Pflastern wie die Portugiesen
Ein Dutzend Auszubildende und zwei Dutzend Ausbilder konnten im Januar und Februar an der Lissaboner Pflasterschule Escola de Calceteiros die portugiesische Pflasterkunst kennenlernen. Initiiert hatte dies die Firma Knittel Gartengestaltung in Weilheim, unterstützt vom Verband GaLaBau Bayern und dem EU-Programm Erasmus+.
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Wer in Lissabon beim Gang durch die Stadt den Blick gesenkt hat, möchte nicht unbedingt in Ruhe gelassen werden. Wahrscheinlicher ist, dass er die „calçada artisticas", die „künstlerischen Gehwege", bewundert. Einflüsse Persiens, Mesopotamiens, Griechenlands und des römischen Reiches vereinigen sich in den kunstvollen Mosaikpflastern Portugals. Über Hunderte von Metern ziehen sich die gemusterten Gehwege, Straßen und Plätze durch die Stadt – allein der Rossio, der zentrale Platz in Lissabon, ist auf mehr als 18.000 m 2 mit schwarz-weißen Mosaiksteinen in Wellenform gepflastert. Eine solche Arbeit wäre heute unbezahlbar. „Wir haben ausgerechnet, was eine 12 m 2 große Einfahrt hier in Deutschland kosten würde und kamen auf rund 75.000 Euro ", schmunzelt Florian Knittel, der zusammen mit seiner Schwester Julia das GaLaBau-Unternehmen in Weilheim leitet. „Bei einigen Verbänden wird jeder Stein sorgfältig von Hand behauen. Zunächst wird er konisch geschlagen, damit die Fuge eng wird, anschließend in die Lücke eingepasst."
Julia Knittel ist in der Firma die Organisatorin und Betriebswirtin. Als Mitarbeiter Thomas Fichter die Idee hatte, eine Weiterbildung an der Pflasterschule Escola de Calceteiros zu organisieren, übernahm Julia Knittel den Hauptteil der Organisation. Das Ganze fand im Rahmen des Erasmus+-Programms statt. Die Vorzüge dieser beruflichen Förderung hatte Thomas Fichter vor einigen Jahren bei einer Exkursion nach Irland kennengelernt, wo er Natursteinmauern reparierte. Dank Fichters portugiesischen Sprachkenntnissen und seinem Kontakt zur Pflasterschule reifte die Idee einer Weiterbildung, die bis zur fertigen Exkursion allerdings noch jede Menge Formulare und Vorbereitungen beinhaltete.
Drei Reisen a 14 Tage
Insgesamt standen im Januar und Februar für die Auszubildenden drei Studienreisen mit jeweils einem vierzehntägigen Aufenthalt sowie für die Ausbilder vier Studienreisen mit einem sechstägigen Aufenthalt auf dem Programm. Während die Auszubildenden die Pflasterschule besuchten und zu viert zwei Wochen lang in einer Wohngemeinschaft wohnten, lernten je sechs Ausbilder Land, Leute, Handwerkstechnik und Kultur kennen.
„Erasmus ist keine reine Studienreise", betont Julia Knittel. Es geht nicht nur darum, sich handwerklich fortzubilden. Ebenso wichtig ist es, die andere Kultur kennenzulernen, sich selbst in einer anderen Umgebung zu erfahren, andere Lebensweisen wertzuschätzen, kurz: die europäische Idee zu leben und zu erleben. „Das Pflastern hat sich natürlich wie ein roter Faden durch die gesamte Reise gezogen." Ein eigens für die Reise entwickeltes Büchlein informierte die Teilnehmer über Lissabon, die Pflasterschule, aber auch über die Besonderheiten der portugiesischen Pflasterkunst.
Eigenes Zeichen
„O quadrado", „calçada a portuguesa", „sextavado", „malhete" – diese klangvollen Namen bezeichnen unterschiedliche Verbände der „calçada artistica". Den Weg zum Pflasterartisten starteten die Auszubildenden zunächst in Übungsboxen, bis sie sich nach einigen Tagen in die Fläche wagen durften. Am Ende der beiden Wochen zeigten sich die wahren Künstler. Jeder portugiesische Pflasterer hat eine eigene „Unterschrift", die er in die gestaltete Fläche pflastert. Wie die handwerklichen Vorbilder verewigte sich jeder Auszubildende mit einem eigenen Zeichen auf seiner Fläche.
Für 2021 ist eine Fortführung der Exkursionen geplant. An Interessenten wird es nicht mangeln. Trotz des nicht unerheblichen Bewerbungsaufwands mit Motivationsschreiben und Lebenslauf gab es 85 Kandidaten für die insgesamt 36 Plätze. Virtuell nacherleben kann man die Reise auf Instagram unter @galabaugoesportugal. „Dort werden wir auch weiterhin jeden Tag ein neues Bild posten, bis es mit der nächsten Reise wieder losgeht", verrät Julia Knittel. Vorfreude ist bekanntlich die größte Freude.
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