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Grüne Aussichten in Ismaning

Ab jetzt naturnah

Andreas Schweiger und Jürgen Lingg haben sich am ersten Studientag in Weihenstephan kennengelernt und sind seitdem Kumpels. Seit 2016 führen die außerdem „Grüne Aussichten“. Mit einem Schaugarten auf der Landesgartenschau in Kirchheim wollen sie sich strategisch neu aufstellen: In Zukunft soll naturnahe Gartengestaltung im Mittelpunkt stehen. Wir haben mit den beiden über die Idee und ihre Umsetzung gesprochen.

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Andreas Schweiger und Hürgen Lingg sind "Grüne Aussichten"
Andreas Schweiger und Hürgen Lingg sind "Grüne Aussichten"Tjards Wendebourg
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>> Video: 3 Fragen an Andreas Schweiger & Jürgen Lingg

Es ist Anfang März und es herrscht noch geschäftiges Treiben auf dem Gelände der Landesgartenschau Kirchheim. May Landschaftsbau stellt in etlichen Bereichen öffentliche Flächen fertig. Und auch einige Verbandsbetriebe bauen noch an ihren Beiträgen. Der Schaugarten von Grüne Aussichten ist schon seit letztem Jahr fertig. Für die junge Firma aus dem nahen Ismaning ist es der erste Auftritt auf einer Gartenschau – und der sollte sich abheben: „Wir haben gedacht, wenn wir da jetzt mitmachen, macht das nur Sinn, wenn wir mit einem neuen Produkt kommen“, sagt Andreas Schweiger, als er uns den Garten zeigt. Die Ismaninger wollen die Gartenschau nutzen, um festzustellen, ob die Zeit reif ist für Naturgärten. Denn, so das Kalkül, der beiden Ingenieure: der Großraum München müsste es eigentlich hergeben, von naturnahen Anlagen zu leben.

Strategische Entscheidung

Sich mit Naturgärten zu beschäftigen und die Gartenschau als Plattform zu nutzen, war eine bewusste strategische Entscheidung. „Das kann man alles machen, mit dem Stabmattenzaun, dem Feinsteinzeug, den Kirschlorbeerhecken und den Pools. Aber das ist nicht das, weshalb wir GaLaBau machen wollten“, meint Schweiger. „In unserem Businessplan stand drin, dass wir mit „Grüne Aussichten“ etwas Grünes machen wollten“, fügt er an. „Ich will das nicht aufbauschen – wir alleine werden die Welt nicht ändern: Aber mit Biodiversität und Artensterben – Du kannst da einfach was Gutes machen und Dein Geld damit verdienen“, ist Schweiger überzeugt. „Wir haben beide kleine Kinder daheim, da denkst Du ja schon: Ok, da muss was gehen.“ Das sei ja das Schöne an dem Beruf: „Da hast Du ja den Hebel“, findet er. „Und wenn wir es im Raum München nicht probieren, wer dann und wo dann?“ Vor rund drei Jahren sei dann die Überlegung gewesen, sich neu auszurichten und sich stärker zu spezialisieren. „Für Dach- und Fassadenbegrünung sind wir zu klein“, nennt der Unternehmer als einen der Gründe, weshalb die Entscheidung dann zugunsten der naturnahen Anlagen gefallen ist. Dazu kam, dass einer der Mitarbeiter konkretes Interesse an dem Thema hatte. „Nico Müller hat sich dann zwei Jahre lang zum Naturgarten-Profi ausbilden lassen und er brennt für das Thema“, erklärt Schweiger. Seit diesem Jahr ist die Firma Bioland-zertifizierter Fachbetrieb und bietet naturnahe Anlagen an – weitgehend Privatgärten. Aber auch der erste öffentliche Auftrag war schon dabei; mit erstaunlich wenig Konkurrenz, wie die Unternehmer überrascht festgestellt haben. „Wenn wir das vorher gewusst hätten“, lacht Schweiger. Insgesamt hat sich das erste Jahr auch ohne die Gartenschau schon gut entwickelt. Die Kunden kamen weitgehend über Empfehlungen und über Planerinnen und Planer des Naturgarten e.V., wo das Unternehmen gelistet ist. „Ich hatte ja eher Angst, dass der Markt noch nicht da ist. Aber bisher lässt es sich gut an“, kommentiert Schweiger das erste Jahr mit neuer Ausrichtung. In Kooperation mit der Firma Hammer & Kampermann (Glonn) bieten Grüne Aussichten auch Schwimmteiche an. „Wir haben ein paar treue Stammkunden, die uns von Anfang an unterstützt haben, die wollen wir auch weiter bedienen“, versichert Schweiger. „Die haben uns ja dahingebracht, dass wir das jetzt machen können.“

Im Studium kennengelernt

Die beiden Firmeninhaber sind mit unterschiedlichen Voraussetzungen und ohne GaLaBau-Lehre ins Landschaftsbau-Management-Studium an der Hochschule Weihenstephan gestartet. Jürgen Lingg (38), der Praktiker, kommt aus dem Allgäu und hat schon mit 14 in der Firma seines Bruders gearbeitet, die zu dieser Zeit auch landschaftsgärtnerische Leistungen anbot. Für ihn war klar, dass das Studium in die Bauleitung führen sollte. Der gleichaltrige Banker-Sohn Andreas Schweiger ist über den Ferienjob zum Landschaftsbau gekommen. Als Schüler arbeitete er im heimischen Ismaning in der Kompostanlage. „Ich habe da schon den großen Lader fahren dürfen. Das war mit 18 natürlich cool. Das hat mir taugt“, lacht der 38-Jährige. Kennengelernt haben sich die beiden am ersten Tag des Studiums und sind seitdem befreundet. Dass sie mal zusammen eine Firma führen würden, war da freilich noch nicht klar. „Wir haben zwar während des Studiums immer mal damit kokettiert, dass wir uns selbstständig machen“, meint Schweiger. Angefangen haben beide dann aber erstmal bei etablierten Firmen: Lingg bei Artinger in Niedertraubling, Schweiger bei Haderstorfer in Ergolding und später bei Niedermaier in Purfing. „Wir waren dann mal ein Wochenende zusammen unterwegs und da habe ich gesagt, dass ich jetzt selbst etwas anfange“, blickt Schweiger zurück. „Und dann hast Du überraschend …“ „…zugestimmt, dass ich auch keine Lust mehr hab, als Angestellter zu arbeiten“, führt Lingg den Satz schmunzelnd zu Ende. Das war 2016. Eine gute Zeit für eine Neugründung.

Gute Startbedingungen

Es sei gar nicht ihr Ziel gewesen, im gehobenen Hausgartenbereich zu arbeiten, meint Schweiger. Vielmehr wünschen sich die beiden Baustellen in der Nähe mit Auftraggebern, die passen. Dabei kam den Gründern zugute, dass Andreas Schweiger im wohlsituierten Münchner Vorort Ismaning über ein gutes Netzwerk verfügte und auch eine mögliche Heimat für das Unternehmen besitzt. Um das Risiko zu minimierten planten die beiden den von Schweiger im Eigentum befindlichen und sanierungsbedürftigen Reiterhof mit in das Konzept zu integrieren. „Ich hatte schon Reitplatzbau-Kurse bei der DEULA belegt“, schmunzelt Schweiger. Letztlich zerschlug sich die Idee nicht nur, weil der Pächter den Hof nicht freigeben wollte, sondern weil die Auftragslage es sehr bald nicht mehr notwendig machte, irgendetwas parallel zu machen.
Neben dem Netzwerk und den wirtschaftlich günstigen Rahmenbedingungen waren für den Erfolg der jungen Firma aber vielleicht zwei andere Faktoren viel ausschlaggebender: Die unterschiedlichen Kompetenzen der Gründer und ihr im Studium erworbenes Wissen. Wenn zwei unterschiedliche Charaktere gemeinsam etwas starten, benötigt es die gegenseitige Anerkennung der Schwerpunkte. Und genau das ist bei Grüne Aussichten gegeben. Lingg, der ruhige und praktisch begabte Allgäuer, sorgt für die Erdung und gewährleistete von Anfang an die bautechnische Zuverlässigkeit. Schweiger wiederrum, der redegewandte Oberbayer, steht für Verkaufserfolg, Marketing und Planung; zwei unterschiedliche Persönlichkeiten, die zusammengerechnet genau das liefern, was ein erfolgreicher Betrieb braucht. Gleichzeitig haben beide sich im Studium viel mit Organisation beschäftigt, Schweiger sogar seine Abschlussarbeit (Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems für den Privatkundenbereich) dazu verfasst. Der Erfolgsparameter war es, das Erlernte auf die Größe der Organisation herunterzubrechen; so komplex wie nötig und so einfach wie möglich. „Wir haben eine perfektionierte Ordnerstruktur. Das wird alles nach einem bestimmten System abgespeichert“, verrät Lingg. Ein selbstentwickeltes Skript hilft, die Tagesberichte zu verwalten. Für das Angebotswesen nutzt Grüne Aussichten mexxsoft. Für die Planung Morpholio Trace.Und noch etwas haben die beiden aus dem Studium mitgebracht: Den freien Blick auf den Markt. Wer sich ohne feste Einbindung in Branchengrenzen eine Zeit lang frei mit dem Beruf beschäftigen kann, bekommt einen anderen Blickwinkel für Arbeitsgebiete, Auftraggeberstrukturen und Mitarbeitende.

Es zählt die gute Stimmung

Für Schweiger, den seine alten Freunde immer noch in der Rolle des radlfahrenden Studenten sehen, ist die Lebensqualität ebenso wichtig, wie die Arbeit. Für seinen Kompagnon, der seinen Lebensmittelpunkt wieder ins 175 km entfernte Wangen verlegt hat, ist das ein bisschen schwieriger. Aber auch hier hat sich eine gute Lösung entwickelt. Lingg ist von Montag bis Mittwoch in Ismaning und arbeitet den Rest der Woche im Allgäu. „Wir haben gute Leute auf der Baustelle und manchmal schadet das gar nicht, wenn ich mittwochs schon entscheiden muss, was Donnerstag, Freitag und Montag passieren muss“, schmunzelt er. Auch für ihn sei das ein Stück Freiheit, donnerstags und freitags alleine im Büro zu sein und gar nicht das Gefühl haben zu müssen, sich zu rechtfertigen, wenn er die Kinder aus dem Kindergarten mal abholt, meint Schweiger. Die beiden leben damit etwas vor, was sie auch den Mitarbeitern anbieten – flexible Arbeitszeiten. „Du kannst Dich darüber beklagen, dass die Leute flexible Arbeitszeiten wollen, oder Du sagst, Du machst es einfach“, findet Schweiger. „Und das haben wir von Anfang an gemacht“, meint er. „Wir haben am Anfang gesagt, wir sind ein Start-up. Das wollen wir uns beibehalten.“ Damit machen sie dem stadtnah geprägten Mitarbeiterklientel ein interessantes Angebot. Das gemeinsame Lachen, die gute Stimmung ist dabei der Kitt, der den Laden zusammenhält. „Ich kann nicht immer lachen, aber die meiste Zeit möchte ich mit meinen Mitarbeitern eine gute Atmosphäre haben“, erklärt der Unternehmer und dazu gehöre auch Ehrlichkeit und Offenheit. „Wir sagen immer gesagt – Leute, kritisierts uns“, fügt er an. Er müsse sich nicht montags hinstellen und eine Ansage machen. „Den Respekt bekommst Du ja über die Leistung“, ist Schweiger überzeugt. Die manifestierte sich unter anderem in Zahlen – und die sind überdurchschnittlich gut.

Die Größe ist gesetzt

Die gute Auftragslage hat das Wachstum befeuert. Grüne Aussichten stellten einen Bauleiter ein und eine weitere Kolonne auf. Das hat sich nicht bewährt. „Das war bisher das Schwierigste, Leute wieder abzubauen“, gesteht Schweiger. Das, was vorher perfekt funktioniert hatte, funktionierte plötzlich nicht mehr. „Wir haben beide eine sehr ähnliche Arbeitsweise“, erklärt der Unternehmer. Da passte ein Dritter nicht so recht rein. Die Abstimmung wurde schwieriger und die Wertschöpfung stieg nicht im gleichen Maß wie der Stress. Für Lingg und Schweiger war es deshalb nur konsequent, wieder auf 13 Leute herunterzugehen. Neue Leute zu finden, war für das Unternehmen übrigens nie ein Problem. „Stellenanzeigen haben wir noch nie gebraucht“, versichert Schweiger. Manchmal werde man in der S-Bahn angesprochen und die Auszubildenden bekommen in der Berufsschule auch so manche Anfrage. Beide Inhaber haben in der Hochschule den Ausbildungsberechtigungsschein erworben und nutzen ihn auch für soziale Projekte. „Da haben wir auch schon einiges an Lehrgeld bezahlt“, schmunzelt Schweiger. Nachdem es mit einem jungen Mann aus der Psychiatrie so gut funktioniert hat, war die Ausbildung eines jungen Nigerianers weniger erfolgreich. Und auch eine junge Syrerin mit brillanten Zeugnissen verfolgte wohl eher andere Ziele, hatten die Unternehmen das Gefühl. „Aber wir bleiben dran“, lacht Schweiger.

Der Hof als Perspektive

Mittlerweile gehört der Hof außerhalb von Ismaning zur Verfügungsmasse. Hier ist erstmal genug Platz für eine Halle und ein Materiallager. Als wir Grüne Aussichten besuchten, war gerade Zeit für das Eingrooven in die Saison. Alle Mitarbeiter hatten sich eingefunden und Schweiger stimmte das Team auf die kommenden Monate eine; eine Art Betriebsversammlung mit Bier und Bratwurst. Außerdem nutzten die beiden Unternehmer die Gelegenheit, mal alle zusammenzuhaben, für ein neues Teambild für die frisch aufgesetzte Website. „Der Schaugarten hat uns einen Schub gegeben“, meint Schweiger. „Die Internetpräsenz hätten wir ohne Gartenschau wohl nicht neu aufgesetzt.“ Die neue Seite soll auch einen Blog bekommen und Schweiger die Möglichkeit bieten, eine alte Leidenschaft auszuleben: „Ich habe immer gerne geschrieben – das ist für mich keine Arbeit“, sagt er. „Das mache ich abends, wenn die Kinder im Bett sind.“

 

Naturgarten auch für die Mitarbeiter

Die Blog-Themen für dieses Jahr sind erstmal gesichert: „Wir werden ein paar gute Partys machen“, lacht Schweiger und meint damit den Schaugarten in Kirchheim, der neue Kunden bringen und Vorurteile abbauen soll. „Der Garten soll uns auch helfen, das Thema Naturgarten zu erklären“, fügt Lingg an. Da käme oft die Frage: „Naturgarten – was soll das sein?“, meint er. Schließlich gilt es auch mit überkommenen Ordnungs- und Schönheitsidealen aufzuräumen und neue Sichtweisen zu vermitteln – Grüne Aussichten eben. Aber der Naturgarten auf der Gartenschau soll nicht nur Kunden ansprechen – die nach ersten Erfahrungen übrigens sehr angenehm im Handling sind. Die Neuausrichtung ist auch nach innen gerichtet. Denn neben flexiblen Arbeitszeiten und flacher Hierarchie sehen die Unternehmer auch bei den Mitarbeitenden den Bedarf, etwas Sinnvolles zu tun. „Deswegen haben wir auch gedacht, gerade für unsere jungen Mitarbeiter machen wir jetzt etwas mit Permakultur und Naturgarten“, sagt Schweiger, der selbst von der Idee fasziniert ist, auf dem Hof mit Landbau zu experimentieren und in Zukunft auch Kurse dazu anzubieten. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir da mal Flächen anlegen und Seminare geben“, meint er. Da etwas aufzubauen, wo man den Städtern vermittelt, wie nachhaltige Landwirtschaft aussieht, reizt den Unternehmer. Jetzt wollen die beiden erstmal abwarten, wie sich die Sache mit der Gartenschau entwickelt, die ja mitten im eigenen Aktionsraum stattfindet und deswegen auch viel leichter zu bespielen ist. Mit ein bisschen Übersetzungsaufwand gelingt es vielleicht auch, gewerbliche Auftraggeber anzusprechen, die im Großraum München um Kunden und Mitarbeiter buhlen. Erste Anfragen gebe es und für die Unternehmer liegt dort noch einiges an Potenzial. „Da wollen wir schauen, dass wir bald ein gescheites Referenzprojekt haben“, meint Schweiger. Außerdem soll das ganze Unternehmen noch digitaler werden. Aber streng nach der Grüne-Aussichten-Philosophie: Nur so viel wie nötig und so einfach wie möglich.

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Grüne Aussichten
Am Seebachanger 19, D-85737 Ismaning
Telefon 089 40 19 21 02-0
info@grueneaussichten.de
www.grueneaussichten.de (neue Homepage ab Anfang Mai)

 

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