Ausbildergrüße aus dem Jammertal
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Jahrzehntelang hieß es, von Generation zu Generation wachse der IQ – also die menschliche Verarbeitungskapazität – um 10 %. Norwegische Forscher haben belegt: Seit 1975 geht es wieder bergab; und zwar um sieben Punkte pro Generation. Eine klare Begründung gibt es dafür nicht. Das liegt auch daran, weil der IQ etwas Relatives ist und immer im Kontext der Bewertungsfaktoren gesehen werden muss. Mediennutzung und Änderungen in den Schulsystemen werden aber als wahrscheinliche Mitverursacher diskutiert – genetische Gründe übrigens praktisch ausgeschlossen.
Nun hat das Fluchen über die vermeintliche Unfähigkeit von Auszubildenden bei Lehrherren und Ausbildern Tradition; so wie es Älteren immer schwerfällt, die Geduld mit den Jüngeren aufzubringen, die notwendig ist, bis sich ein erwünschter Lernerfolg einstellt. Das gibt es seit der Steinzeit und hat mit der eingangs erwähnten wissenschaftlichen Studie wenig zu tun. Aber Tatsache ist: Es wird schwieriger, und Jammern ist sinnlos.
Jetzt, wo wieder Zwischenprüfungen anstehen, setzt auch wieder das Wehklagen ein. Es offenbaren sich die Diskrepanzen zwischen Lernzielen und Lernerfolgen. Bei vielen Zuwanderern stellen Ausbilder und Lehrer nun fest, dass das erlernte Deutsch noch nicht reicht, um das Ziel der Klasse zu erreichen. Aber auch vielen Deutschen fällt es schwer, das Theoretische zu verinnerlichen; vom für den Gärtnerberuf unerlässlichen Pflanzenwissen gar nicht zu reden. Sie alle brauchen Zeit, die wir nicht zu haben glauben.
Natürlich können wir den Wünsch-Dir-was-Tanz aufführen, können unseren Ärger zum Himmel brüllen oder in Depressionen verfallen; allein, es nützt nichts. Wir brauchen ein generelles Umdenken, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Denn letztlich ist es Schwachsinn, über den Fachkräftemangel zu klagen, aber letztlich darauf zu hoffen, dass er von alleine wieder verschwindet. Wird er nicht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: schrumpfen oder investieren.
Und investieren heißt, dass der Job nicht mehr darin besteht, aus Rohdiamanten Brillanten zu formen, sondern darin, in jedem Stein einen Edelstein zu sehen. Klingt plakativ, hat aber weitreichende Folgen. So ist zum Beispiel das statische System der dualen Ausbildung dafür alleine nicht mehr ausreichend, weil es nur für die gemacht ist, die bereits als ausbildungsreif gelten dürfen. Auch die derzeitigen Ausbilder werden mit den wachsenden Problemen überfordert sein. Denn es braucht viel Anteilnahme, Geduld, betriebliche Förderung und die Erkenntnis, dass jemand, der seinen Abschluss nicht sofort schafft, keine billige Arbeitskraft ist, sondern ein zukünftiger Leistungsträger, der mehr Zeit braucht.
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