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Figuren aus Gehölzen

Schnittige Dienstleistung

Der Formschnitt macht aus Gehölzen kleine Kunstwerke. Um sie zu erhalten, muss regelmäßig nachgeschnitten werden. Wer Formgehölze pflegt, hat damit beim Kunden einen pflegerischen Dauerauftrag.

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Die immergrünen Gehölze bringt Remo von Arx mit der Motorheckenschere in Form.
Die immergrünen Gehölze bringt Remo von Arx mit der Motorheckenschere in Form.Gärten von Arx
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Formschnitt ist etwas, das Remo von Arx im Blut liegt. „Ich habe immer schon sehr exakt Hecken geschnitten“, erzählt der Schweizer Landschaftsgärtner. Er hat sich vor 17 Jahren in Biessenhofen unweit des Bodensees selbstständig gemacht. Seine Leidenschaft gilt den Pflanzen, Natursteinarbeiten und dem Formschnitt. Lange Zeit war es einfach seine Art, Koniferen und Buchs so exakt wie möglich zu schneiden. „Wenn ich Pflanzen schon eine Form gebe, dann doch eine genaue“, ist von Arx’ Ansicht. Bei ihm dauert das nicht wesentlich länger als der „normale“ Schnitt. Lediglich beim Schneiden von Kugeln muss er sich selbst disziplinieren. „Eine Kugel ist für mich nie fertig, ich könnte ewig schneiden. Ich muss ihr dann einfach irgendwann den Rücken zudrehen“, schmunzelt er.

Werkzeug ist das A und O

Der exakte Schnitt steht und fällt mit gutem Werkzeug. „Angefangen habe ich beim Heckenschnitt mit einer Elektroheckenschere“, erinnert sich der Schweizer. Auch wenn das Kabel manchmal genervt hat: Die Schere war leicht, die Laufzeit unbegrenzt. Um unabhängig vom Kabel zu werden, wechselte er etwas widerstrebend auf eine Akkuheckenschere. Deren Akku war im Gerät verbaut, das Gesamtgewicht betrug 4,5 kg. „Irgendwann habe ich davon Probleme mit der Schulter bekommen.“ Schließlich entschied er sich für eine Heckenschere mit Rückenakku. Sie wiegt 3,5 kg, und der Rückenakku hält den ganzen Tag durch. „Damit kann ich wieder sehr genau arbeiten.“ Bei Blütengehölzen verzichtet er auf den Formschnitt mit der Heckenschere und greift zur Handschere. Dabei schwört er seit Beginn seiner landschaftsgärtnerischen Tätigkeit auf Felco, die mittlerweile von den Okatsune-Heckenscheren ergänzt werden.

Seit 2019 postet von Arx seine Naturstein- und Schnittarbeiten auf dem Bildernetzwerk Instagram. Das hat ihm mittlerweile rund 3.700 Follower beschert. Mittlerweile generiert er mit dem Account auch Kundschaft, die entweder Natursteinarbeiten möchte oder Interesse am Formschnitt hat. Doch es sind nicht nur potenzielle Kunden, die ihm auf der Plattform folgen. Weltweit gibt es Formschnitt-Spezialisten, die sich über das Medium vernetzt haben. Sie sind vor allem in England, aber auch in Frankreich, Italien und Australien beheimatet. Die „Topiary Specialists“ formen aus Buchs und Koniferen Wellen, Spiralen, Zacken, Etagen, Stufen, Ovale, Trapeze, Schirme und Kegel, ja, gestalten auf Knie-, Hüft- oder Augenhöhe ganze Landschaften. Gerne würde Remo von Arx bei einem dieser Künstler einmal eine Weiterbildung machen. „Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der Schweizer Gartenbesitzer derartige Kunstwerke tatsächlich nachfragen würde“, scherzt der Scherenkünstler.

Japan im Garten

Wer sich für Formschnitt interessiert, kommt an Niwaki, den japanischen Gartenbäumen, nicht vorbei. Sie werden umgangssprachlich und fälschlicherweise auch als Garten-Bonsai bezeichnet. Bonsai bedeutet „Baum in der Schale“ und ist damit so ziemlich das Gegenteil eines im Freiland ausgepflanzten Baums. Wer selbst einen Niwaki heranziehen will, braucht Know-how und Geduld – etwa sechs bis sieben Jahre dauert es, bis beispielsweise aus einer Kiefer ganz allmählich ein Formgehölz wird.

Als Niwaki eignen sich Nadelbäume und bestimmte Zypressengewächse. Geeignet sind immergrüne Nadelbaumarten wie Wacholder ( Juniperus ), Eibe ( Taxus ), Stechpalme ( Ilex ) und die Scheinzypresse ( Chamaecyparis ), die oft verächtlich als Friedhofspflanze bezeichnet wird, als Formgehölz jedoch recht attraktiv wirkt. Mit der Kiefer, von denen viele Arten mehrere hundert Jahre alt werden, verbinden Japaner Ausdauer, Stärke und Langlebigkeit. Beliebte Kiefernarten im Japangarten sind die Japanische Schwarz-Kiefer ( Pinus thunbergii ), die Japanische Rot-Kiefer ( Pinus densiflora ) und die Mädchen-Kiefer ( Pinus parviflora ). Für den Formschnitt sind auch viele andere Kiefernarten geeignet, wie beispielsweise die Schwarz-Kiefer ( Pinus nigra ), die heimische Wald-Kiefer ( Pinus sylvestris ) oder die Dreh-Kiefer ( Pinus contorta ).

Gartendesigner Marco Seidl hat sich seit 18 Jahren mit seinem Fachbetrieb im hessischen Ober-Wöllstadt bei Frankfurt am Main auf Japangärten im modernen Stil spezialisiert und gestaltet diese europaweit. Für seine Traumbaum-Ausstellung hat er in den vergangenen Jahren viele schöne Unikate aus Japan importiert. Kunden, aber auch Branchenkollegen schätzen die exklusive Auswahl und sein Fachwissen zu Niwakis. Mit der Mädchen-Kiefer als Niwaki hat Seidl in den vergangenen zwei Jahrzehnten die besten Erfahrungen gemacht. „Ich habe früher auch Ilex und Eiben als Formgehölze gepflanzt.“ Ilex allerdings ist empfindlich, was zu viel oder zu wenig Sonne, Kälte und Wasser betrifft, Eiben wiederum sind anfällig für Pilzkrankheiten und Schildläuse.

Niwaki früh erziehen

Früh übt sich, was ein Niwaki werden will und soll. Die Erziehung beginnt beim ganz jungen Baum und ist im Idealfall eine harmonische Kombination aus dem Habitus des Baums und der Vorstellung des oder der Pflegenden. Durch den Formschnitt wird nicht nur die Höhe der Pflanzen, sondern auch deren Form kontrolliert. Ziel sind die typischen tellerförmigen Pompons. Für Marco Seidl hat ein attraktiver Niwaki flache, gleichmäßige Teller. „Was man hingegen oft sieht, ist Tellerpingpong, wie ich es nenne, also Teller mit ganz unterschiedlichen Höhen.“

Die Äste sollten nicht wie die Speichen eines Wagenrades abstehen, sondern in unterschiedlichen Winkeln aus dem ebenfalls möglichst etwas gebogenen Stamm wachsen. Einen Jungbaum zu einem Niwaki zu erziehen, erfordert viel Können und Geduld. In Japan ist man seit Jahrhunderten mit dieser Tradition vertraut, daher werden Bäume für exklusive Gartenprojekte oft von dort importiert und nicht hier von Grund auf erzogen.

Viele haben Respekt vor dem Schnitt

Damit ein Niwaki seine Form behält und sich entsprechend weiterentwickelt, benötigt er einen fachgerechten Schnitt. „Ich habe festgestellt, dass viele Kollegen Angst haben, solche Bäume zu pflegen“, sagt Seidl. Kein Wunder, kosten Niwaki in Höhen von 2 bis 3 m je nach Baumart durchaus schon mal 15.000 € und mehr. Hier können Schnittfehler teuer werden. Um Gärtnern diese Angst zu nehmen, bietet er einen Schnittkurs an.

Allerdings findet Seidl schon den Begriff „Schnitt“ nicht ganz korrekt. Bei der Pflege der Kiefern beispielsweise wird mehr abgebrochen beziehungsweise abgedreht als abgeschnitten. Die Kerzen des Neuaustriebs müssen herausgedreht werden. Dabei sollte man die neu ausgetriebenen Nadeln nicht verletzen, da sie sonst braun werden. Ebenfalls von Hand lassen sich die Nadeln des Vorjahres entfernen – wo das nicht geht, kommt nahe am Ast die Schere zum Einsatz. „Wichtig ist zudem, Luft in die Teller zu bringen“, sagt Seidl. „Dazu sollte man die Schere sehr spitz ansetzen.“ Neben klassischen Astscheren kommen bei der Pflege der Niwaki noch Konkavzangen aus dem klassischen Bonsaischnitt zum Einsatz. „Damit kann man sehr bündig am Stamm schneiden.“

Wichtig ist Seidl neben bestimmten Schnitttechniken, dass die Teilnehmer seines zweitägigen Kurses am Ende ein Gefühl dafür bekommen haben, welche Ergebnisse sie auf Dauer mit welchen Maßnahmen erzielen werden. Ohne Pflege entwickelt sich ein Niwaki nach und nach wieder zu seinem ursprünglichen Habitus zurück. Irgendwann wird es dann schwierig bis unmöglich, die vorher geduldig entwickelte Form noch einmal herauszuarbeiten. Seidl findet das schade, denn schließlich wurde viel Zeit und Geld in diese Bäume investiert. „Viele Gartenbesitzer sind ohne Hilfe mit solchen Bäumen überfordert.“ Wer sich fit macht in der Pflege dieser Gehölze, kann damit eine zwar kleine, aber durchaus lukrative Nische mit zahlungskräftigen Kunden besetzen.

Remo von Arx, CH-Biessenhofen

Buchtipp
 

Niwaki: Japanische Gartenbäume und -sträucher schneiden und formen

Jake Hobson: Niwaki. Japanische Gartenbäume und -sträucher schneiden und formen. Jake Hobson. 3. Auflage 2021. 144 S., 236 Farbfotos, 180 farbige Zeichnungen, geb. ISBN 978-3-8186-1282-5. € 45,00. ET-Ist: 16.09.2021

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