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Falsche Debatten

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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgWendebourg
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Es ist doch immer wieder erstaunlich, auf welchen Nebenschauplätzen medienwirksam gekämpft wird. Ich sage nur Strompreis. Ich finde diese Debatte so was von albern und verlogen – ich kann Ihnen gar nicht sagen wie. Als wäre der Strompreis ein Thema von existenzieller Bedeutung. Wäre nicht der Euro – auch so eine überproportionierte Diskussion – hätte man wahrscheinlich noch mehr das Gefühl, dass umgerechnet eine Tankfüllung mehr im Jahr das Schicksal der Durchschnittsfamilie entscheidet. Und es geht noch eine Nummer größer: Der neue starke Mann an der Spitze des Zentralverbands Gartenbau (ZVG), Jürgen Mertz – herzlichen Glückwunsch zur Wahl – sieht durch die EEG-Umlage sogar den Produktionsstandort Deutschland gefährdet; zumindest was die Produktion von deutschen Champignons anbelangt.

Lieber Herr Mertz, kramen Sie mal Tankquittungen aus dem Jahr 2000 heraus. Der durchschnittliche Benzinpreis betrug 1,40 – Deutsche Mark! Das sind genau 71,58 Eurocent. Dafür bekommen Sie heute, während ich diese Zeilen schreibe, an einer Zapfsäule in Stuttgart noch 440 ml. Ist die Welt deshalb untergegangen? Ist die Industrieproduktion Deutschlands gesunken? Ist der Verkehr zusammengebrochen? Njet! Und wenn die Welt nun keine deutschen Champignons mehr bekommt, dann wird das nur daran liegen, dass die Kultivateure keinen guten Draht zur FDP haben. Sonst hätte Herr Rösler sie schon, wie die meisten anderen – natürlich systemrelevanten – Großverbraucher von der Last der EEG-Umlagen befreit.

Ja, man darf die Kosten der Modernisierung unserer Energieversorgung sozial abfedern und man kann auch überlegen, wie man bestimmte Wirtschaftszweige entlastet. Aber das sind simple ordnungspolitische Alltagsfragen, die es nicht wert sind, die Nachrichtenagenda zu dominieren; und schon mal gar nicht dermaßen verlogen.

Aber, wie man den Wohlstand in der Welt so verteilt, dass ein Großteil der Menschen sein Auskommen hat und gesund ein angemessenes Alter erreicht; wie man die Ressourcen so nutzt, dass sie auch für 10 Milliarden Menschen reichen; wie wir es schaffen, dass von dem Naturerbe Erde noch was für unsere Enkel übrig bleibt; oder wie wir unsere Alltagsprozesse so gestalten, dass die „Hafencity“ in Hamburg nicht in wenigen Jahrzehnten in „Atlantis“ umgetauft werden muss; oder wie man eine alternde Gesellschaft so organisiert, dass man als Nation wettbewerbsfähig bleibt; oder wie man mit stagnierendem Wachstum den Wohlstand hält. Das sind mal Fragen, die die Welt bewegen. Und nicht, ob die Champignons in Zukunft aus Deutschland, Polen oder den Niederlanden kommen.

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