Wir werden Kopfjäger
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Das war doch mal wieder eine Party. 60000 Menschen, beste Stimmung und ein Füllhorn an Meinungen, Anregungen sowie Gerüchten. Ich habe sogar von meiner eigenen Kündigung gehört! Nun, nicht alles, was man so hört, ist wahr. Was aber wahr ist und mittlerweile von jedem Spatz vom Dach gepfiffen wird, ist Folgendes: Wir können die Uhr danach stellen, dass uns sehr bald die Fachkräfte ausgehen werden. Diese Erkenntnis hat langsam die gesamte Gesellschaft erfasst: Die Arbeitgeber mahnen, die Industrie- und Handelskammern appellieren und auch der BGL-Präsident hat das Thema auf seine Agenda gesetzt.
Einer hatte es in Nürnberg nicht bei Worten bewenden lassen: Der Frankfurter Unternehmer Immo Herbst schlussfolgerte ganz richtig, dass es nicht falsch sein kann, sein Unternehmen auf einer Branchenmesse zu präsentieren (Siehe S. 9). Der Chef eines 200-Mann-Betriebes weiß genau, dass er die gesellschaftliche Entwicklung alleine nicht auf den Kopf stellen kann. Aber er kann sich auf den aufziehenden Verdrängungswettbewerb vorbereiten. Und was wäre da besser, als einen Ort zu wählen, den die besten Azubis, Meister, Techniker und Ingenieure besuchen? Mit seiner Idee hat sich der Unternehmer nicht nur Freunde gemacht – es gab sogar blankes Unverständnis. Aber es ist unschwer, vorherzusagen, dass sich auch andere mittlere und große Betriebe nicht mehr nur für die Kundenakquise auf Messen stellen werden.
Denn das Fatale ist ja, dass ein extremer Verdrängungswettbewerb mittlerweile das wahrscheinlichste aller Szenarien darstellt. Obwohl nämlich Wirtschaft und Politik die Bedeutung des Themas erkannt zu haben scheinen, werden in der Öffentlichkeit Gefechte um Nebenschauplätze geführt. Da wird um wenige Jahre Meilerlaufzeit gefeilscht, da wird an Symptomen im Gesundheitssystem rumgedoktert, wird um Cent-Beträge für Hartz IV gekämpft und über Parallelgesellschaften philosophiert. Wie man aus jungen Menschen mündige Mitglieder einer alternden und um ihre Zukunftsfähigkeit ringende Gesellschaft macht – das wird zwar phrasenhaft in Worthülsen gekleidet; nicht aber mit zupackenden Maßnahmen flankiert. Lieber fälscht man die PISA-Noten zugunsten eines innerföderalen Wettbewerbs, zahlt Betreuungsgeld an Eltern, die sich weigern, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, und spart still und heimlich versprochene Lehrerstellen ein; alles zu beobachten im Musterstaat Bayern, der seine Erfolge jedenfalls musterhaft zu vermarkten versteht.
Das Ergebnis einer solchen Politik ist schon jetzt absehbar: Wir werden nicht nur mit anderen Branchen um Köpfe ringen, sondern auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen. Denn der Mangel wird absolut sein.
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