Verdichtungen bereits beim Roh- und Erdbau, manchmal erst durch gärtnerische Arbeiten. Weil Projekte häufig unter enormem Zeitdruck stehen, wird der Boden oft auch dann befahren und bearbeitet, wenn er eigentlich viel zu nass ist.

Wenn Bäume dann auch noch zu tief gepflanzt werden, wie man es leider extrem oft sieht, kann das für den Baum sehr problematisch werden und manchmal innerhalb kurzer Zeit zum Absterben führen. Erstaunlich finde ich auch, dass sich die Pflanzzeit inzwischen fast aufs ganze Jahr ausgedehnt hat – Rollrasenverlegungen kurz vor Weihnachten sind mittlerweile keine Seltenheit mehr.
Substrate und Dünger erfordern Mitdenken
Ein Faktor, der diese Entwicklung begünstigt, sind Substrate. Sie sind bei Gärtnern äußerst beliebt, weil sie sich auch bei ungünstigen Bodenverhältnissen gut einarbeiten lassen. Doch so nützlich Substrate sind – ihr inflationärer Einsatz birgt Risiken. Nicht nur bei Rasenflächen, sondern besonders bei Baumpflanzungen – etwa wenn der umgebende meist bindige und weniger wasser- und luftdurchlässige Boden nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Ein weiteres Problem: Substrate, die beim Einbau überverdichtet werden. Oder das andere Extrem: Zu locker eingefüllte Substrate, die sich erst nach der Pflanzung setzen und den Baum schließlich zu tief absacken lassen. Dabei könnte man oft auf Substrate verzichten. Denn in vielen Fällen wäre der anstehende Boden durchaus geeignet – wenn er während der Bauphase geschützt und später gezielt verbessert oder bedarfsgerecht aufgedüngt wird.
Apropos Düngung: Hier wird meiner Erfahrung nach oft zu wenig auf den tatsächlichen Bedarf geachtet. Die genaue Ermittlung des Nährstoffbedarfs ist natürlich nicht einfach, da es wenig Literatur zu den spezifischen Anforderungen einzelner Pflanzen gibt und in Pflanzbeeten selten nur Arten mit identischen Ansprüchen stehen. Dennoch halte ich eine einmalige Bodenprobe bei Neubauten und eine regelmäßige Analyse im Rahmen von Pflegemaßnahmen für sinnvoll, um zumindest eine grobe Einschätzung von Nährstoffverteilung, pH-Wert und Salzgehalt zu erhalten.
Böden sind oft unausgewogen – manche Nährstoffe sind im Überfluss vorhanden, andere mangelhaft, was wiederum die Aufnahme weiterer Elemente beeinflussen kann. Auch ein zu niedriger pH-Wert kann zu Nährstoffungleichgewichten führen. Ein gezielter Blick darauf ermöglicht eine bedarfsgerechte Düngung – übrigens eine wertvolle Chance, durch kompetente Beratung beim Kunden zu punkten. In diesem Fall zeigte die Bodenanalyse einen erheblichen Magnesiummangel, der maßgeblich zur Wachstumsdepression beigetragen haben dürfte.
Pflanzenauswahl nicht standortgerecht
Aber kommen wir zu den weiteren Fehlern, die hier gemacht wurden – und die leider keine Einzelfälle sind. Bei der Pflanzenauswahl hatte man sich stark auf die Artenvielfalt konzentriert, jedoch den späteren Gesamteindruck und die Pflege nicht ausreichend bedacht. Das wäre vielleicht noch verzeihlich. Nicht aber, dass Bäume viel zu oft zu dicht gepflanzt werden. Hier waren es zum Beispiel nur 2?m Abstand zueinander und zur Fassade hin – eine artgerechte Entwicklung ist so spätestens ab dem dritten Standjahr ausgeschlossen.

Das allerdings ist nicht nur ein Versäumnis der Gärtner, sondern auch ein strukturelles Problem: Viele Bebauungspläne schreiben mehr oder weniger vor, dass ab einer Grundstücksgröße von 200?m² mindestens ein großkroniger heimischer Laubbaum gepflanzt werden muss. Eine behördliche Vorgabe, die sich nur sehr selten sinnvoll und vor allem mit langfristigem Erfolg umsetzen lässt. Daher sehe ich uns als Fachleute hier in der Verantwortung, auch mal ein klares Veto einzulegen, statt stur nach Vorgaben zu arbeiten. Was passiert mit einem Baum, der nur 2?m Abstand zur Fassade hat? Er wird nie eine artgerechte Krone ausbilden können, sondern muss regelmäßig zurückgeschnitten werden. Im besten Fall kümmert sich ein Fachmann darum, im schlechteren (und wahrscheinlicheren) Fall erledigt es der Hausmeister – so lange, bis der Baum gefällt wird, weil er sowieso nur „Dreck“ und Arbeit macht. Wie soll die Akzeptanz für Stadtbäume wachsen, wenn wir selbst solche problematischen Pflanzsituationen schaffen?

Immer wieder stoße ich auch auf unsachgemäß angebrachte oder falsch verwendete Baumverankerungen: Hier hatte man für die Hochstämme einen einfachen Zweibock gewählt, der für solche Zwecke schlicht nicht geeignet ist. Vielleicht wollte man die Situation retten, indem man die Stäbung aus der Baumschule einfach am Stamm beließ – ohne jedoch an die Folgen zu denken. Nach zwei Jahren Standzeit haben beide Fixierungen sichtbare Schäden hinterlassen. Der Zweibock hatte sich gelöst und führte zu ersten Stammverletzungen, während die Stäbungen aus der Baumschule einwuchsen und den Baum einschnürten.
Kaum einer der Bäume entspricht den Gütebestimmungen für Baumschulpflanzen – bei den meisten fehlt beispielsweise der durchgehende Leittrieb. Das ist Ware, die gar nicht hätte angenommen werden dürfen. Sollen solche Pflanzen dennoch verwendet werden, wäre ein fachgerechter Pflanzschnitt unerlässlich gewesen, um zumindest einige Mängel auszugleichen. Doch es scheint, als würden viele Gärtner diese Praxis zunehmend vernachlässigen – oft wird entweder gar nicht oder viel zu wenig geschnitten. Vielleicht auch aus Unkenntnis der Gütebestimmungen.

Positiv ist, dass ein funktionierender Stammschutz mittlerweile fast überall Standard ist. Umso überraschender, dass er hier komplett fehlte. Es ist wirklich schade. Jemand hatte sich Gedanken gemacht und eine eigentlich schöne Pflanzplanung erstellt. Doch sie wurde nicht zu Ende gedacht – und letztendlich auch nicht so umgesetzt, wie es vorgesehen war. Für den Betreiber des Seniorenheims bedeutet das nun eine Außenanlage, die mit einem normalen Pflegeaufwand kaum zu bewältigen ist. Ob meine Empfehlungen aus dem Gutachten umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Ich hoffe jedoch, dass wir als Branche unser Potenzial noch stärker ausschöpfen – und das innerstädtische Grün mit mehr Weitsicht und Sorgfalt gestalten. Denn gut geplante und fachgerecht umgesetzte Projekte sind nicht nur schöner, sondern auch nachhaltiger und pflegeleichter.
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