Auf der Mauer, in der Mauer
Trockenmauern dienen im Garten nicht nur zur Abtrennung unterschiedlicher Gartenbereiche oder zum Abfangen von Hängen, sie sind durch die Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume Anziehungspunkte für viele Tiere. Wie man Trockenmauern mit Pflanzen noch attraktiver macht, erklärt Frank Schroeder vom Ommertalhof.
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Bei der Bepflanzung von Trockenmauern werden die Stauden nicht nachträglich, sondern während des Aufbaus gepflanzt. Hierdurch ist ein Bodenschluss gewährleistet und die Menge der verwendbaren Pflanzen erhöht sich um ein Vielfaches. Eine nachträgliche Bepflanzung ist, wenn überhaupt, nur mühsam möglich. Wo man sonst nur Sedum , Semperviven und Saxifragen in breite Fugen „fummeln" kann, eröffnen sich mit Lochgrößen von etwa 9 × 9 cm, die man während des Aufbaus freilassen kann, ungeahnte Möglichkeiten.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass man durch einen Erddocht, der durch die Schotterhinterfüllung gelegt wird und der bis an den anstehenden Hang reicht, auch Pflanzen in einer Trockenmauer etablieren kann, die man nicht unbedingt im Lebensbereich Alpinum und Steingarten vermuten würde. Die Auswahl an Pflanzkandidaten und damit die spätere Vielfalt der Pflanzengemeinschaft ist also viel größer.
Während man bei schon aufgebauten Mauern mit dem leben muss, was vorhanden ist, kann die Bepflanzung während des Aufbaus auch durch die Art des Substrats beziehungsweise des Füllmaterials im Rückraum beeinflusst werden. Das normalerweise eingebaute, grobe, hohlraumreiche Füllmaterial wie Schotter und Bauschutt bedingt ein trockenes Habitat. Fügt man hingegen feineres Material bis zu einer Körnung von null hinzu, wird die Fundamentfeuchte erhöht. Viele Pflanzen kommen allerdings auch ohne die oben genannte Erdbrücke aus und wachsen einfach im Schotter oder durch den Schotter ins dahinterliegende Erdreich.
Zusätzlich zu den Mauerfronten kann man die Mauerkrone mit kleinwüchsigen, trockenheitsverträglichen Stauden oder Polsterstauden, die über die Mauer hängen, bepflanzen.
Ausläuferbildende Stauden
Die Auswahl an potenziellen Mauerkandidaten aus dem Staudensortiment ist riesig. Ein Anhaltspunkt, der die Wahl erleichtert, ist die Mauerfläche. Für große Mauern eignen sich ausläufer- beziehungsweise rhizombildende Stauden wie Blasses Zimbelkraut ( Cymbalaria pallida ), verschiedene Glockenblumen ( Campanula portenschlagiana , C. poscharskyana und cochleariifolia ), Gamander ( Teucrium chamaedrys ), Bleiwurz ( Ceratostigma plumbaginoides ), Zypressen-Wolfsmilch ( Euphorbia cyparissias ) und Storchschnäbel wie Geranium dalmaticum , G. × cantabrigiense und G. sanguineum . Wenn man auch später im Sommer noch Steine sehen möchte, sollten diese nicht dichter als drei Pflanzen pro Quadratmeter Mauerfläche gesetzt werden. Lediglich Geranium dalmaticum und Campanula cochleariifolia sind bei einer Mauerpflanzung nicht ganz so wüchsig.
Da von allen Arten atemberaubende Sorten erhältlich sind, lässt sich trotz geringer Artenzahl eine große Vielfalt erzielen. Als besonders sortenreich seien hier Geranium sanguineum und Campanula portenschlagiana hervorgehoben. Eine ausgefallene Storchschnabelsorte ist Geranium sanguineum ‘Dilys‘, die sich bis spät im Jahr mit kleinen, hübschen Blüten ziert. Weitere empfehlenswerte Sorten sind die unverwüstliche, blassrosa gefärbte var. striatum oder die unaufdringlich wachsende ‘Nanum‘. Das Gegenteil hiervon ist ‘Tiny Monster‘, wobei die Betonung eher auf „Monster", als auf „Tiny" liegt. Für extensive, große Mauern empfiehlt sich Geranium nodosum oder die Naturform des Blut-Storchschnabels ( G. sanguineum ).
Bei den Glockenblumen kann man auch aus dem Vollen schöpfen, gerade auch im Schatten oder Vollschatten sind Campanula poscharskyana und ihre Sorten unübertroffen wüchsig und blühfreudig. Die Sorten blühen dunkelblau, lilarosa bis weiß. ‘Blauranke‘ steht der Art in puncto Wüchsigkeit nicht viel nach, während die rosalila ‘Templiner Teppich’ und die weiße ‘E. A. Frost’ deutlich weniger wüchsig sind.
C. portenschlagiana und ihre Sorten fühlen sich in vollsonnigen bis halbschattigen Bereichen wohler und sind weniger aufdringlich als die vorher genannte langtriebige Art. Sie bildet attraktive, dichte Blatt- und Blütenpolster, was aber bei der Kultur in Mauern länger dauert als im freien Beet. Die Farbpalette ist nicht ganz so abwechslungsreich. Viele Sorten blühen in unterschiedlichen Blau-Violett-Tönen. Empfehlenswert sind ‘Birch’, ‘Liselotte’ und ‘Catharina’. Alle blühen recht zuverlässig im Spätsommer ein zweites Mal. Eine weitere unaufdringliche Glockenblume ist C. garganica . Sie drückt ihre niedrigen Triebe plan an die Mauer und umgibt sich kreisförmig mit kleinen hellblauen Blüten. Alle Wildformen von Glockenblumen und deren ungefüllte Sorten werden von verschiedenen Wildbienenarten als Futterquelle genutzt.
Horstbildende Stauden
Für sonnige Standorte beginnt die Auswahl geeigneter Stauden bei Adonis und hört bei Veronica auf. Aus der Vielzahl an Arten haben sich die folgenden besonders bewährt:
Perlkörbchen ( Anaphalis triplinervis ), Rote Spornblume ( Centranthus ruber ), verschiedene Edeldisteln ( Eryngium ) und Reiherschnabelarten ( Erodium ), die in normalen Beeten oft mit Fäulnis zu kämpfen haben, laufen in Trockenmauern zu Höchstform auf. Neben den im Staudenbeet wenig konkurrenzfähigen Enzianarten ( Gentiana ) seien auch noch Johanniskräuter ( Hypericum ), Witwenblumen ( Knautia ) und kleinwüchsige Steinquendeln ( Calamintha ) genannt. Die Liste lässt sich beliebig fortführen.
Zu meinen bevorzugten Stauden in dieser Gruppe gehört Hylotelephium (Syn. Sedum ) telephium mit seinen zahlreichen Sorten. Im Mauerstandort wird die Hohe Fetthenne nicht so mastig und kommt besonders gut auch noch im trockenen, abgeblühten Zustand zur Geltung. Sie ist eine wichtige Futterpflanze für Wildbienen und Schmetterlinge im trachtenarmen Spätsommer. Sorten wie ‘Karfunkelstein’, ’Matrona’ und ‘Moonlight Serenade’ halten, was sie versprechen. Einige Sorten zieren auch schon vor der Blüte mit ihren rötlichen Blättern wie Sedum tetractinum ‘Coral Reef’.
Eine weitere Staude, die im Garten oft untergeht, ist der Schwertblättrige Alant ( Inula ensifolia ). An und in Trockenmauern entwickelt er sich prächtig.
Polsterstauden
Flammenblumen ( Phlox ), Gänsekresse ( Arabis ), Blaukissen ( Aubrieta ), Seifenkraut ( Saponaria ), Nelken ( Dianthus ), Schleierkraut ( Gypsophila ) und viele mehr eignen sich bestens, um Mauerkronen zu begrünen. Allerdings muss man dabei bedenken, dass die schnell entstehenden Schleppen dieser trockenheitsliebenden Sonnenanbeter die Mauer verdecken. Dennoch ist dies optisch und aus Sicht des Pflegeaufwandes besser, als diese Polsterstauden ebenerdig in Beete zu pflanzen. In oder auf einer Mauer können sich die Pflanzen viel besser entwickeln, wie zum Beispiel das rosa blühende Seifenkraut ( Saponaria ocymoides ). Diese im Alter imposante Polsterstaude sät sich auch gerne in tiefer liegenden Mauerfugen oder am Mauerfuß aus.
Die einheimische Karthäuser-Nelke ( Dianthus carthusianorum ) ist zwar keine Polsterstaude, kommt aber besonders auf der Mauerkrone zur Geltung und hat auch bei größter Trockenheit dank der metertief reichenden Wurzeln keine Probleme. Die Blüten erfreuen zahlreiche Insekten.
Schattenstauden
Absonnigere Bereiche oder die Nordseite von Mauern sind so etwas wie Stiefkinder bei der Trockenmauerbepflanzung. Dennoch lassen sich mit Pflanzen, die eine große Standortamplitude und interessante Blattstrukturen haben, interessante Kombinationen schaffen. Beispielhaft nenne ich verschiedene Steinbreche ( Saxifraga ) und natürlich Farne. Frauenhaarfarne wie Adiantum pedatum und A. venustum können hier ihre filigranen Wedel ausbreiten. Der robuste Hirschzungenfarn ( Asplenium scolopendrium ) und seine vielen Sorten breiten sich durch Sporenaussaat in älteren, feuchten Mauern aus. Ganz besonders attraktiv in der dunklen Seite der Mauer sind die Wedel von Athyrium niponicum ’Metallicum’. Dieser tatsächlich silberfarben austreibende Farn ist erstaunlich anspruchslos. Spätfröste führen allerdings zu Schäden, die sich aber schnell auswachsen.
Neben Stauden wie verschiedenen Scheinmohnen ( Stylophorum lasiocarpum und Meconopsis cambrica ) kommen auch bemerkenswerterweise viele Funkien ( Hosta ) mit dem Standort Trockenmauer zurecht. Besonders den graulaubigen Sorten wie ‘Halcyon‘ oder Hosta sieboldiana ‘Elegans‘ scheint dieser Standort zu gefallen. Die weiß-bunten, panaschierten Sorten bringen Helligkeit in dunkle Partien schattig gelegener Mauerflächen. Auch Glockenblumen, besonders die oben erwähnte C. poscharskyana , kann hier mit Wüchsigkeit und Blühfreude punkten. Auch das ungewöhnliche Chiastophyllum oppositifolium mit seinem zur Blütenform passenden deutschen Namen Goldtröpfchen wächst unermüdlich im Schattenbereich. Es versamt sich gut oder kann wie Sedum mit kleinen unbewurzelten Trieben einfach in Mauerfugen gesteckt werden. Die Stecklinge wachsen fast immer problemlos an. Auch die selten genutzte Großblütige Bergminze ( Calamintha grandiflora ) wächst an diesem Standort. Die Sorte ‘Variegata’ zaubert mit ihrem panaschierten Laub eine leichte Helligkeit in den Schattenbereich und die üppige rosa Blüte tut ihr Übriges.
Sukkulenten
Sukkulente Pflanzen lassen sich durch Triebstecklinge relativ einfach in Fugen ansiedeln. Trotzdem ist die Pflanzung größerer, getopfter Exemplare beim Mauerbau viel einfacher. Selbst wenn Pflanzen ausfallen oder Partien absterben, geht eine Nachpflanzung deutlich einfacher von der Hand.
Besonders geeignet sind verschiedene Dach- und Hauswurzen ( Jovibarba und Sempervivum ), aber auch Mittagsblumen ( Delosperma ), Fetthennen ( Sedum ) und winterharte Kakteen wachsen an und in Trockenmauern besonders gut.
Geophyten
Eine Ansiedlung von Zwiebelpflanzen in Trockenmauern ist meist schwierig. Das liegt unter anderem an der Wuchsform, da die Blüten an einem geraden Stiel sitzen. Wenn sie aus den Fugen einer Trockenmauer schräg austreiben, knicken sie oft direkt an der Zwiebel ab. Eine schöne Erscheinung sind verschiedene Laucharten wie Allium bulgaricum und A. sphaerocephalon , das sich sogar in Fugen selbst aussät. Auch kleine Tulpen wie Tulipa tarda und T. sylvestris kommen mit diesem Standort zurecht. Sehr gut gedeihen Alpenveilchen wie Cyclamen hederifolium , die sich durch Aussaat in tiefer liegende Fugen problemlos ausbreiten und frei von Konkurrenz keimen.
FAZIT
Der Lebensraum Trockenmauer wird vielfach unterschätzt. Eine Selbstansiedlung von einigen wenigen Pflanzen ohne Initialpflanzung kann Jahre dauern. Deshalb empfiehlt es sich, diese durch direkte Pflanzung beim Bau der Mauer etwas zu beschleunigen. Selbst Gabionen können mit einem grünen Pelz ausgestattet werden, wenn sie bei der Befüllung eine passende Substratbeimischung erhalten.
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