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Keine Zeit für Selbstzweifel

Im Zuge der Finanzkrise wirbt Tjards Wendebourg in seinem Kommentar mit harschen und deutlichen Worten für eine Verschiebung des Wertesystems. Nicht mehr der Run auf Rendite um der Rendite willen soll unser Gesellschaftssystem bestimmen, sondern Eigenschaften wie Vertrauen oder beispielsweise auch "Ehrfurcht in die gärtnerische Schaffenskraft" sollen wieder mehr an Bedeutung gewinnen.
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Das Wesen von Schneeballsystemen lässt sich auf unterschiedliche Art und Weise beschreiben. Die eine wäre: solange das Potenzial an Deppen ausreichend groß ist, ist Expansion möglich. Ein anderes Gesetz beschreibt die Wachstumsgrenzen: Bis zu dem Punkt, an dem die Zahl der Arschlöcher ein kritisches Maß übersteigt, können die ersten auf Kosten der anderen trefflich leben. In den letzten Jahren ließ sich das Wirken der Gesetze anschaulich beobachten; ganz besonders in den letzten Monaten. Denn der Erfolg auf Kosten anderer – von Arschlöchern und Deppen gleichermaßen getragen – hatte sich zu einem weithin akzeptierten System entwickelt. Bis eben die Menge derer, die mitverdienen wollten, einfach zu groß war.

Nun steht nicht zu erwarten, dass uns mit dem Beginn des Zusammenbruchs eine Ethik-Welle ins Haus steht. Aber die Absurdität des Treibens einer – weltweit betrachtet – winzigen Minderheit auf Kosten der Mehrheit könnte einen Trend verstärken, der sich schon eine Weile abzeichnet: die Besinnung auf Werte. Und das könnte uns zupasskommen. Denn immer mehr Menschen erkennen, dass die Jagd nach dem Erfolg um jeden Preis Kraft kostet und nur für kurze Glücksmomente taugt. So wie mancher Jungbanker nur noch gedopt dem Zwischengewinn hinterher jagen konnte, haben auch andere Alphatiere erkannt, dass flüchtige Erfolge nur noch mit noch flüchtigeren Erfolgen zu toppen sind; das alte Suchtproblem.

Für eine Branche, deren Renditeerwartung keinen Investor hinter dem Ofen vorlockt, ist das eine gute Nachricht. Denn die Einsicht, dass der Run auf Rendite um der Rendite willen ein blutleeres Metier ist, könnte auch die Ehrfurcht vor der Schaffenskraft des Gärtners wieder wachsen lassen. Ein bisschen naive Bewunderung à la „ich beneide Sie darum, dass Sie immer an der frischen Luft sind“ stand ja schon immer im Raum. Jetzt, da die Eliten verunsichert sind, ist es Zeit, die bleibenden Werte eines Gartens zu vermarkten. Denn wie eh und je ist es nicht fehlendes Geld, das wohlhabende Kunden zögern lässt. Es ist die Unsicherheit, ob bei sinkenden Einnahmen der Garten als Ort der Investition wichtig genug ist.

Gerade deshalb wäre es jetzt fatal, Selbstzweifel zu zeigen und in vorauseilendem Gehorsam der Gesellschaft zu vermitteln, „ja, wir wissen ja selbst, dass man in der Krise zuletzt in den Garten investiert.“ Genau wegen der Krise des Vertrauens in liebgewonnene Rituale lohnt es sich, für eine Verschiebung des Werte- und Anerkennungssystems zu werben.

 

(c) DEGA online









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