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KOMMENTAR | TJARDS WENDEBOURG

Papier als Vorgeschmack

Letztes Jahr waren es Holz, Baustahl, Steine und viele andere Produkte. Jetzt ist es etwas, was wir im Landschaftsbau durch Bits and Bytes ersetzen wollen: Papier. Es vergeht mittlerweile keine Woche, in der nicht unsere Herstellungsabteilung vermeldet, dass die Preise nur für einen kurzen Zeitraum garantiert sind – und überhaupt gar nicht sicher ist, ob die entsprechende Papierqualität lieferbar sein wird.

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Tjards Wendebourg
Tjards WendebourgBarbara Sommer
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So wie es im letzten Jahr eine sprunghafte Nachfrage aus China und den USA war, die den Holzpreis hat explodieren lassen, so ist es jetzt unser aller Gewohnheit, online einzukaufen, die die Preise treibt: Einige Papierfabriken hat es in die Knie gezwungen, und für die übrigen Anbieter ist es lukrativer, Kartonagen und andere Verpackungspapiere herzustellen. Ähnlich wie bei einem Dosenstapel, bei dem man nicht weiß, welche Büchsen umfallen werden, wenn man eine herauszieht, führen Corona und die Digitalisierung auch bei ganz alltäglichen Produkten zu überraschenden Entwicklungen. Druckerzeugnisse werden signifikant teurer.

Nun ließe sich das Papier ja ersetzen. Schon lange gibt es DEGA GALABAU als ePaper. Das spart Ressourcen, nimmt keinen Platz weg, ist überall verfügbar – und doch nicht dasselbe. Fachmagazine zeigen ganz schön, wie uns Digitalisierung zu Abwägungsprozessen zwingt: Vieles ist machbar, etliches aber sehr gewöhnungsbedürftig, und manches hat einfach nicht dieselbe Qualität. Eine dieser Qualitäten, die ein Fachmagazin in analoger Form mit sich bringt, ist auch für den Landschaftsbau zunehmend von Bedeutung: Entschleunigung. Und die ist wichtiger denn je.

Wir als Redaktion haben uns noch nie digitalen Prozessen verwehrt, sind an vielen Angeboten beteiligt und (fast) überall präsent. Doch immer, wenn Dinge für alternativlos erklärt werden, gilt es, genau hinzusehen. So ist es unbestreitbar, dass Apps und Programme viele Abläufe schneller und ökonomischer machen. Und nicht alles, was dadurch verschwindet, wäre erhaltenswert gewesen. Viele Dinge sind digital einfach besser. Aber gerade in einer Branche, die von geschickten Händen und wachem Geist lebt, muss man genau verfolgen, was besser wird, wenn es schneller wird, und was nicht. Denn die Digitalisierung bringt auch zwei große Gefahren: Zunehmende Überforderung sowie eine Ausrichtung auf die falschen Dinge. Beides erleben wir live und in Farbe.

Während der Verlust von Teilhabe schleichend erfolgt und zuerst die Älteren erfasst, ist die Fokussierung auf falsche Werte in der Branche heftig spürbar: Immer mehr Jugendliche werden an digitalen Devices groß, verlieren den Bezug zur Umgebung und damit die Fähigkeit, Probleme ohne Strom zu lösen. Natur – die Basis unseres Alltags – wird zu einer abstrakten Fremdwelt. Als MitarbeiterInnen fallen viele damit zunehmend aus, nicht nur im GaLaBau, sondern im Handwerk allgemein. Auch unsere Kunden sitzen in sterilen Gebäudewürfeln und steuern ihre Mähroboter mit dem Smartphone. Der Rasen ist kein Rasen, sondern eine Auslegeware, die, wie alles im Garten – der oft keiner mehr ist – zu funktionieren hat. Nur die Frage, worum es eigentlich geht, wird nicht mehr gestellt. Das ist ein gesellschaftlicher GAU, eine ökologische Katastrophe und auf mittlere Sicht, für alle, die sich diese Frage nicht mehr beantworten können, auch für jeden einzelnen davon ein Daseinsproblem. Mit dem Smartphone geht alles; wenn der Strom weg ist, sehen wir, was wirklich noch geht. Denn das dritte große Problem der Digitalisierung ist eine Abhängigkeit von Dritten, wie es die Menschheit seit Ende der Leibeigenschaft nicht erlebt hat.

Am Ende braucht es die Pointierung, um zu verdeutlichen, dass es mehr Bewusstsein und mehr Disziplin braucht, um den Prozess der Digitalisierung erfolgreich zu moderieren. Und manchmal ist das Haptische, das Papier, die Pflanzen, das Wasser, das Holz, die Steine, das, was uns erdet und dabei hilft, nicht zu vergessen, worum es wirklich geht.

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