Eine große Familie
Die Diversifizierung im GaLaBau lässt sich bei der niederbayerischen Unternehmensgruppe Majuntke sehr schön wie unter einer Lupe studieren: Aus einer Gärtnerei heraus haben sich in der über 75-jährigen Geschichte unterschiedliche Firmen entwickelt, die jeweils ihre Spezialisierungen kultivieren. Das Band, das alles zusammenhält, ist die Familie. Wir haben uns das am Stammsitz in Mainburg angesehen und uns erzählen lassen, wo die Unterschiede und wo die Gemeinsamkeiten liegen.
- Veröffentlicht am

>> Video: 3 Fragen an Christian Thiel
>> Video: 3 Fragen an Simon Thiel
Es regnet in Mainburg. Es ist Ende April und nicht der beste Termin für einen Ortsbesuch in der Hallertau. Aber die Thiels haben heute Zeit, denn in den beiden zentralen Firmen am Hauptsitz ist „freier Freitag“; wie jeden vierten Freitag im Monat. Da ruht die Arbeit im gesamten Betrieb.
Obwohl der Standort organisch gewachsen ist, wirkt das Gebäudeensemble, das sich wie an einer Perlenkette den Hang hinaufzieht, harmonisch zusammen; erst das Pflanzencenter, dann der Gärtner-von-Eden-Betrieb, dann die 1992 errichtete Verwaltung der Landschaftsbau-Firma, darüber mehrere Gebäude, die zu einem Boardinghouse gehören, in dem die Firmengruppe Mitarbeitern Wohnraum anbieten kann. Die Begrünung dient gleichzeitig als Schaugarten. Große Schilder mit Logos ordnen die Gebäude den Firmen zu.
Zur Talseite auf der anderen Seite der Straße schließen die beiden Betriebshöfe an. Zwei Hackschnitzelheizungen versorgen seit 2008 über ein Nahwärmenetz die Gebäude und Gewächshäuser mit Wärme. „Das ist unsere Hauptverkaufsstraße“, lacht Simon Thiel, Geschäftsführer der Majuntke GmbH Gärtner von Eden, beim Rundgang über das weitläufige Gelände. Er und sein älterer Bruder Christian, der die mit 90 Mitarbeitenden größere Majuntke GmbH & Co. KG führt, geben am Stammsitz den Ton an. Die Jüngste im Bunde, Elisabeth Thiel, führt für ihren Bruder das Pflanzencenter innerhalb der Majuntke Baum-Garten-Floristik als eigenständiges Unternehmen.
Mit der Bundeswehr gewachsen
Als sich die Familie 1945 nach der Flucht aus Schlesien in Niederbayern wiederfand, musste schnell eine Zukunft her. Wilhelm Majuntke, schon vor dem Krieg als Gärtner beschäftigt, setzte auf das Grün. Er gründete 1946 eine Gärtnerei und war ziemlich früh auch im Landschaftsbau unterwegs: Die junge Republik musste wiederaufgebaut werden. Für die Wiederbewaffnung des Landes wurden gerade in Bayern an vielen Stellen Standorte für die 1955 neu gegründete Bundeswehr geschaffen. Überall wurden Begrünungen notwendig.
Als 1972 die Olympiade nach München kam, war Majuntke schon ein landschaftsgärtnerisches Großunternehmen. Udo Majuntke (am 28. Juni 2023 mit 82 Jahren verstorben), ältester Sohn des Firmengründers, nutzte die Auftragsflut rund um das Großereignis dazu, in München-Johanneskirchen (Umzug Ende der 80er nach Eching) eine Dependance aufzumachen. So ließen sich nicht nur die Aufträge besser abarbeiten und die Fahrzeiten verkürzen. Für den Nachfolger war es auch die Gelegenheit, seinen eigenen Weg zu gehen und der eigenen Philosophie zu folgen. Als sein Bruder Peter W. und seine Schwester Jutta Majuntke zusammen den Standort in Mainburg übernahmen, entschloss sich der Älteste, die damalige Grenzlandförderung zu nutzen, und 1974 in Deggendorf, nah am Zuhause seiner Frau und dem Gros seiner Mitarbeiter, einen neuen Standort zu eröffnen. Von dort spezialisierte sich der Ingenieur auf den Bau von Golfplätzen – da war schon der Vater Pionier gewesen – und auf Sportanlagen.
Eine Größe im Golfplatzbau
„Unseren Großvater haben sie immer für verrückt gehalten, wenn er nach Grünbach gefahren ist und mit dem Chef vom Erdinger Weißbier seine Bahnen gezogen hat“, erzählt Christian Thiel schmunzelnd über die Entwicklung des Golfsports in Bayern. „Mein Onkel hat das Geschäft gerochen und dann sehr erfolgreich den Golfplatzbau betrieben.“ Es hätten sich ja nur wenige an das neue Geschäftsfeld herangewagt und so war Majuntke mit einer Hand voll weiterer Akteure ziemlich alleine auf dem Markt. Über Jahrzehnte gehörte das Unternehmen zu den wichtigsten Playern und war mit der entsprechenden Maschinenausstattung auch im Sportplatzbau ein extrem leistungsfähiger Anbieter. Mit der Marktsättigung im Golfplatzbau hat sich dann der Schwerpunkt zunehmend in den Sport verschoben.
1977 geteilt
„Als unser Vater in die Familie einheiratete, wollte er etwas Eigenes haben und nicht als Vierter neben drei Geschwistern stehen“, erzählt Christian Thiel über die Ausgliederung des Handels. 1977 übernahmen Dr. Frank und Jutta Thiel das heutige Pflanzencenter, Blumenladen und Baumschule als Majuntke GdbR Baum-Garten-Floristik. „Das war bis in die 90er-Jahre noch eine Alleebaumschule mit 20, 25 ha Anbaufläche“, blickt Simon Thiel zurück. Sein Vater, promovierter Agrarwissenschaftler, konzentrierte sich auf das Endkundengeschäft und war auch treibende Kraft, als er gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Schwagern die Hausgarten Gesellschaft gründete. Als sein Sohn übernahm, war der Vater konsequent. „Er hat gesagt: Hier, übernimm es alles komplett, ich will die Verantwortung loswerden“, schaut Simon Thiel zurück und beschreibt seinen Vater als „Baumschuler mit Herz und Seele“. Der sei mit seinen 80 Jahren immer noch da und schneide etwa die Bäume und Formgehölze. Das Golfcar auf dem Hof nennen sie im Haus liebevoll „Papamobil“. Das hatte der Senior sich gewünscht, um mit Kunden in die Quartiere zu fahren. „Am Ende hat er ihnen doch den BMW-Schlüssel in die Hand gedrückt“, sagt Simon Thiel lachend.
Als Nachfolgende groß geworden
Christian, Simon und Elisabeth Thiel sind mit und in der Firma groß geworden. „Wir mussten über 40 werden, um herauszufinden, dass unsere Eltern uns keine Freude damit machen wollten, Lkw zu fahren, sondern, dass der Lkw-Fahrer unser Babysitter war“, erzählt die jüngste der drei Geschwister amüsiert. Christian Thiel, der Älteste, lernte mit 13 Schlepperfahren und beackerte mit 14 dank Sondergenehmigung samstags und in den Ferien die Baumschulreihen. Für alle drei war die Firma weit mehr als nur die Arbeit der Eltern. „Unser Vater hat immer gesagt: Natürlich könnt ihr alles machen. Aber danach kommt ihr nach Hause“, erklärt Christian Thiel die Vorprägung. Dass es am Ende doch alles etwas anders kam, als die drei und ihre Eltern es sich vorgestellt hatten, ergab sich eher zufällig. „Jeder hätte eigentlich was anderes machen sollen, als er jetzt macht“, blickt Simon Thiel zurück. Nachdem Udo Majuntke – der immer eine Leitfigur in der Firma wie auch im bayerischen Landschaftsbau war – seinen Neffen Ausbildungsplätze bei namhaften Betrieben (Simon Thiel bei Seidenspinner in Stuttgart, Christian Thiel bei Saule in Augsburg) besorgt hatte, entwickelten beide eine Leidenschaft für die Großbaustelle. Am Ende bekam der älteste den Zuschlag und der jüngere übernahm den Privatgarten. Die Schwester wiederum entschied sich für die Pflanzen und den Handel. In dieser Rollenverteilung sind am Ende alle aufgegangen.
Eine Gruppe familiärer Akteure
Seit 2018 sind die Beziehungen zwischen den beiden Standorten Mainburg und Deggendorf rechtlich neu geordnet. Zuvor hatten Christian Thiel und Peter T. Majuntke die Anteile ihres Onkels am jeweiligen Standort aufgekauft und sie dann 2018 miteinander getauscht. So sind die beiden Cousins jeweils Eigentümer ihres Standortes geworden. Die familiären Bande bleiben weiter erhalten: Die Firmen geben sich jeweils einen gewissen Gebietsschutz und sprechen sich bei Aufträgen an den Grenzen ihres Aktionsraums ab. Wenn es um Baumaschinentechnik oder Schüttgüter geht, gibt es ebenfalls im Bedarfsfall familiäre Kooperation.
Mit dem Firmentausch tätigte Christian Thiel dann noch einmal eine größere Investition und erfüllte sich einen Traum: Mit der Firma Majuntke – Logistik & Umwelt ergänzte er sein Angebot um Recyclingdienstleistungen und Schüttgüter aus eigener Produktion. Die 2003 von Peter W. Majuntke erworbene Sand- und Kiesgrube wurde dabei zum Dreh- und Angelpunkt. „Der Umweltgedanke rund um den Landschaftsbau hat irgendwie seinen eigenen Bereich gebraucht“, erklärt Thiel. Der gehöre zum Landschaftsbau wie alles andere, sei aber eben kein Landschaftsbau. „Es ist die logische Ergänzung“, freut sich der Unternehmer.
Jüngst hat er sich zusammen mit seinem Bruder einen weiteren Baustein der Wertschöpfung zugelegt: Mit der 2021 gegründeten Majuntke – Transport & Service sind die beiden in das Geschäft mit Fertigbeton und Betonblocksteinen eingestiegen. Auch samstags können die Betriebe aus der Region bei Majuntke Beton tanken. „Da habe ich das Gefühl, dass die Branche offener geworden ist“, meint Simon Thiel in Bezug auf mögliche Konkurrenzkonflikte. Im letzten Jahr waren es immerhin 1.300 m³ Beton, die die Tochterfirma gemischt hat.
Gleichzeitig betreibt das neue Unternehmen die Betriebstankstelle und bietet die Option, Transport- und Werkstattleistungen zu bündeln und für beide Betriebe vorzuhalten.
Eine weitere gemeinsame Unternehmung hatten die beiden bereits 2014 gegründet. Mit einer Grundstücks-GbR verwalten sie das im Jahr der Gründung gebaute Boardinghouse, das Mitarbeitenden und Externen günstig Wohnraum zur Verfügung stellt; auch das ein Mosaikstein im Erfolgskonzept.
Simon Thiel wiederum, der seinerzeit vom Vater die Baumschule und das bereits 1986 gegründete und später ausgegliederte Privatgartengeschäft übernahm, führt die unterschiedlichen Leistungen als Abteilungen (Holz- und Stahlbau, Bewässerung) beziehungsweise das Pflanzencenter als e.K. Letzteres bietet seinen Kunden unter anderem den Vorteil, Pflanzen zum vergünstigten Mehrwertsteuersatz einkaufen zu können. 50 % des Umsatzes im Pflanzencenter wird mit der Gartengestaltungsfirma erwirtschaftet.
Die Firmengruppe hat im Laufe der Jahrzehnte auch die ganze Region beeinflusst und viele weitere Firmengründungen nach sich gezogen. „Von den 20 Firmen in der Region sind sehr viele hieraus hervorgegangen“, erzählt Simon Thiel. Die größte ist Hallertauer Landschaft, gegründet von dem ehemaligen Majuntke-Prokuristen Joachim Heller. Aber auch Kiermeier Gärten zum Wohlfühlen (Auerkofen) hat seine Wurzeln bei Majuntke.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.