Auf Du und Du mit der Diskrepanz
Regelwerke sollen die Qualität steigern. Manchmal entwickeln sie aber auch eine Eigendynamik und werden zum Selbstzweck. Dieser Gefahr sollte man sich jederzeit bewusst sein, meint DEGA-Redakteur Tjards Wendebourg.
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Dass sich das Normenwesen verselbstständigt, wenn man es hegt und pflegt, ist keine neue Erkenntnis. Das liegt schon an den Protagonisten (zumeist sind es immer noch Männer) und der Motivation ihrer Arbeit.
Die einen versuchen, die Qualität eines Gewerkes immer weiter zu verbessern und verlieren vor lauter Begeisterung manchmal aus dem Blick, wie viel Qualität eigentlich notwendig, bezahlbar und nachgefragt ist. Die anderen werden für ihre Normenarbeit bezahlt, weil die Unternehmen, von denen sie dafür abgeordnet werden, ein großes Interesse daran haben, dass die Regelwerke zu ihren Produkten passen. Das sorgt nicht nur für vorprogrammierte Widersprüche, sondern auch für Diskrepanzen der Normenarbeit zum Baustellenalltag. Das kennen wir übrigens nicht nur aus der Regelwerksarbeit, sondern auch aus der Gesetzgebung, innerhalb derer ähnliche Entstehungsbedingungen herrschen.
Nun ist das Ziel, die Qualität einer Branchenleistung zu steigern, ja durchaus ein hehres. Wenn sich aber Anspruch und Wirklichkeit auseinanderentwickeln oder die Regelwerke am Bedarf vorbei gemacht werden, kann das für eine Branche gefährlich werden, ganz besonders für eine, die in zahlreichen Gewerken arbeitet und deshalb eine Flut von Regelwerken als Vertragsgrundlage hat; was gerne ignoriert wird.
Es war schon immer anspruchsvoll, die vielen Dinge, die wir bauen, auch regelwerkskonform umzusetzen. Denn es verlangt nicht nur, die Regeln alle zu kennen, sondern erfordert zusätzlich, sie auch einhalten zu können. Angesichts der vielen Felder, auf denen wir meinen, kompetent zu sein, ist das ein hohes Risiko. Denn die Regelwerksarbeit schreitet überall voran, da lässt sich auf der Breite der Angebotspalette kaum Schritt halten. Der zunehmende Fachkräftemangel im Landschaftsbau und die wachsende Herausforderung, Menschen mit praxisferner Sozialisation baustellenreif zu bekommen, verschärfen das Problem.
Wer Fehler macht – und das lässt sich kaum verhindern – sollte wenigstens nett sein. So lässt sich flapsig die Strategie zusammenfassen, mit der wir unser Leben etwas sicherer machen können. Zumindest im Bereich der Privatkundenaufträge kann es zum Beispiel sehr sinnvoll sein, die persönliche Beziehung zu stärken, die Erwartung der Kunden dem erzielbaren Ergebnis anzupassen und den Leistungsumfang beziehungsweise die Art der Ausführung individuell und allgemeinverständlich festzuhalten. Wer schreibt und spricht, ist hier im Vorteil.
In allen Bereichen mit umfänglichen Ausschreibungen und Bauverträgen kann man nur raten, gründlich zu lesen, Problembereiche vorauszusehen, im Notfall Bedenken anzumelden und sich grundsätzlich auch juristisch stabil aufzustellen. Während man den Regelwerksauswüchsen im Privatbereich entkommen kann, kann man ihnen in anderen Feldern nur gut gerüstet begegnen. Das wird – so oder so – eine Herausforderung oder eine Tanzveranstaltung im Graubereich.
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