Und nach mir die Sintflut
Vielleicht sind wir nicht die erste Generation, die das Gefühl hat, im absurdesten Zeitalter zu leben, das es jemals gegeben hat. Aber mit Sicherheit hat keine Generation vor uns die Absurdität so alltäglich vor Augen geführt bekommen. Denn egal, ob der Wahnsinn tatsächlich zugenommen hat oder wir einfach nur das Gefühl haben, dass er ständig zunimmt – durch die Affinität der Medien zum Absurden, die Möglichkeit, jeden umfallenden Sack Reis zum Publikumshit zu machen und die Omnipräsenz von Informationen werden wir täglich mit den irrsinnigsten Nachrichten geflutet. Alles, was früher undenkbar schien, könnte morgen tagesaktuell sein.
- Veröffentlicht am
Absurd ist zum Beispiel die Überforderung der Politik: Sie kann sich noch so viele Nächte um die Ohren schlagen; das, was am Ende herauskommt, wird von dem, was zwischendurch passiert, um Längen überholt und wirkt am Ende nur noch fad und unangepasst. Ein „Klimakompromiss", der vor Jahren vielleicht noch als Hit durchgegangen wäre, erscheint vor dem Hintergrund der Realitäten einfach nur noch albern; und das auch ohne den natürlichen Erosionsprozess auf die Wirksamkeit, den solche Vorhaben im Zuge der Umsetzung in der Regel begleiten.
Absurd ist generell die Diskrepanz zwischen dem, was getan werden müsste, und dem, was wirklich passiert. Während der Einsatz für das Klima und die Arten medial die Gazetten füllt, möchte der Einzelne nicht mal mit minimalstem Gestaltungs- und Pflegeeinsatz auf dem eigenen Grundstück zur Rettung einer lebenswerten Erdoberfläche beitragen.
Absurd sind zum Beispiel auch die hilflos wirkenden Pläne, in einem zunehmend dichter besiedelten Land Bäume gegen den Klimawandel zu pflanzen, während an anderen Enden der Welt Bäume in vielfacher Zahl verbrennen und auch bei uns überall Bäume weichen müssen; für neue Wohnungen, neue Straßen oder, weil der Nachbar Heuschnupfen hat. Die Summe der Befindlichkeiten Einzelner wird am Ende so absurd bedeutsam, dass uns nachfolgende Generationen nach der Läuterung durch die Wirklichkeit fragen werden, was uns geritten hat.
Schön, dass der BGH in einem bemerkenswerten Grundsatzurteil wenigstens einer Absurdität den Boden dadurch entzog, dass er dem Egoismus von Grundstücksbesitzern Grenzen aufgezeigt hat: Nein, man darf nicht einfach den Nachbar zwingen, seine Bäume fällen zu lassen, weil Blätter auf den eigenen SUV fallen. Zwar dürfen Frösche nicht mehr im Teich quaken, Hähne nicht mehr krähen und Kuhglocken nicht mehr läuten. Aber Bäume behalten das Recht, Blätter und Samen abzuwerfen. Nach all dem Nach-mir-die-Sintflut-Wahnsinn war das ein Lebenszeichen des Realitätssinns.
Barrierefreiheit Menü
Hier können Sie Ihre Einstellungen anpassen:
Schriftgröße
Kontrast
100 Euro Rabatt auf Ihr Stellenangebot
Als Abonnent:in von DEGA GALABAU erhalten Sie pro Kalenderjahr 100 Euro Rabatt auf Ihr Stellenangebot im Grünen Stellenmarkt.
mehr erfahrenNoch kein Abo? Jetzt abonnieren und Rabatt für 2025 sichern.
zum DEGA GALABAU-Abo
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.