
Gute Ergebnisse – ganz ohne Leiter
Oft erreicht man beim Stutzen von Hecken oder Wandbegrünungen nicht alle Bereiche. Um auch ohne Leitern oder Gerüste heranzukommen, bedient man sich einer Heckenschere mit Verlängerung. Unser Technik-Fachmann Ekkehard Musche hat sich einige Modelle intensiv vorgenommen und gibt Tipps, worauf es bei diesen Geräten ankommt.
von Ekkehard Musche erschienen am 03.06.2024Stab- oder Hochheckenscheren gibt es in verschiedenen Längen als Einzweckgerät (Stihl, Cramer), als Mehrzweckgerät mit Verlängerungsstücken (EGO) oder in der teleskopierbaren Ausführung (Husqvarna). Alle basieren auf dem gleichen System. Unten beim Bediener befindet sich der Akkuschacht, und die im Führungsrohr eingebettete Welle oder der Kabelbaum überträgt die Drehbewegung oder die Ansteuerung auf das Heckenscherenmesser.
1Um möglichst viele Gestaltungsmöglichkeiten des Heckendachs abzudecken, besitzen diese Geräte eine Messerwinkelverstellung, damit recht-, spitz- oder stumpfwinklig geschnitten werden kann. Aufgrund der Schaftlänge von bis zu über 3 m und der recht schwergewichtigen Heckenschere belastet die Arbeit damit den Schulter- und Armbereich recht stark. Der Schultergurt verringert dies zwar, aber eine mehrstündige Arbeit geht doch erheblich auf die Knochen. Deshalb sollten diese Geräte hauptsächlich zum Beschneiden von schwer zugänglichen Hecken und Wandbegrünungen eingesetzt werden.
Ob man dann Mehrzweck- (wie EGO PH1420E) oder Einzweckmaschinen (wie Husqvarna, Stihl, Cramer) einsetzt, hängt vom Aufkommen derartiger Arbeiten ab. Denn die Einzweckgeräte sind ergonomisch und schnitttechnisch professioneller konzipiert. Mit den Mehrzweckgeräten können dafür viele weitere Arbeiten erledigt werden. Nicht zu vergessen ist der Einsatz derartiger Maschinen zum Stutzen von Bodendeckern und Stauden sowie zum Entfernen von Wasserschossern. Folgende Aspekte sind entscheidend.
Motorisierung, Leistung, Gewicht, Gewichtsmittelpunkt, Schnittlänge: Diese Maschinen sich mit Verbrennungsmotor anzuschaffen, ist widersinnig. Denn der Heckenscherenantrieb verlangt keine große Motorleistung und ist deshalb bestens für den Akkuantrieb geeignet. Entscheidend sind Gewicht, Gewichtsverteilung und Stabilität.
Die genaue Fixierung beim Schnitt ist schon so anstrengend genug, und jede 100 g mehr machen sich sofort im Schulter- und Armbereich bemerkbar. Das ist auch der Grund, warum die Schnittlängen meist unter 60 cm bleiben. Das am oberen Ende befindliche Schneidwerkzeug würde bei größeren Messerlängen noch mehr an den Muskeln zerren. Deshalb ist der Gewichtsmittelpunkt von Bedeutung. Denn auch hier wirkt das Hebelgesetz, und je mehr Gewicht vom Haltepunkt nach oben verlagert wird, desto mehr Kraft muss bei der Bewegung der Heckenschere aufgewendet werden.
Die Spannung spielt dann eine Rolle, wenn stark verfilzte Gehölze gestutzt werden sollen. Da sind die Maschinen über 50 V am durchzugskräftigsten.
Ergonomie: Da dieser Gerätetyp ständig in die Höhe gehalten, in unterschiedliche Richtungen gedreht oder gekippt werden muss, sind Griffanordnung und -gestaltung extrem wichtig. In diesem Bereich zu spartanisch zu konstruieren, ist kontraproduktiv. Wenn alle Griffe mit gummierten Einlagen (wie bei Stihl HLA 135, Cramer 82PH23) versehen werden, sorgt das für ein angenehmeres und ermüdungsfreieres Zupacken. Da die natürliche Handhaltung rechtwinklig zum Wellenrohr ist, sind zusätzliche verstellbare Rund- und Quergriffe (wie bei EGO PH1420E, Stihl HLA 135) vorteilhaft. Sie ermöglichen einen Wechsel der Handhaltung je nach Lage des Scherenkopfes und somit eine optimale Lastverteilung.
Des Weiteren muss beachtet werden, dass ein Handwechsel zum Bedienen des Gasgriffs möglich ist. Ein über das Wellenrohr gezogener Rohrgriff zwingt zu einer völlig anderen, ungünstigeren Griffhaltung als Rund- und Quergriffe. Vorteilhaft bei Rohrgriffen sind Wulstenden, die für einen besseren Halt sorgen (Stihl HLA 135, Cramer 82PH23).
Für die kurzzeitige Bearbeitung höherer Bereiche ist ein heckseitiger Rundgriff (wie bei Cramer 82PH23, Husqvarna 520iHT4) von Vorteil, weil man dadurch das gesamte Gerät problemlos und sicher hochheben kann. Außerdem dient er als Stützfuß beim Abstellen der Maschine. Die serienmäßige Gurtausstattung beim Einsatz als Hochheckenschere ist bei allen nicht optimal. Da könnten Modelle aus dem professionellen Freischneiderbereich hilfreich sein. Stihl bietet deshalb für sein Modell einen Standfuß und den Forstgurt Advance X-TREEm HT als Zubehör an.
Messerverstellung/Neigungswinkel/Transportlänge: Stabil und trotzdem leichtgängig sollte diese Verstellvorrichtung sein. Meistens wird dies über federbelastete Raststifte erreicht. Das erlaubt die Einstellung einer Vielzahl von Neigungswinkeln, aber nicht von allen. Dies geschieht meistens einhändig über einen Hebel mit Einrasttaste (EGO HTA2000) oder Zughülse (Stihl HLA 135). Dabei wurde das Verstellen beim Tastensystem angenehmer als beim Zugsystem empfunden, da nur die Finger und nicht die gesamte Hand agieren mussten.
Beide sind stabil und zuverlässig. Aber der Hebel ragt vor und er kann sich verhaken. Dies ist bei der Ziehhülse beim Husqvarna- beziehungsweise Zugschalter beim Cramer-Gerät nicht möglich. Aber hier wird die zweite Hand zur Winkeleinstellung benötigt. Wichtig ist, dass alle eine Transportstellung besitzen. Denn bis auf das Multitool von EGO (90 cm) haben alle anderen eine beachtliche Transportlänge von 160 bis 190 cm.
2Kraftübertragung, Wellenform, Wellenlagerung, Gestängeaufbau: Je weiter man die Drehbewegung übertragen muss, desto ausschlaggebender ist die Wellen- und Wellenlagerungskonstruktion. Zum ersten muss die Kraft des Motors mit möglichst wenigen Reibungsverlusten und mit geringem Verschleiß übertragen werden. Das gelingt durch in Kugellagern geführte Vollstahlwellen mit Sternenden am besten. Denn eine stabile Wellenlagerung, eine starre Welle und ein verzahnter Wellenübergang sorgen dafür, dass sich keine übermäßigen Schwingungen aufbauen und der Wellenverschleiß sich in Grenzen hält.
Deshalb sind Zahnwellenenden (EGO HTA2000) den vierkantigen (Stihl HLA 135) vorzuziehen. Zusammen mit den Messervibrationen würden sich diese sonst schmerzlich in den Händen des Bedieners bemerkbar machen und die gesamte Maschine beeinträchtigen. Besonders bei Einzweck-Hochheckenscheren sind deshalb starre Vollstahlwellen notwendig. Werden diese dann von Kugellagern gehalten, ist auf lange Sicht für einen ruhigen Wellenlauf gesorgt.
3Bei den Mehrzweckgeräten mit geteilten, kurzen Wellen ist das nicht ganz so entscheidend. Hier sind die Wellenübergänge und Rohrsteckkupplungen bedeutender. Die Rohrsteckkupplungen sollten unbedingt eine werkzeuglos händelbare, formschlüssige und kraftschlüssige Verriegelung besitzen. Nur dadurch kann ein in allen Belastungsformen haltende Verbindung erzielt werden, die jederzeit leicht wieder zu lösen ist.
Bei den teleskopierbaren Varianten muss der Ver- und Entriegelungsmechanismus leichtgängig, verschleißfest und kräftig zupacken, damit bei dieser rein kraftschlüssigen Verbindung keine ungewollten Längenänderungen auftreten. Da in der Husqvarna- und der Cramer-Variante der Motor direkt am Messerantrieb sitzt und somit keine Wellen zur Übertragung benötigt werden, entsteht ein anderes Gewichtsverhältnis, und eine Teleskopierbarkeit ist technisch einfacher möglich.
So verlief der Praxiseinsatz
Geschnitten wurden Thuja in Heckenform sowie Efeu, Kletterrosen und Knöterich als Wand- und Dachbegrünung. Dabei war es wichtig, ob alle Wuchsdicken sauber durchtrennt wurden. Dabei konnten auch die Messerkonstruktionen beweisen, ob sie Fein- und Grobschnitt gleichermaßen gut bewältigen. Das gelang bis 10 mm bei allen anstandslos. Ging es in den 15-mm-Bereich, wurden die Schnittstellen bei allen Modellen aber unsauberer. Allerdings kam es dabei zu keinerlei Verklemmungen oder Blockaden.
Alle Messerkonstruktionen erwiesen sich als sehr stabil, keine Auf- und Verbiegungen waren erkennbar. In stark verfilzten, dichten Gehölzen (alter Knöterich) waren die Geräte mit höherer Spannung (EGO PH1420E, Cramer 82PH23) im Vorteil, da sie eine höhere Fortschrittsgeschwindigkeit beim Schnitt ermöglichten.
4Aufgrund des Gewichts sahen die beteiligten Testteilnehmer deshalb das Haupteinsatzgebiet der Hochheckenscheren bei Kurzhecken, Einzelgehölzen, Bodendeckern und Wand- und Zaunbegrünung. Besonders bei letzterem konnte diese Bauform an meisten punkten. Sehr gut gelang auch der Schnitt von Gehölzen an Lärmschutzwänden oder -wällen und bewachsenen Stabgitterzäunen. In diesen Bereichen kommen die Vorteile voll zum Tragen, da dort keinerlei Gerüste oder Ähnliches gestellt werden können.
Der Rundgriff wurde von allen als angenehmer als der Rohrgriff empfunden. Der heckseitige Rundgriff bei der Husqvarna- und Cramer-Maschine eröffnete neue Höhenbereiche, an die sonst kein anderer herankam.
Ob nun die Hochheckenschere als Einzweck- oder Mehrzweckgerät angeschafft werden sollte, hängt allein von Art und Aufkommen derartiger Einsätze ab. Tendenziell geht das Einzweckgerät eher in Richtung GaLaBau und Kommune und das Mehrzweckgerät in Richtung Facility-Management und Hausmeisterdienst. Das eine Kilogramm Differenz zwischen leichtestem und schwerstem Gerät sollte dabei nicht unterschätzt werden, denn ab 30 min Einsatz lastet jedes Gramm gefühlt doppelt auf Schulter und Armen.
Die Leistungsunterschiede zwischen Verbrennungsmotor und Akkuantrieb sind in diesem Segment so gut wie verschwunden. Durch den geringeren Leistungsbedarf kommt man mit zwei bis vier Akkus über den ganzen Tag.
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