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Kommentar | Tjards Wendebourg

Und plötzlich war’s verboten

Puh, da fuhr vielen Verantwortlichen ein Schreck durch die Glieder: „5.000 Sportplätze von Schließung bedroht", titelten einige Medien und sahen die Existenz vieler Sportvereine gefährdet. Der Bundessportminister Horst Seehofer, sonst gerne mit dem Streichholz am Pulverfass unterwegs, bemühte sich um Schadensbegrenzung und forderte Übergangsfristen. Schließlich ist der bayerische Fußball eine echte Größe, zumindest im Freistaat. Wie eine Erlösung wirkte es für die Vereine, als sich die EU am 23. Juli mit der Nachricht zu Wort meldete: „Die Europäische Kommission plant kein Verbot von Kunstrasenplätzen und arbeitet auch nicht an einem solchen Vorschlag."

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Volker Michael
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Fakt bleibt das, was das Fraunhofer-Institut „Umsicht" herausgefunden hat: Das Gummi-Füllgranulat für Kunstrasenplätze ist eine der größten Mikroplastikquellen in der Republik. Nach dem Nachweis von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in Recycling-Granulaten 2017 ist es also das zweite Mal, dass der Kunstrasen negativ auffällt.

Was dabei erstaunt, ist die Parallelität der Probleme: Es werden Systeme auf den Markt gebracht, bei denen Stoffe verwendet werden, deren Verhalten während des Lebenszyklus‘, deren Auswirkung auf die Umwelt und deren Entsorgung praktisch kaum untersucht sind. Erst nach dem Einbau stellt sich heraus, was eigentlich vor der Markteinführung bekannt sein sollte. Für alle Auftragnehmer, die aus der Haftung sind, ist das zwar erst mal eine gute Nachricht, denn der Schrott muss ja wieder ausgebaut und ein Alternativsystem neu eingebaut werden. Für Kunden, wie Vereine und Kommunen, kann das aber zum Desaster werden. Dass der Gesetzgeber am Ende mit Verboten droht, darf ihm jedenfalls keiner übelnehmen.

Innovationen sind ja schön und gut. Aber einerseits darf man erwarten, dass die Industrie vor der Markteinführung eine Risikobewertung vornimmt, die diesen Namen auch verdient. Und zweitens müssen wir uns auch an die eigene Nase fassen. Wir sollten in der Lage sein, bei neuen Produkten eine Abwägung vorzunehmen, mit welchen offensichtlichen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Am Beispiel der Plaste-Kügelchen etwa hätte jedem klar sein müssen, dass sich ein erheblicher Teil davon auf dem Weg in die Umwelt macht – spätestens beim ersten Nachfüllen. Dabei ist es auch vollkommen unerheblich, ob es sich um neue Granulate handelt, oder der Sportplatz für die Entsorgung von Altreifen missbraucht wurde.

Auch angesichts des Plastikmülls, der auf jeder GaLa-Baustelle anfällt, würde man sich von einer „grünen Branche" mehr Druck auf Hersteller und Lieferanten wünschen, endlich mal nicht nur grün auf die Verpackung zu drucken, sondern wirklich nachhaltiger zu werden. Es tut nämlich Not!

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