Kein Geld vom Besserwisser
Die Geschichte vom Fliesenleger Michael Schmiedl aus dem niederbayerischen Riedenburg, der nicht mehr für Audi- und Siemens-Ingenieure arbeiten will, ging bundesweit durch die Gazetten. Auch im GaLaBau fand der Fall reichlich Nachklang. Denn auch dort kann jede Unternehmerin und jeder Unternehmer eine Geschichte von Kunden aus einer bestimmten Berufsgruppe erzählen, die in der Vergangenheit negativ aufgefallen sind. Die Sache hat „Ja, genau!"-Potenzial.
- Veröffentlicht am
Es sei jedem gegönnt, sich durch Herausschreien von Stress und Ärger zu befreien. Leider ist es aber zu einem Trend geworden, bestimmte Gruppen für eigene Lebenserschwernisse haftbar zu machen. „Die Politiker" betrifft das schon lange, aber auch Lehrer, Anwälte, Ärzte – und jetzt eben auch Ingenieure werden gerne in Gruppenhaftung genommen und mit bestimmten Verhaltensprofilen versehen. Audi- und Siemens-Ingenieure wären besserwisserisch und beim Zahlen knauserig, begründet der Handwerker, weshalb er für diese nicht mehr arbeiten will.
Eine gute Konjunktur mit entsprechender Auftragslage kann dazu verführen, übermütig zu werden. Mal ganz abgesehen von der Frage, ob es wirtschaftlich klug ist, Berufsgruppenzugehörigkeiten zum Entscheidungskriterium zu machen, ob man Aufträge annimmt oder ablehnt. Es lässt sich aber auch trefflich fragen, welchen Anteil man selber hat, wenn Kundenbeziehungen nicht funktionieren.
Ist es vollumfänglich gelungen, dem Kunden Kompetenz zu vermitteln? War ausreichend Zeit und war es die richtige Art, um das notwendige Vertrauen aufzubauen? Ist das eigene verkäuferische Geschick ausreichend, um eine dauerhaft erfolgreiche Auftragsabwicklung zu gewährleisten? Sind Selbstbewusstsein, Auftreten und Umgang im Einklang mit den Erwartungen von anspruchsvollen Kunden? Alles Fragen, die man sich stellen könnte.
Noch rollt der Rubel und die Auftragsbücher sind voll. Sollten sich die Zeiten aber ändern und die Leute vorsichtiger beim Geldausgeben werden, sollten wir auf diese Fragen zurückkommen. Denn wenn die Aufträge wieder schwerer erarbeitet werden müssen, helfen Stammtischweisheiten nicht weiter, und wir sind gut beraten, jeden Kunden individuell zu betrachten und für jeden einzeln eine Risikoabschätzung vorzunehmen.
Ganz nebenbei: Die Beurteilung von Einzelpersonen nach Gruppenzugehörigkeit mag zwar als Ventil für aufgestauten Frust taugen. Aber egal, wie groß der Ärger auf Politiker, Lehrer oder Ingenieure sein mag: Für ein friedliches Zusammenleben – ganz gleich ob im Auftragnehmer-Verhältnis oder in einer anderen Beziehung – eignen sich diese Kategorisierungen nicht. Sie führen zur Segmentierung der Gesellschaft und damit zur Gefährdung des Konsenses, der bisher unseren Wohlstand garantiert hat.
Barrierefreiheit Menü
Hier können Sie Ihre Einstellungen anpassen:
Schriftgröße
Kontrast
100 Euro Rabatt auf Ihr Stellenangebot
Als Abonnent:in von DEGA GALABAU erhalten Sie pro Kalenderjahr 100 Euro Rabatt auf Ihr Stellenangebot im Grünen Stellenmarkt.
mehr erfahrenNoch kein Abo? Jetzt abonnieren und Rabatt für 2025 sichern.
zum DEGA GALABAU-Abo
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.