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Aus Sicht des Pflanzenschutzes

Herbstlaub entfernen – ja oder nein?

Diese Entscheidung ergibt sich in erster Linie aus der Frage, ob in den Blättern Krankheitserreger oder Schädlinge überwintern oder nicht. Einige skizzenhaft erläuternde Beispiele zeigen, dass eine Verallgemeinerung nicht möglich ist. Im konkreten Fall ist stets der ins Visier genommene Erreger auf seine Überwinterungsstrategie zu prüfen.

von Thomas Lohrer erschienen am 28.10.2024
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Das Herbstlaub als Überwinterungsquelle nutzen die Miniermotte und der pilzliche Blattbräuneerreger an der Kastanie.
Das Herbstlaub als Überwinterungsquelle nutzen die Miniermotte und der pilzliche Blattbräuneerreger an der Kastanie. © Thomas Lohrer

Treten Blattfleckenpilze, Blattminierer, Verursacher von Gallen und andere Schaderreger im Jahresverlauf schädigend auf, erscheint es auf den ersten Blick naheliegend, dass diese auch das Blatt zur Überwinterung nutzen und damit eine Entfernung aus gärtnerischer Sicht als sinnvoll einzustufen ist.

  • Die „klassischen“ Blattfleckenpilze wie Mehltau, Rost, Blattbräune und andere, beispielsweise Septoria-Arten, bilden zum Herbst meist mikroskopisch kleine Fruchtkörper (in der Neben- oder Hauptfruchtform) aus, deren im Frühjahr abgegebene Vermehrungseinheiten für Neuinfektionen verantwortlich sind. Erschwerend kommt hinzu, dass viele dieser Pilze zusätzlich an der Rinde überwintern können (unter anderem Echter Mehltau an der Rose, Birnenschorf), andere bevorzugt oder ausschließlich an anderen Orten (unter anderem in den Knospenschuppen beim Apfelmehltau). Eine Laubentfernung kann hier erregerabhängig allenfalls unterstützend wirken. Bei wirtswechselnden Arten wie dem Birnengitterrost gelangen die infektionsfähigen Sporen im Frühjahr von gänzlich anderen Pflanzen (hier: bestimmte Wacholderarten und -sorten) auf die Birne, sodass eine Laubentfernung zum Herbst ohne jegliche Wirkung bleibt.
  • Erreger von Gallen verfolgen jeweils eigene Strategien. So verlassen die bekannten Gallmilben-Verursacher von meist stift- oder knopfartigen Gallen oder auch filzigen Belägen auf der Blattunterseite die Blätter bereits im Laufe des Sommers, um an den Trieben in Rindenritzen oder Knospenschuppen zu überwintern; die Blätter sind zum Herbst somit schädlingsfrei.
  • Selbst innerhalb einer eng umrissenen Gruppe wie beispielsweise die der Miniermotten gibt es deutliche Unterschiede. So überwintern bekannte Arten wie die Kastanienminiermotten oder Platanenminiermotten als Puppe im Herbstlaub – die Lindenminiermotten hingegen nur als Imago in der Bodenstreu und die Larven der Feuerdornminiermotten überwintern, weiter fressend, in den Minen der Blätter an der Pflanze.
Gallmilben überwintern unter Knospenschuppen und in Rindenritzen – das Herbstlaub besitzt hier keine Bedeutung.
Gallmilben überwintern unter Knospenschuppen und in Rindenritzen – das Herbstlaub besitzt hier keine Bedeutung. © Thomas Lohrer
Viele Blattfleckenpilze wie hier am Schneeball überwintern im Herbstlaub.
Viele Blattfleckenpilze wie hier am Schneeball überwintern im Herbstlaub. © Thomas Lohrer

Losgelöst von der Fragestellung, ob der jeweilige Schaderreger im Blatt überwintert, gilt es bei der Frage der Laubentfernung im Herbst die Notwendigkeit (unter anderem mit Blick auf die Bedeutung des Erregers und sein zurückliegendes Schadaufkommen, Aspekte zur Verkehrssicherheit im Straßenbereich und auf Geh- und Radwegen) als auch den Handlungsspielraum aus zeitlicher und wirtschaftlicher Sicht zu klären. Ökologische Aspekte müssen ebenfalls berücksichtigt werden. So überwintern im Herbstlaub nicht nur Schaderreger, sondern auch zahlreiche Nützlinge, eine Laubschicht wirkt wärme- und feuchteisolierend, zudem dient es natürlicherweise als organisches Mulchmaterial.

Abschließend noch eine Zahl, die in Sachen Herbstlaub aufhorchen lässt: Im Stadtgebiet von Berlin stehen rund eine halbe Million Bäume – diese werfen jetzt im Herbst geschätzt über 20 Milliarden Blätter ab.

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