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Kommentar | Tjards Wendebourg

Das große Dieseljammern

Stellen Sie sich vor, Sie hätten jahrelang Schwimmteiche verkauft, die ein ganz kleines Loch haben. Dann wissen Sie, wie sich Kunden deutscher Automarken fühlen (wenn Sie nicht ohnehin selbst dazugehören), die mehrere 10 000 Euro für eine Mittel- oder Oberklasse-Karosse mit Dieselmotor hingelegt haben. Es wird sich mir wohl nie erschließen, wer auf die glorreiche Idee gekommen ist, die billige, aber unehrliche Variante für die Einhaltung der Grenzwerte zu wählen.
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Bild: Volker Michael
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Wer kann jemals geglaubt haben, dass man auf einem globalen Markt mit so einer Luftnummer durchkommt? Und man möchte doch zumindest erfahren, ob irgendein Stratege im Vorfeld der Entscheidung mal ein Szenario aufgemacht hat, was es für Image und Gewinn bedeutet, mit einem derart dreisten Betrug aufzufliegen.

Was auch immer die Autobosse sich gedacht haben mögen, seit dem Bankencrash wissen wir, dass auch Konzernchefs erstaunlich beschränkt denken und keineswegs immer Herr über das sind, was sie entscheiden. Viele Banker hatten sich um Kopf und Kragen gezockt, und trotz des abschreckenden Beispiels scheinen ihnen die Automanager blind zu folgen. Denn es gab keinen schlechteren Zeitpunkt, die Glaubwürdigkeit des zumindest in Deutschland wichtigsten Verbrennungsmotors zu ruinieren.

Auch, wenn die Konzerne weniger fahrlässig und pomadig mit den politischen Vorgaben umgegangen wären, wäre eine Reihe ernster Herausforderungen auf sie zugekommen. Der Zwang, die Temperatursteigerung einigermaßen in den Griff zu bekommen, bedingt, das Verbrennen fossiler Energieträger zu reduzieren. Gleichzeitig leben immer mehr Menschen in der Stadt, wo deshalb immer weniger Platz ist und das Auto maximal die zweitbeste Lösung ist. Und dann ist da noch die Digitalisierung, die den Fahrer ersetzt und ebenfalls herkömmliche Konzepte infrage stellt.

Da ist es nicht hilfreich, zeitgleich das Vertrauen von Millionen Kunden zu missbrauchen: einerseits durch den Wertverlust ihrer Fahrzeuge und andererseits dadurch, dass der Betrug auch in die Diskussion um Fahrverbote und beschränkte Zugänglichkeiten eine ganz neue Dynamik gebracht hat. Schließlich sind damit auch die Kunden von Diesel-Nutzfahrzeugen, und damit zum Beispiel wir Landschaftsgärtner, Opfer der Entwicklung.

Normalerweise sind diese Momente immer große Wendepunkte, die in der Erneuerung enden können. Nur leider dürfen wir in diesem Fall nicht allzu stark hoffen, dass sich alles ändert. Erstens ist es auch da wie bei den Banken: Wenn die Autoindustrie den Bach runtergeht, zahlen wir alle mit unserem Wohlstand. Und zweitens wird kaum einer der in diesem Monat zur Wahl stehenden Bundespolitiker die Traute haben, einen Systemwechsel einzuleiten, der uns wirklich nach vorne bringt.

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