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Kommentar | Tjards Wendebourg

Gärtnern in Parallelwelten

Vorvergangene Woche hat mein geschätzter Kollege Christian Stöcker im Nachrichtenmagazin Spiegel eine lesenswerte Kolumne veröffentlicht, in der er beschreibt, wie der Kreml über digitale Tools (und bekannte AgitatorInnen) die Spaltung unserer Gesellschaft zu betreiben versucht. Zahllose Bots liken oder haten Posts in der Social Media und befördern Inhalte, die diskursives Potenzial haben.
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Redaktion
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Alles, was in der Gesellschaft kontrovers diskutiert wird, wird durch KI-Anwendungen verstärkt. Extrempositionen, Ängste und Putin-Propagan da werden befördert. Gleichzeitig ist vor kurzem die Weiterentwicklung von OpenAIs, Chat GPT online gegangen. Die künstliche Intelligenz kann jetzt auch Bilder generieren und einfache Softwareprogramme schreiben.

Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Sachverhalte, die erst mal nichts miteinander zu tun haben zu scheinen. Was ihnen gemein ist: Während Verschwörungstheoretiker ziemlich absurde Dinge als wahr annehmen, klingt die Wirklichkeit viel verschwörerischer.

Als Branche können uns die Entwicklungen aus mindestens zwei Gründen nicht egal sein. Erstens ist eine stabile Gesellschaft für den wirtschaftlichen Erfolg wichtig. Damit sie stabil bleibt, ist sie auf ein hohes Maß an Konsens angewiesen. Gespaltene Gesellschaften sind angreifbar, befördern wirtschaftliches Ungleichgewicht und reduzieren die Zahl der Teilnehmer am Wirtschaftskreislauf. Und zweitens sorgen die Entwicklungen im Virtuellen für eine Parallelwelt, aus der es immer schwieriger wird, die Menschen abzuholen.

Gerade eine Branche, die auf den Abläufen der Natur basiert, benötigt Mitbürgerinnen und Mitbürger, die diese Abläufe nachvollziehen können. Je mehr Menschen aber in Parallelwelten sozialisiert werden und deshalb mit diesen Abläufen nicht mehr in Kontakt kommen, desto schwieriger wird es für uns. Und das gleich an mehreren Stellen. Denn die zunehmend absurderen Vorstellungen unserer Kunden, wie Dinge zu funktionieren haben, entspringen ebenso der wachsenden Praxis- und Naturferne, wie die Schwierigkeit, jungen Menschen Dinge begreiflich zu machen, die für uns noch relativ einfach und nachvollziehbar erscheinen. Außerdem wird der Weg dahin, den Beruf zu ergreifen, in genau dem Maß länger, wie sich die Menschen durch Digitalisierung und Verstädterung von Natur entfernen.

Wir werden das Rad der Digitalisierung nicht aufhalten können, zumal sie uns als Branche ja auch an vielen Stellen Nutzen bringt. Aber ihren Auswüchsen und Schattenseiten müssen wir aktiv begegnen. Das erfordert einerseits von uns, eine strukturierte Erdung im Betrieb vorzuleben und das Unternehmen als demokratischen Raum zu verstehen, in dem Werte vermittelt werden und Geschwurbel entgegengetreten wird. Politischer Diskurs ja, Hetze und Menschenfeindlichkeit nein.

Andererseits zwingt uns die Entwicklung auch dazu, deutlich stärker in den Außenauftritt zu investieren, den Menschen da zu begegnen, wo sie sich aufhalten – im Digitalen wie im Analogen. Und wir müssen viel stärker in den Erklärmodus schalten, einfache Sachverhalte vermitteln, Zusammenhänge erklären, Vorteile aufzeigen und Menschen Brücken zu unseren Themen bauen. Wer nur Bits und Bites kennt, wird Photosynthese als Zauberwerk betrachten.

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