Arbeitssicherheit systematisieren
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Es gehört sich für eine Fachzeitschrift, immer ein bisschen Distanz zu gewerblichen Anbietern zu halten; ganz besonders, wenn es ein Konkurrenzgefüge gibt. Bei Foster gibt es nicht wirklich Konkurrenz. Das Produkt der Firma FarmTool Farmsoftware aus Gescher bedient eine Nische, die zumindest im GaLaBau bisher verweist war. Foster ist eine Software für Arbeitssicherheit. Sie greift den Unternehmern digital unter die Arme und schafft die Grundlage zur rechtssicheren Dokumentation. Die Corona-Krise hat diesen Bereich kräftig gepuscht. Denn digital lässt es sich auch in Pandemie-Zeiten prima unterweisen.
Am Anfang hatte Firmengründer Dr. Rolf Nathaus die Arzneimitteldokumentation in der Veterinärmedizin im Fokus. Daraus entwickelte sich unter der Leitung von Johannes Klönne das Produkt Foster. Vier Fachkräfte für Arbeitssicherheit mit der rechtlich notwendigen bereichsbezogenen Ausbildung bieten im Bedarfsfall über den Foster SiFa-Service die gewünschte Unterstützung und sicherheitstechnische Betreuung. Mit dieser Hilfe ist auch der Prozess der Gefährdungsbeurteilung (GBU) recht schnell erledigt. Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit (SiFa) sind das zweite, nicht digitale Standbein. Sie helfen vor Ort aktiv mit bei der Erstellung der GBU, unterstützen bei Gruppen- oder Azubiunterweisungen und beraten bei einer möglichen Implementierung des Arbeitssicherheitsmanagementsystems (AMS) im Unternehmen.
Hinter Foster steht ein aus der Industrie zugekaufter Software-Rohling. „Wir haben von der Firma Secova die leere Software zugekauft, an die grüne Branche angepasst und alles mit den notwendigen Inhalten ausgestattet", erläutert Luisa Hintze, zuständig für den Vertrieb. Damit gewährleistet die Software Rechtskonformität und erfüllt die Anforderungen der Berufsgenossenschaft (BG). Wer das Programm erwirbt, bekommt zuerst einen „digitalen Kochtopf" serviert. Foster stellt darin alle notwendigen „Zutaten" in Form von Gefährdungen bereit, aus denen jedes Unternehmen sein eigenes individualisiertes „Betriebssüppchen" kocht, das dann beispielsweise aus den Unterabteilungen Büro, Baustelle, Grünpflege, Werkstatt und Baumpflege besteht. Das Produkt ist auch in der Lage, mehrere Zweigstellen zentral zu verwalten. Per Drag and Drop lassen sich alle notwendigen Inhalte in die einzelnen Ordner ziehen. „Wir haben branchenspezifische Gefährdungsfaktoren gesammelt und das Tool damit gefüttert", beschreibt Hintze. „Jetzt können die Unternehmen ihre Tätigkeitsfelder wie Baustellentätigkeit, Pflegearbeiten, Dachbegrünungen und sogar einzelne Baustellen direkt in ihre Gefährdungsbeurteilung ziehen und danach individuell anpassen. Selbst der notwendige Kraftstoff für die Motorsäge oder Heckenschere wird auf diese Weise in die Beurteilung einbezogen", skizziert Hintze den Aufbau.
Nicht nur bei den Gefährdungen ist Foster in Vorleistung gegangen, auch dazugehörige Maßnahmen zur Entschärfung, wie Schutzbrille oder Sicherheitshandschuhe, sind als Vorlagen hinterlegt und können den Gefährdungen entsprechend betriebsindividuell schnell zugewiesen werden. Für jeden Mitarbeiter wird im Programm ein eigener Account mit persönlichen Zugangsdaten angelegt. In diesem Account findet der Mitarbeiter ein auf seinen Tätigkeitsbereich zugeschnittenes Unterweisungspaket in Form von E-learning-Einheiten. Unternehmerin oder Unternehmer kommt so der Unterweisungspflicht nach, denn es wurden damit allen Mitarbeitern die notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt. „So schaffen wir auch die 100 %-Unterweisungsrate, denn Ausfälle bei Gruppenschulungen können sofort online ausgeglichen werden", argumentiert Hintze.
Doch das Programm kann noch mehr: Es enthält jede Menge Betriebsanweisungen und die schriftlichen Beauftragungen, die beispielsweise für den Umgang mit Gabelstapler oder Radlader benötigt werden, sind ebenfalls hinterlegt. Ein Büroklammer-Symbol weist den Nutzer auf die vorhandenen Dokumente hin. Das Suchen ölverschmierter Zettel ist Vergangenheit und jeder Mitarbeiter kann sich direkt auf der Baustelle die Betriebsanweisung auf seinem Smartphone oder Tablet ansehen. Die Entschärfung von Gefährdungen wird zeitgemäß und ansprechend vereinfacht.
Geteilte Verantwortung
Foster erleichtert es dem Unternehmen, seiner Verantwortung der Unterweisung nachzukommen und gleichzeitig verlagert sich auch ein großes Stück Verantwortung auf die Mitarbeiter. Das Durcharbeiten der Unterweisungen wird sowohl im Account des Mitarbeiters als auch im Account des Unternehmers dokumentiert und ist somit rechtssicher. Wenn dennoch nicht danach gehandelt wird, kann das Unternehmen leicht nachweisen, dass es seiner Unterweisungspflicht nachgekommen ist. Denn die Mitarbeiter sind in der Lage, sich jederzeit zu allen notwendigen Themen der Arbeitssicherheit zu informieren.
Gefährdungsbeurteilung und Fortschreibung
Gefährdungsbeurteilungen müssen jährlich auf den aktuellen Stand gebracht werden. Das ist nicht gerade die Lieblingsbeschäftigung von Chef oder Chefin – aber vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Wer das noch händisch macht, muss viele Seiten durchwühlen, bearbeiten, ändern, ausfüllen und neu unterschreiben. Die Software hingegen meldet sich rechtzeitig und stellt die für anstehende Änderungen notwendigen Fragen: Lagen Krankheiten, Mitarbeiterausfälle oder Arbeitsunfälle vor? Wurde in Maschinen investiert, gab es Neueinstellungen? „Wenn sich der Unternehmer nun beispielsweise einen Teleskoplader gekauft hat, zieht er diese Maschine als „Gefährdung" einfach per Drag and Drop in das nötige Tätigkeitsfeld. Die mit der Maschine konfrontierten Mitarbeiter werden auf die neue Unterweisung in ihrem Account hingewiesen und können sich sofort online informieren."
Foster hilft auch bei der Einrichtung der ersten Gefährdungsbeurteilung. Der Unternehmer müsste hierzu über den Betrieb gehen und alle Gefährdungen seines Betriebes notieren. „Wir haben die Gefährdungen bereits digital vorstrukturiert, so dass der Kunde diese nur noch – angepasst an seinen Betrieb – zusammenfügen muss", beschreibt Hintze. Niklas Brügge ist dann der Mann der Stunde. Er hilft über Onlinemeetings in der Einrichtungsphase. Brügge erläutert die einzelnen Schritte und unterstützt gleichzeitig beim Einbau der Inhalte in die Software. Die schlüsselfertige Einrichtung bedarf in der Regel vier bis fünf Onlinemeetings, die insgesamt rund zehn bis zwölf Stunden umfassen, und wird über eine einmalige Einrichtungspauschale abgerechnet.
Die Software ist modular aufgebaut – das Modul zur Gefährdungsbeurteilung kann bei Bedarf auch unabhängig vom Unterweisungssystem gebucht werden und umgekehrt. Die Kosten der Software variieren zwischen 35 und 90 Euro pro Mitarbeiter und Jahr und sind nach Mitarbeiteranzahl und den gewählten Modulen gestaffelt.
Wer noch mehr Unterstützung möchte, zieht die Fachkräfte für Arbeitssicherheit hinzu. Leonie Kutschbach, Leiterin des Foster SiFa-Services, kommt und begleitet nach der ersten Begehung sowohl die Erstellung der GBU als auch die des Schulungsplans für die Mitarbeiter. Die Kontrolle der im Nachgang umzusetzenden Maßnahmen erfolgt danach entweder persönlich oder aber über eine Fernwartung per Kommunikations-App. Auch die ab 20 Mitarbeiter vier Mal im Jahr durchzuführenden Arbeitsschutzausschusssitzungen organisiert sie auf Wunsch. Sie erinnert, kümmert sich um Fristen und Termine und koordiniert die Beteiligten – also den Betriebsrat, die Sicherheitsbeauftragten, den Unternehmer und den Betriebsarzt. „Selbst ein Azubi-Tag kann bei uns gebucht werden", ergänzt Hintze.
E-learning
Die branchenspezifischen Unterweisungen für das E-Learning erstellt die interne Redaktion. „Wir bestücken die Dokumente mit Bildern und Videos aus der Praxis und bauen auch immer wieder interaktive Parts mit ein", beschreibt Nicole Hellenkamp. Dafür werden Betriebsanleitungen und Verordnungen durchforstet – nur fachlich korrekter Inhalt wird verwendet. Hellenkamp ist für die Produktion der Unterweisungen immer wieder bei Unternehmen und befragt Mitarbeiter und Chefs, wo sie Gefährdungen sehen. Sie filmt, fotografiert und lässt die Erkenntnisse in die Unterweisungen einfließen, die in der Regel eine Länge von acht bis zwölf Minuten nicht überschreiten.
Um zu gewährleisten, dass ein Mitarbeiter den Inhalt der Unterweisungen verstanden hat, sind Wirksamkeitskontrollen in Form von Fragen hinterlegt. Nur durch eine richtige Beantwortung wird die erfolgreiche Durchführung dokumentiert. Dies schafft Sicherheit für den Unternehmer. Sowohl im Account des Mitarbeiters als auch im Account des Unternehmers wird vermerkt, dass die Unterweisung erfolgreich beendet wurde. „Dies ist unsere wechselseitige Dokumentation, die die notwendige Rechtssicherheit herstellt", so Hintze.
Das Unternehmen hat dafür Sorge zu tragen, jeden seiner Mitarbeiter in verständlicher Form und Sprache zu unterweisen. Foster arbeitet mit einem professionellen Übersetzungsbüro zusammen. „So können wir dies auch für verschiedene Sprachen gewährleisten", weiß Hintze. Auch das ist definitiv ein Pluspunkt für den GaLaBau, der in der Regel unterschiedlichste Nationalitäten beschäftigt.
Wer neu ins Unternehmen kommt, muss vor Aufnahme seiner Tätigkeit unterwiesen werden. Für diese Mitarbeiter schnürt die Software kurze und knackige Schulungspakete auf einfache Weise. Zur besseren Übersicht können Schulungspläne über mehrere Jahre erstellt werden. Diese weisen nach, was zuletzt behandelt wurde und was wann erneut auf dem Programm steht.
System beginnt sich im GaLaBau zu etablieren
Die gemeinschaftliche Zeit bei Gruppenunterweisungen ist durch E-Learning sicherlich nicht zu ersetzen, aber das Unternehmen profitiert von einer hundertprozentigen Unterweisungsquote, die den Betriebsalltag der Verantwortlichen definitiv entspannt. E-Learning klappt auch in der Gruppe. Vor diesen Schulungen scannen die Mitarbeiter den QR-Code zu einer Voting-App, die zum einen das eigene Handy sperrt, um die Aufmerksamkeit ganz der Unterweisung zu widmen und zum anderen die Mitarbeiter in die Lage versetzt, die in der Schulung gestellten Fragen live und anonym zu beantworten. Dieser interaktive Charakter hält den Geist wach und steigert die Aufnahmefähigkeit. Das sind die digitalen Chancen von Web und App, selbst gegenüber einer Liveschulung.
Mittlerweile bietet Foster auch Virtual Reality-Schulungen an und laut Hintze steckt hier die Zukunft: „Dieses Format kommt einfach besonders gut an, egal wie alt die Mitarbeiter sind."
Praktisch ist neben der direkten Dokumentation von Gefährdungen sicher auch das Unterweisen mittels App. Das geht per Handy oder Tablet sogar direkt auf der Baustelle. So können alle Beteiligten an Ort und Stelle unterwiesen werden.
Das Programm erleichtert außerdem Kontrollen in den Betrieben, denn das mühsame Ordner wälzen entfällt. Mit Foster lässt sich zudem der gültige Standard von Arbeitsschutz-Management-Systemen wesentlich einfacher und schneller erreichen, davon ist jedenfalls Luisa Hintze überzeugt.
Das Unternehmen ist mittlerweile Fördermitglied in einigen GaLaBau-Landesverbänden und ist in den Arbeitskreis Digitalisierung im GaLaBau NRW zum Thema Arbeitssicherheit involviert, was sicherlich weitere GaLaBauspezifische Anpassungen zur Folge haben wird.
Grundlagen
Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz und der VSG 1.2 ist jedes Unternehmen verpflichtet, für seine Mitarbeiter eine Betreuung im Sinne der Arbeitssicherheit sicherzustellen.
- < 20 Beschäftigte: Alternatives Betreuungsmodell ist möglich (LUV-Modell); die Unternehmer sind aktiv ins Unternehmensgeschehen eingebunden und können durch die Teilnahme an fortlaufenden Seminaren die nötigen Kenntnisse zur Thematik erlangen, Gefährdungen selbstständig beurteilen und bearbeiten sowie den Betreuungsbedarf selbstständig einschätzen.
- > 20 Beschäftigte: Sicherheitstechnische Betreuung ist notwendig; die Gesetzgebung fordert eine sicherheitstechnische Betreuung durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit und einen Betriebsmediziner, die den Unternehmer in seinen Pflichten unterstützen und beraten und ASA-Sitzungen und Unterweisungen begleiten.
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