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Kommentar | Tjards Wendebourg

Die Zeichen stehen auf Flüchtlinge

Es ist still geworden ums Grün. So, wie es auch um alle andere Themen ruhig geworden ist, die das Land eigentlich bewegen sollten. Denn von Bildung, Infrastruktur, Wohnungsnot, Altersarmut, Artensterben, Zukunft der Arbeit und Chancengleichheit hat man ebenfalls lange nichts gehört. Klar, im Reich des lupenreinen Demokraten läuft gerade eine Fußball-WM. Aber der Hauptgrund, weshalb nichts anderes wichtig zu sein scheint, ist, dass in einem Bundesland eine Wahl ansteht und sich die Regenten dort von einer Clownspartei am rechten Rand dazu treiben lassen, den Wahlkampf monothematisch auf Flüchtlinge auszurichten.
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Während wir seit Monaten darauf warten, dass die Koalition die Arbeit aufnimmt und sich um tatsächlich vorhandene Aufgaben kümmert, instrumentalisiert der Innenminister sein Amt für den Landtagswahlkampf im Freistaat. Seit Monaten beherrschen Flüchtlinge Talkshows, Schlagzeilen und Politikbetrieb. Dabei lässt sich das ganze Getöse in einem Satz zusammenfassen: Wir brauchen Regeln. Und man ist versucht zu fragen, weshalb die Politik nicht für nachvollziehbare Regeln sorgt, statt die ganze Zeit danach zu schreien. Zumindest würde sich die Frage aufdrängen, wenn man nicht wüsste, dass Regelwerksarbeit zu unspektakulär ist, um damit Aufmerksamkeit zu bekommen. Und darum geht es ja. Denn wenn Regeln einfach und populär wären, hätten die, die besonders laut schreien, ihren Stammtischen zum Beispiel schon längst ein Einwanderungsgesetz zugemutet.

Was den Schreihälsen auf jeden Fall gelungen ist, ist, den Begriff „Flüchtlinge" negativ zu besetzen und eine Unsicherheit zu suggerieren, die durch jede Kriminalstatistik ad absurdum geführt wird. Damit wird nicht nur die Chance verspielt, aus einer Not eine Tugend zu machen, sondern es führt auch dazu, dass wir irgendwann wirkliche Probleme haben. Denn in den Flüchtlingsheimen droht eine verlorene Generation heranzuwachsen, die weder zurückgehen noch hier ankommen kann, während wir sehenden Auges weiter in eine Fachkräftekrise schlittern.

Dass die Herren S+S bajuwarischen Wahlkampf betreiben, ist ihre Sache. Dass sie uns alle in Geiselhaft nehmen, ist unsere Sache. Es wird Zeit, dass die Moderaten die Oberhand gewinnen und beim „Agenda-Setting", wie es so schön heißt, wieder die Sachthemen nach vorne stellen. Spätestens jetzt, wo für Deutschland im Reiche Putin die Stadionlampen ausgegangen sind, sollten wir dafür sorgen, dass die Zeichen wieder auf Grün gestellt werden. Denn die Herausforderungen der Zukunft werden unsere Lebensräume erheblich beeinflussen; besonders die, für die wir als Profession zuständig sind. Und das Thema „Flüchtlinge" ist dabei nur eines von vielen, mit denen wir uns sachlich auseinandersetzen müssen.

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