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Obstgehölzpflege in der Wintersaison

Fachkundig schneiden statt „schnippeln und absäbeln“

Wer regelmäßig Bäume und Sträucher schneidet, ist nicht automatisch qualifiziert, um Obstgehölze fachgerecht zu pflegen. Das Ergebnis eines falschen Pflegeschnitts zeigt sich meist schon im Folgejahr durch unkontrolliertes Austreiben und später in mangelhafter Zahl und Qualität der Früchte.

von Stefanie Twele erschienen am 13.11.2025
Äste umgekippt durch Fruchtlast – hier ist fachgerechter Schnitt notwendig. © Stefanie Twele
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Die richtige Obstgehölzpflege fängt bei der Planung der Schnitt-Termine an. Steinobst verträgt den Pflegeschnitt am besten zwischen Johanni und Weihnachten, während es für das Kernobst zwei Schnittperioden gibt – je nach dem, welches Schnittziel man verfolgt.

Mit dem Schnitt im belaubten Zustand (Johanni bis ca. Oktober) kann der Wuchs beim Kernobst gebremst werden, während ein Schnitt im unbelaubten Zustand (circa Ende Oktober bis spätestens Beginn der Apfelblüte im Folgejahr) den Neuaustrieb fördert. Jede Baumkrone ist anders – bei Apfelbäumen variiert sie zwischen steil und kräftig nach oben treibenden Stark-Ästen über peitschenartig lange und dünne, nahezu unverzweigte Äste, die sich schon traurig gen Boden neigen, sobald sie nur einen einzigen Apfel tragen sollen, bis hin zu kurz und gedrungen wachsenden, oft brüchigen Ästen und Kronen, die in Vollertrags-Jahren schnell auseinanderbrechen.

Unterschied zwischen stark- und schwachwachsenden Sorten

So individuell, wie jede Apfelsorte wächst, möchte sie auch gepflegt werden. Während ein starkwüchsiger Boskoop auch größere Schnittwunden verkraftet und gut verheilt, können schwachwüchsige Sorten, die eventuell auch noch krankheitsanfällig für Obstbaumkrebs oder Schorf sind, nur sehr kleine Schnittwunden verheilen und – bei korrekter Schnittführung – im verbleibenden Holz abschotten. Zu häufig sieht man große Wunden am Stamm durch unsachgemäßen Rückschnitt, die der Baum nicht verheilen kann, und die seine Lebenserwartung durch falschen Sägeschnitt um 30 bis 50 % vermindern können.

Der Kunde sagt: „Mein Baum wird mir zu groß, er soll zurückgeschnitten werden“ – und die Jedermann-Alles-Könner unter den GaLaBau-Betrieben, die jeden Auftrag gern annehmen, gehen radikal mit der Säge zu Werke und erzeugen Kleiderhaken an Garderobenständer-Bäumen, die jedem Möbelhaus zur Ehre gereichen, die aber den so verunstalteten (Obst-)bäumen letztlich den Garaus machen. Es fehlt an Wertschätzung für unsere Immobilie Obstbaum.

Gleiches gilt auch für alle anderen Arten unseres Kulturgutes Obst. Pflaumenartige und Birnen wachsen gern steil nach oben und können durch gezielten Schnitt in der Höhe begrenzt und zu ausladenderem Wuchs erzogen werden, um zum einen die Erntezone in erreichbarer Höhe zu halten und zum anderen eine gute Durchlüftung der Krone zu erzielen. Bei Kirschen und Pflaumenartigen kann man dadurch zum Beispiel die Pilzkrankheit Monilia erheblich eindämmen.

Alte Regel teilweise überholt

Dabei ist zu beachten, dass jeder Baum mit einer Krone, „durch die man einen Hut werfen kann“, viel zu kahl geschnitten wurde. Heute, in Zeiten des Klimawandels, ist Sonnenbrand auf Ästen und Früchten bei solchen unsachgemäß ausgelichteten Obstbäumen leider an der Tagesordnung. Daneben gilt es, die Anleiterbarkeit der Leitäste durch gezielt erzogenes Dickenwachstum zu ermöglichen. Es gilt, die Stark-Äste so mit kurztriebigem Fruchtholz „zu garnieren“, dass dieses durch sein Laub für wechselnden Schatten sorgt und – ganz nebenbei – durch seine Assimilation zum Dickenwachstum und späterem Fruchtertrag erheblich beiträgt.

Wenn die Pflegeperson dann noch darauf achtet, dass „auf die richtige Austriebs-Knospe“ geschnitten wird und „unerwünschte“ Knospen ausbricht, spart sie sich in den Folgejahren manchen unnötigen Schnitt und bekommt den gewünschten Neutrieb an der „richtigen“ Stelle und im richtigen Steigungswinkel.

Obstgehölzpflege ist ein lohnendes, sehr spannendes Spezialgebiet in der Baumpflege – für den richtigen Schnitt ist fundiertes Fachwissen erforderlich, welches heute in mehreren Obstbaumschnittschulen erworben werden kann. Die Autorin Stefanie Twele ist zertifizierte Baumwartin mit zweijähriger Ausbildung an der Thüringer Obstbaumschnittschule in Erfurt.

Nagerschaden – hier war der Verbiss-Schutz mangelhaft.
Nagerschaden – hier war der Verbiss-Schutz mangelhaft. © Stefanie Twele
Obstbaumschnitt
Obstbaumschnitt © Verlag Eigen Ulmer
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